Khedira exklusiv: „Sehe Nagelsmann nicht als alleinigen Coach“

Ex-Profi Sami Khedira ist inzwischen DAZN-Experte.
 ©IMAGO / Beautiful Sports

Wie schneidet das DFB-Team bei der EM ab? Hilft der VfB-Block? Weltmeister Sami Khedira hat sich im exklusiven Interview mit fussball.news geäußert.

Frankfurt – Sami Khedira war ein zentraler Faktor in den erfolgreichen Jahren der deutschen Nationalmannschaft. Er kletterte mit dem DFB-Team im Sommer 2014 auf den Thron und holte die Weltmeisterschaft beim Turnier in Brasilien. Der 37-Jährige ist inzwischen als DAZN-Experte tätig. Er nahm sich vor Beginn der Europameisterschaft Zeit für ein Gespräch mit fussball.news.

fussball.news: Sami Khedira, Ihre Karriere hat beim VfB Stuttgart begonnen, der Titelgewinn 2007 dürfte sicherlich zu den Höhepunkten in Ihrer Zeit als aktiver Profi zählen. Wie sehr freuen Sie sich darüber, dass es nun in der deutschen Nationalmannschaft wieder einen großen VfB-Block gibt – und welche Elemente können die VfB-Profis zu einem erfolgreichen Turnier des DFB-Teams einbringen?

Sami Khedira: Natürlich freue ich mich sehr, wenn der VfB Stuttgart auch Nationalspieler stellt. Und wenn es dann gleich vier sind, und für ein so großes Turnier wie einer Heim-EM, dann ist es umso schöner. Bei allen vier erkennt man verschiedenste Profile und Rollen. Sie haben jedoch alle gemeinsam, dass sie eine top Saison gespielt haben. Dementsprechend treten sie mit sehr viel Rückenwind und positiver Energie im Trainingscamp auf. Alle vier sind menschlich einwandfreie Charaktere und eine Bereicherung für die Nationalmannschaft.

fussball.news: Apropos Erfolg: Toni Kroos und Antonio Rüdiger von Real Madrid reisen als frisch gekürte Champions-League-Sieger zur Nationalmannschaft an. Sie kennen eine vergleichbare Situation aus dem Jahr 2014, als Sie mit Real den Königsklassentitel gewonnen hatten – dann folgte auch noch der Gewinn der Weltmeisterschaft! Pusht so ein Triumph in der Königsklasse einen Spieler noch einmal mehr für das anstehende Turnier?

Khedira: Ein positives Ende einer Klub-Saison trägt natürlich dazu bei, um auch positive Energie mit in ein Turnier der Nationalmannschaft zu nehmen, aber es ist eine neue Umgebung, ein neues Turnier, und damit auch eine neue Challenge. Daher wird der Triumph aktuell nicht mehr allzuviel dazu beitragen, speziell, wenn das erste Spiel gespielt wurde. Aber beide sind sehr erfolgreiche Sportler, sehr erfahren und haben eine sehr professionelle Einstellung, sie sind wichtige Eckpfeiler und Führungsspieler für Julian Nagelsmann.

fussball.news: Sie haben zuletzt im Podcast des kicker verraten, dass es bei der WM 2014 durchaus auch Reibung in der Mannschaft gab. Zwar gab es beim öffentlichen Training der Nationalmannschaft einen kleinen Vorfall zwischen Niclas Füllkrug und Antonio Rüdiger. Das aktuelle DFB-Team stellt sich insgesamt aber als harmonische Gemeinschaft dar, die viel Spaß hat. Trauen Sie diesem „Braten“ – oder macht Sie das skeptisch, weil eine Mannschaft nur Erfolg haben kann, wenn der Kampf um Führungspositionen intensiv ausgetragen wird?

Khedira: Ich bin der festen Überzeugung, dass durch gewisse Konflikte und Reibungen die Erfolgswahrscheinlichkeiten steigen. Nicht künstlich hervorgerufen, aber im Wettkampf kann nicht immer alles reibungslos ablaufen, weil unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen. Daher sehe ich es als positiv an, wenn eine gewisse Reibung vorherrscht. Alles unter der Grundvoraussetzung: nie persönlich und stets ein respektvoller Umgang. Eine gute Harmonie und gute Gemeinschaft sind sehr wichtig, nur während eines Turniers werden Schwierigkeiten auftreten, bei denen klare Worte fallen müssen. Hier hoffe ich, dass die Mannschaft gefestigt und vorbereitet ist.

fussball.news: Bundestrainer Julian Nagelsmann gilt als einer der besten Trainer weltweit. Andererseits kann er auf internationalem Toplevel noch kaum Titel vorweisen. Beispielsweise hat er sich als Trainer des FC Bayern beim Champions-League-Viertelfinale 2021 gegen den FC Villarreal verzockt. Bringt Nagelsmann als Gesamtpaket trotzdem alles mit, um mit dem DFB-Team Erfolge zu feiern? Oder hätten Sie sich für Deutschland lieber einen Trainertypen der Marke Carlo Ancelotti gewünscht?

Khedira: Julian Nagelsmann ist in der Tat fachlich einer der besten Trainer, die wir in Deutschland haben, deswegen ist es auch logisch und konsequent, dass er aktuell auch Trainer der deutschen Nationalmannschaft ist. Allerdings bin ich immer ein großer Freund des Teamgedanken und des Ergänzens. Deswegen sehe ich ihn nicht als alleinigen Coach, sondern sein ganzes Team um ihn herum, mit Benjamin Glück, der sehr analytisch arbeitet, als großen Vorteil für uns. Und ergänzend und ein großer Coup ist Sandro Wagner, der als Bindeglied zwischen Trainerteam und Mannschaft fungiert. Er ist ein großer Kommunikator mit klarer Meinung, aber auch mit hohem fachlichen Wissen. Daher ist es eine perfekte Ergänzung zu Nagelsmann und Glück.

fussball.news: Welchen Erfolg trauen Sie Deutschland bei der EM zu – und wer sind Ihre (weiteren) Favoriten auf den Titel?

Khedira: Deutschland kann ins Halbfinale oder darüber hinaus kommen, allerdings müssen sie ihre Konteranfälligkeit schnell in den Griff bekommen. Sonst kann es gegen Topfavoriten wie beispielsweise England, Frankreich oder Portugal schnell zu Ende sein. Für mich ein weiterer heißer Kandidat sind die Österreicher, die neben einem sehr guten Trainer auch eine eingespielte Mannschaft haben.

fussball.news: Bei all Ihren Terminen und Aufgaben – schaffen Sie es trotzdem, auch als Fan mal ins Stadion oder auf eine Fanmeile zu gehen? Und wenn ja: Welches Fan-Trikot streifen Sie sich dann über: das weiße Heimtrikot oder das rosa Auswärtstrikot?

Khedira: Ich werde mir viele Spiele live im Stadion anschauen. Für das dritte Gruppenspiel gegen die Schweiz werde ich in Zusammenarbeit mit der Stadt Fellbach ein Public Viewing planen, bei dem Erlöse an gemeinnützige Organisationen gespendet werden. Auf das Zusammenkommen freue ich mich sehr und hoffe auf ein neues Sommermärchen.

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