Neuer nach Tuchel-Aus ehrlich: „Jeder Einzelne hatte ein schlechtes Gewissen“

Der FC Bayern trifft in der Bundesliga auf RB Leipzig. Es ist Spiel eins nach dem angekündigten Aus von Thomas Tuchel im Sommer. Die Stimmen.

München – Wie reagiert der FC Bayern auf den Tuchel-Knall unter der Woche? Nach dem vorzeitig angekündigten Aus nach dem Saisonende erhoffen sich die Verantwortlichen nun wohl eine befreiter aufspielende Mannschaft. Gegen Leipzig feierten die Bayern einen Last-Minute-Sieg.

FC Bayern steht nach drei Niederlagen in Folge mit dem Rücken zur Wand

Die Münchener standen nach drei Pflichtspielniederlagen in Folge gehörig unter Druck. Bayer Leverkusen ist mittlerweile auf acht Punkte enteilt. Und vor allem für das Rückspiel in der Champions League gegen Lazio Rom benötigt der deutsche Rekordmeister Selbstvertrauen.

Zudem wird sich wohl auch das erste Mal seit dem Tuchel-Aus einer der Bayern-Verantwortlichen öffentlich stellen. Vor der Partie wollte jedoch kein Boss sprechen, CEO Jan-Christian Dreesen lehnte ein Sky-Interview ab. Auch Thomas Tuchel wird beim Interview auf Lothar Matthäus treffen. Kommt es zum erneuten Knall?

Tuchel bricht Hoeneß-Versprechen: Bayern-Trainer hat eigene Ansicht

Tuchel sorgte vor dem Spiel für Verwunderung: Obwohl der FC Bayern tief in der Krise steckt, erklärte der Bayern-Trainer, er habe sein Versprechen an Uli Hoeneß gehalten. Beim Amtsantritt hatte er dem Bayern-Ehrenpräsidenten versprochen, auf seinen Klub „aufzupassen“. Nach der angekündigten Trennung nach weniger als einem Jahr, drei Niederlagen in Folge und großem Rückstand in der Bundesliga kann davon wohl keine Rede sein.

Wir fassen die Stimmen rund um die Partie hier zusammen.

Thomas Tuchel (Trainer FC Bayern) nach dem Spiel bei Sky über...

... den Sieg: „Wir haben eine sehr gute Halbzeit gespielt. Die zweite Halbzeit war sehr kompliziert. Wir haben das Tor geschossen, als Leipzig am Drücker war. Nach dem 1:1 haben wir eine gute Reaktion gezeigt. Am Ende verdient gewonnen. Wir waren sehr konzentriert, sehr griffig.“

... eine brustlösende Wirkung: „Das werden wir sehen, nur wenn wir Taten folgen lassen. Das hat uns sehr gutgetan. Wir haben eine sehr gute Reaktion gezeigt. Das tut den Spielern gut, aber wir müssen nachlegen.“

... eine Erleichterung nach dem Siegtor: „Ich freue mich einfach für die Spieler, für den Aufwand für die Leistung. Es macht einen Riesen-Unterschied. Ich habe kurz geflachst mit Müller, er hat einen Spruch zurückgekriegt.“

... das Gespräch mit Dreesen über die Trennung: „Der Grund, warum wir das hinter verschlossenen Türen gemacht haben, ist, dass wir es nicht in der Öffentlichkeit kundtun.“

... die Theorie, ob er sich zwischen einer Entlassung oder einer Trennung am Saisonende entscheiden musste: „Kein Kommentar. Ich weiß nicht, woher sie Ihre Informationen haben. Es bleibt beim Vieraugengespräch.“

Manuel Neuer (Kapitän FC Bayern) nach dem Spiel bei Sky über...

... eine Befreiung: „Die bessere Mannschaft hat heute gewonnen. Klar hört sich das nach Bayern-Dusel an, aber es war einfach verdient heute. Jede Mannschaft will gewinnen. Wir haben einfach das bessere Spiel gemacht, deswegen haben wir gewonnen.“

... seine Parade gegen den Leipziger Sesko: „Es ist eine schwierige Situation, Eins gegen Eins. War ganz gut, dass Eric Dier den Ball nicht touchiert.“

... die Trennung von Tuchel: „Es wirft natürlich ein schlechtes Bild auf uns alle, auf die Mannschaft und die Spieler, weil wir es nicht geschafft haben, mit so einem Top-Trainer das weiterzuführen. Es ist auch unsere Verantwortung, wenn ein guter Trainer entlassen wird. Man hat ihm in der Ansprache gar nichts angemerkt, er hat uns super eingestellt.“

... die vielen Top-Trainer, die beim FC Bayern gescheitert sind: „Schwierig zu sagen. Mannschaften verändern sich. Dieses Selbstverständnis, dieses Trikot anzuziehen und alle Mannschaften zu schlagen, das hatten wir in dieser Saison nicht, das müssen wir uns wieder erarbeiten.“

... ein schlechtes Gewissen wegen der Trainer-Trennung: „Ich glaube, jeder Einzelne hatte ein schlechtes Gewissen. Deswegen muss sich jeder an die eigenen Nase fassen.“

Thomas Müller (Spieler FC Bayern) nach dem Spiel bei Sky über...

... seine Gefühle zum Sieg: „Wir sind froh, dass wir so ein Spiel auch mal für uns mitgenommen haben. Wie das Spiel gelaufen ist, war es ein kleines Spiegelbild (Anm.: zu den letzten Spielen).“

… seinen Blick auf das Spiel: „Wir sind aktuell nicht effektiv genug. Wir haben die Offensivspieler in der ersten Halbzeit komplett kontrolliert und gleichzeitig sind wir selbst in ganz viele gute Räume gekommen und hatten tatsächlich auch zwei, drei hochprozentige Torchancen, machen aber das Tor nicht. Es freut mich, dass der Spielverlauf glücklich für uns hintenraus lief.“

… ein schlechtes Gewissen wegen des Tuchel-Aus: „Die Trainerdiskussion ist insgesamt irgendwie müßig für uns (Anm.: Spieler). Wenn du die Spiele nicht gewinnst, wenn du nicht so schön spielst, nicht so gut und konstant spielst, wie man es hier beim FC Bayern erwartet, dann kommen Diskussionen auf und dass wir Spieler da auch mit im Boot sitzen, ist glaub ich klar. Es ist schon signifikant, dass es für uns eher in den Anfangsphasen und den ersten Halbzeiten der Spiele leichter ist, den Matchplan zu folgen. Deswegen sieht man auch, dass das Tischtuch nicht völlig zerschnitten ist, auch wenn wir sicherlich unsere Probleme auch hatten, sonst wäre es nicht zu der Situation gekommen.“

… ob er überrascht von der Tuchel-Entscheidung war: „Wenn du dreimal verlierst, dann hat es mich nicht überrascht, dass Gedankengänge angesetzt werden. Die Umsetzung dessen ist sicherlich in der Konstellation auch neu. Also ein bisschen hat es mich schon überrascht, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Aber ich glaube, dass wir das Ganze jetzt gut mit Leben füllen können.“

… den hohen Trainerverschleiß: „Ihr seid ja die besten Beobachter und Analysten, da müsstet ihr ja die Lösungen ja schon auf der Hand liegen haben, weil ihr könnt uns ja auch immer ganz gut beobachten und lesen.“

… die fehlende Konstanz auf der Trainerposition: „Wir müssen schon im Blick behalten, dass wir in einem extremen Tagesgeschäft sind. Entwicklungen, das hört sich immer so nett an, aber ungeduldig ist man vor allem beim FC Bayern, auch von Außen, sehr schnell. Man spricht immer gern von Entwicklungen, aber wir sind kein Ort für Entwicklungen. Es muss jeden Samstag, jeden Mittwoch funktionieren. Am besten nicht noch mit einem biederen 2:1, ein 3:0 soll es schon sein. Dementsprechend ist das bei uns immer ein ganz heißer Reifen. Jeder tut alles von uns für den Erfolg, aber man muss schon festhalten, dass es nicht so geklappt hat, wie das von uns erwartet wird.“

Herbert Hainer (Präsident FC Bayern) nach dem Spiel bei Sky über...

... das Bayern-Problem: „Das kann man überhaupt nicht sagen, wo das Problem liegt. Wichtig ist, dass der Trainer und die Mannschaft gekämpft haben und verdient gewonnen haben.“

... die Trainer-Trennung: „Wenn der FC Bayern dreimal hintereinander verliert, müssen wir uns alle hinterfragen. Das ist nicht unser Anspruch. Wir werden die Schlüsse draus ziehen.“

... die vielen Trainer-Entlassungen in letzter Zeit: „Die Ansprüche sind sehr hoch beim FC Bayern. Bei uns gibt es Druck für alle, das ist am Ende aber auch die Erfolgsformel beim FC Bayern, dass wir nie zufrieden sind.“

Thomas Tuchel (Trainer FC Bayern) vor dem Spiel bei Sky über …

... eine Art Abschiedsstimmung: „Keine Zeit für Abschiedsstimmung. Wir haben ein Spiel, sind vorbereitet, zu kämpfen.“

... einen guten Abschied: „Alles ist möglich im Sport.“

... eine mögliche Niederlage heute und darauffolgendes fehlendes Vertrauen: „Am Mittwoch haben wir gemeinsam eine Meldung herausgegeben, die an Klarheit wenig übrig lässt. Jetzt ist keine Minute gespielt und sie reden vom nächsten Negativ-Szenario. Jetzt spielen wir erstmal, was danach ist, weiß ich nicht.“

... Uli Hoeneß, dem er bei Amtsantritt versprochen hatte, auf seinen Verein aufzupassen: „Ich habe mein Versprechen bis zum heutigen Tag eingehalten. Wir haben immer Kontakt und ein sehr gutes Verhältnis.“

... seine Trainerqualität: „Es ist meine Aufgabe, meine Trainerqualität auf die Mannschaft zu übertragen. Das haben wir nicht geschafft, das ist eine selbstkritische Analyse. Jetzt fokussieren wir uns aber auf das Spiel, darum geht‘s.“

... eine heutige Reaktion der Mannschaft: „Es würde mich ein bisschen wundern. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich der Stein auf der Brust bin. Es spielt keine Rolle, es ist eine Entscheidung. Wir haben gehofft, alle Spekulationen auf andere Szenarien zu umschiffen. Es ist eine klare Entscheidung, das gibt eine Freiheit zum Trainieren und Spielen.“

... Joshua Kimmich und dessen Akzeptanz für die Rechtsverteidiger-Rolle: „Selbstverständlich, er ist Vollprofi. Er war der einzige im Kader, der diese Position schon gespielt hat.“

... den Bankplatz von Mathys Tel: „Sehr guter Wechsler. Wir haben vorne Leroy, Jamal, Thomas und Harry.“

... Minjae Kim, der nur auf der Bank sitzt: „Er braucht einfach mal eine Pause. Er kam vom Asien-Cup, wir haben ihn reingeschmissen mit Jetlag. Er wirkt ein bisschen überspielt.“

Lothar Matthäus (Sky-Experte) vor dem Spiel bei Sky über...

... eine vorzeitige Entlassung von Thomas Tuchel: „Wenn die nächsten beiden Spiele nicht passen, dann wird er gegen Lazio Rom vielleicht nicht mehr auf der Bank sitzen. Jedes Spiel ist ein Endspiel, gerade in einer solchen Situation. Man muss Ergebnisse erzielen. In der Champions League hat man noch Chancen. Tuchel steht weiter unter Druck.“

Marco Rose (Trainer RB Leipzig) vor dem Spiel bei Sky über...

... angeschlagene Bayern: „Wir sollten uns um uns kümmern. Wir brauchen in München eine Topleistung, egal ob die Bayern angeschlagen sind oder nicht.“

... den RB-Plan: „Man kennt unsere Idee, bei der bleiben wir auch. Wir wissen, was wir zu verteidigen haben und werden auch Möglichkeiten bekommen, die müssen wir nutzen.“

... Dani Olmo, der im Supercup gegen die Bayern einen Hattrick erzielte: „Kann er grundsätzlich immer. Er ist zum Glück gesund über einen längeren Zeitraum. Er ist immer in der Lage, Tore zu schießen.“

... Thomas Tuchel: „Wir müssen die Trainerqualitäten von Thomas Tuchel nicht infrage stellen, das geht immer relativ schnell. Er hat die Champions League und Titel gewonnen. Er ist ein herausragender Trainer und wird auch nach München seinen Weg gehen.“

(ck/kk)

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