Rotenburger Jägerschaft tagte / Blume: 2008 keine weitere Kandidatur

"Wildunfälle merklich zu reduzieren"

(stj). Eine an der Tagesordnung gemessene unspektakuläre Jahreshauptversammlung erlebten die Mitglieder der Rotenburger Jägerschaft im Wittorfer Dorfgemeinschaftshaus. Was dem Interesse an dem Treffen jedoch keinen Abbruch tat - die räumlichen Kapazitäten reichten gerade noch aus, um allen einen Platz bieten zu können. Und das, obwohl nur ein Bruchteil der 817 Mitglieder zählenden Jägerschaft zum Treffen mit vorheriger Trophäenschau erschienen war.

Vorsitzender Gerhard Blume freute sich, dass neben Landrat Hermann Luttmann und dessen Frau, Landesso-zialministerin Mechthild Ross-Luttmann, auch deren Kabinettskollege, Landwirtschafts-minister Hans-Heinrich Ehlen, als Ehrengäste erschienen war. Blume würdigte diesen als "immer verständigen Gesprächspartner" der Jägerschaft. Ehlen berichtete, gegenwärtig sei er landesweit Wochenende für Wochenende Gast zahlreicher Jägervereinigugen. Auf deren Treffen schlage ihm die "reine Informationsgier" entgegen. Der Landespolitiker bekannte, er nehme mit Erleichterung zur Kenntnis, dass sich der Groll über die Umsetzung der EU-Hygienevorschrift gelegt habe. "Die Verordnung ist noch nicht so weit, aber 2008 werden Zusatzschulungen über die Kreisjägerschaften angeboten werden können." Als Problem bezeichnete Ehlen die Bejagung des Schwarzwildes, dessen Population ansteige. "Wir dürfen nicht müde werden, dem Waidwerk nachzugehen", appellierte er an die Versammlung angesichts der 2005 erlegten 6.055 Stück Schwarzwild - was mehr als einer Vervierfachung der zur Strecke gebrachten Tiere gegenüber dem Jahr 2003 entspricht. Mit Fragezeichen versieht Ehlen die zur Diskussion stehende Änderung der Jagdgesetzgebung. Gibt es künftig eine umfassende bundesweit einheitliche Regelung oder lediglich eine kleine Novelle, nach der die Bundesländer alles in ihren Händen halten? Oder eine Mischung aus beidem? "Am Ende werden wir das in Niedersachsen so gestalten können, wie es für uns richtig ist", lautet Ehlens Einschätzung. "Und das letzte Wort habe ich." Weiterer Ehrengast der Rotenburger Jägerschaft war der Diplom-Biologe und frühere Vize-Präsident der Landesjägerschaft Mecklenburg-Vor-pommerns, Dr. Axel Siefke. Sein knapp 45-minütiger Vortrag konzentrierte sich im Wesentlichen auf die Vorteile von Hegegemeinschaften. Deren Bildung biete sich speziell bei der Gattung Damwild an. Ausdrückliches zu verfolgendes Ziel: Die korrekten Bejagung der Altersklassen, um ein Geschlechterverhältnis von eins zu eins einzuhalten. Gerhard Blume teilte in seinem Jahresbericht seine Beobachtung mit, dass die Bewegungsspielräume und das Artenspektrum der Äsungspflanzen enger würden. "Im Hinblick auf die Schwerpunktgebiete des Maisanbaus, in denen weite Teile der betreffenden Gemarkungen von Oktober bis Mai schwarz sind, wird der Gesetzgeber prüfen müssen, ob das generelle Verbot einer Fütterung des Wildes dem Hege- und Tierschutzauftrag noch überall gerecht wird." Mit artgerechter befristeter Zufütterung ließe sich erreichen, dass das Wild im Winterhalbjahr im Bereich seiner Sommerlebensräume verbleibe. Laut Blume würde es sich dann weder saisonal in den Forsten konzentrieren, noch bräuchte es allnächtlich lange Wege zu den verbleibenden Äsungsflächen zu unternehmen. Nebeneffekt: "Die Zahl der Wildunfälle ließe sich auf diese Weise merklich reduzieren", sagte Blume. Um die Lebensstätten, die Einstände der wildlebenden Tiere, ist es nach Meinung des Vorsitzenden der Rotenburger Jägerschaft nicht gut bestellt. Blume: "Ich freue mich, dass sich mit steigenden Energiepreisen die Nachfrage nach Holz deutlich verbessert hat. Für das Wild jedoch bringen der inzwischen ganz-jährige Holzeinschlag und die wieder üblich gewordene Selbstwerbung privater Kamin- und Holzofenbesitzer eine in der jüngeren Vergangenheit ungewohnte Unruhe - insbesondere in die kleinen Waldgebiete." Die häufig unzulänglichen mit Birke und Krüppelkiefer bestockten Moore stellten sich vielerorts als letzte Refugien dar. Zahlenmäßig und strukturell un-verändert stabile Rehwildbestände beispielsweise fänden sich folgerichtig nur noch dort, wo Dauergrünlandflä-chen nennenswerten Umfanges an solche Moore grenzten. Die im Entwurf zum neuen Landesraumordnungsprogramm vorgesehene verstärkte Verlagerung von Natur-schutzentscheidungen auf die Kreisebene ist nach Blumes Dafürhalten nachdrücklich zu begrüßen. Auf diese Weise werde gewährleistet, dass die Entscheidungsträger dicht am Geschehen seien und sich problemlos vor Ort über alle zu berücksichtigenden Fakten informieren könnten. Der Kreistag habe - so der Entwurf - bei allen raumbedeutsamen Planungen die Schutz-erfordernisse bestimmter Landschaftsräume zu berücksichtigen und diese Gebiete nach entsprechender Abwägung im regionalen Raum-ordnungsprogramm räumlich festzulegen. Abgesehen von FFH- und Vogelschutzgebieten werde es nicht mehr möglich sein, auf verbindliche Darstellungen des Landes im Landesraumordnungsprogramm zu verweisen und damit eine Interessenabwägung vor Ort im Ergebnis überflüssig machen. Dem Kreistagsausschuss für Umwelt, Naturschutz und Planung wächst aus Blumes Sicht eine verantwortungs-volle Aufgabe zu. Das Gremium werde sich - um einen aktuellen Fall aufzugreifen - fragen müssen, ob es ge-rechtfertigt oder gar geboten ist, eine fast 50 Hektar große Fläche in ein Naturschutzgebiet einzubeziehen, die mit dreifachem Elektrozaun umgeben als Weide für "so etwas wie spanische Kampfstiere" genutzt werde, wodurch sie wildlebenden Tieren als Lebensraum und Wechsel zwischen zwei Haupteinstandsgebieten genommen wurde. Blume: "Ich bin der Auffassung, dass Erhohlung suchende Touristen sich über den gelegentlichen Anblick heimischer Rehe, Hirsche und Hasen in freier Landschaft mehr freuen als über eingesperrte Exoten aus fernen Ländern." Zum Ende seine Rede kündigte Gerhard Blume an, das Jahr 2007 werde das letzte als Vorsitzender der Rotenburger Jägerschaft sein. "Ich beabsichtige, nicht wieder zu kandidieren."

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