Ehemaliges Kontor der Honigfabrik Sonnentau wird Hausmeisterwohnung mit Galerie - VON THOMAS HARTMANN

Ein Domizil für den Turmwächter

Das Weihnachtsfest kann Manfred Willi Reichert in seinem neuen Domizil feiern. Der als Visselhöveder Turmwächter bekannte Künstler aus Riekenbostel zieht in das ehemalige Kontor auf dem Sonnentaugelände. Am Fuße des Wasserturms, der als Galerie weit über die Grenzen Visselhövedes hinaus bekannt geworden ist, sind außerdem eine öffentliche Galerie und ein Atelier entstanden. "Kultur im Sonnentau" heißt das Gesamtvorhaben, das als Hohe-Heide-Projekt von der EU gefördert wurde.

Wann genau das Gebäude entstanden ist, weiß nicht einmal mehr Dieter Winkelmann. Der Visselhöveder Kaufmann führte den Betrieb, bis er an den Konzern Dr. Oetker ging, und hatte wie sein Vater und sein Großvater sein Chefbüro noch im Kontor. "Da hat es von Ende 1895 bis etwa 1930 noch Anbauten gegeben, wie wir bei den Bauarbeiten feststellten", erklärt er. In dem Haus hatten die Geschäftsleitung, die Importabteilung, Verwaltung und Buchhaltung ihre Räume. Im heutigen Ökolandbauzentrum waren die Büros von Verkauf und Expedition. Genutzt wurde das Kontor auch von den Nachfolgern des Winkelmannschen Familienbetriebes bis 1995. Weil es damals Planungen gab, die gesamte Fabrikanlage abzureißen und an ihre Stelle einen Supermarkt zu bauen, wurde mit den Gebäuden nicht sehr pfleglich umgegangen. Winkelmann: "Vom Kontor wurden die Dachrinnen abmontiert. Dann regnete es fast zehn Jahre ungehindert in die Wände." Nach 100-jähriger Geschichte samt zweier Weltkriege wäre das beinahe das Todesurteil für das Haus gewesen. Dann aber nahte Rettung in Form des Hohe-Heide-Projektes. Bürgermeister Dr. Jens Kullik freut sich, dass in den dynamischen Entwicklungsprozessen im Zusammenhang mit dem Sonnentau-Gelände auch neue Ideen geboren und umgesetzt wurden. Reichert gibt allerdings zu: "Da gehörten schon viel Phantasie und eine Menge Herzblut bei allen Beteiligten dazu, sich vorzustellen, dass dieses Haus einmal in neuem Glanz erstrahlen könnte." Zunächst wurde ein späterer Anbau entfernt, in dem sich ein schwerer Tresor befand. Winkelmann: "Den haben wir seinerzeit von einer Visselhöveder Bank bekommen." Inzwischen liegt der Geldschrank auf dem Schrott. (Reichert: "Ich hätte ohnehin nicht gewusst, was ich da jemals hätte reintun sollen.") Die beim Anbau weggerissene Außenwand wurde nach alten Bildern fachgerecht restauriert. Als die nachträglich angebrachte Bretterverschalung von der Fassade entfernt war, sahen die Experten, welche Schäden das noch erhaltene Fachwerk genommen hatte. Die Ziegel mussten zum großen Teil entfernt, zahlreiche Balken erneuert und schließlich die Gefache wieder ausgemauert werden. Bürgermeister Kullik erinnert sich noch lebhaft an kritische Bauphasen: "An das Fachwerk durfte man sich nicht anlehnen. Das war zum Teil völlig verrottet." Vorsichtig sei bei dem Gebäude zu Werke gegangen worden. Reichert: "Die Handwerker ließen sich von unserer Begeisterung anstecken." Was erhaltenswert schien, versuchte man zu retten. So findet sich am Eingang die alte Lampe. Der Raum im Zentrum des kreuzförmigen Hauses, künftig die Küche der Hausmeisterwohnung, wird wie immer schon durch eine Lichtkuppel erhellt. Und das Fenster der Galerie ziert eine Bleiverglasung mit einem alten Wappen. Es zeigt ein springendes Pferd über zwei Bienenzäunen. Im Hintergrund findet sich eine strahlende Sonne. "Das stammt noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg", so Winkelmann. Und auch historische Dokumente der Honigfabrik könnten in dem Gebäude ihren Platz finden. So zum Beispiel die alte Patenturkunde vom 3. Mai 1900. In ihr erkennt das kaiserlich-königliche Patentamt zu Wien dem Winkelmannschen Unternehmen die Erfindung des Verfahrens zum Ausschleudern des Honigs aus den Waben und zum Reinigen zu. Während für Galerie und Atelier Hohe-Heide-Mittel akquiriert werden konnten, die die städtischen Kosten um die Hälfte senkten, fließen für den Umbau des historischen Gebäudes zu einer Hausmeisterwohnung Städtebauförderungsmittel. Mitte August begannen die Arbeiten und konnten bis Weihnachten abgeschlossen werden. Damit geht die Arbeit für den rührigen Turmwächter aber erst los, denn die neuen Räume neben seiner künftigen Wohnung wollen mit Leben gefüllt werden. Und Reichert wäre nicht Reichert, wenn er dafür nicht schon erste Schritte unternommen hätte. Unter dem Motto "Künstlerinnen und Künstler aus der Hohen Heide stellen sich vor" konnte er Petra Villwock aus Wittorf, Hans-Ullrich Kipp aus Wittorf, Hannes Hunold aus Bendingbostel, Britta Haffke aus Hiddingen, Susanne Hoppe aus Bothel, Martin Wenner aus Visselhövede, Heiner Kemna aus Hiddingen und Susanne Sievering aus Bothel für eine erste Ausstellung gewinnen. Die soll Ende März eröffnet werden. Bis dahin sollen Galerie und Atelier fertig sein. "Ich will aber keine statischen Dauer-Ausstellungen schaffen. Da muss Bewegung drin sein. Ich habe schon weitere Interessenten, die ich einfach bat, mal einige ihrer Arbeiten vorbeizubringen."

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser