Distanzreiterin Anita Scheele startete bei Meisterschaft - Von Andrea Zachrau

Pferde mit Ausdauer

Der Vollblutaraber-Hengst PC Amal ist die Zukunftshoffnung in der Zucht der Bleckwedeler Distanzreiterin Anita Scheele Foto: Zachrau
 ©Rotenburger Rundschau

Geboren, um zu laufen: Der Vollblutaraber zählt nicht nur zu den edelsten Pferderassen der Welt, sondern auch zu den belastbarsten. Ursprünglich auf der arabischen Halbinsel von den Beduinen gezüchtet, macht ihm große Hitze nicht viel aus und er ist ein wahrer Ausdauerläufer unter den Pferden. Vor allem letzteres begeistert die Bleckwedelerin Anita Scheele: Sie züchtet die arabischen Pferde und setzt sie im Sport ein.

2002 entdeckte sie ihre Leidenschaft fürs Distanzreiten. Eigentlich war sie mit ihrer Stute Kurbaby auf klassischen Dressur- und Springturnieren unterwegs. Die gefielen der Araber-Halbblut-Stute aber gar nicht: "Sie wurde schon nervös, wenn ich am Abend vorher die Zöpfe eingeflochten habe. Sobald ich eine weiße Reithose anzog, war’s ganz vorbei“, erzählt Scheele. Der Stute lagen vielmehr die langen Strecken im Gelände als die fünf Minuten Höchstleistung im Dressur-Viereck – also entschied sich Scheele, umzusatteln und bei ersten Distanzritten zu starten. Mittlerweile ist Kurbaby, die Scheele zu einigen Erfolgen trug, bereits im wohlverdienten Ruhestand. Das bedeutet aber nicht, dass die Bleckwedelerin den Distanzsport an den Nagel gehängt hat: Sie begann mit der Zucht der Vollblutaraber und deutschen Reitponys und blieb auch dem Marathonsport der Reiter treu. Mit der Vollblut-Araberstute Zer Nabiah hat sie ein neues Erfolgspferd gefunden, das mittlerweile zwar schon 18 Jahre alt ist, aber keineswegs zum alten Eisen gehört. "Sie stammt aus einer Versteigerung in Russland. Als ich das erste Mal auf ihr saß und den ersten Galopp gespürt hatte, wusste ich, dass sie zu mir gehört“, berichtet die 46-Jährige. Und das, obwohl die braune Stute nicht ganz einfach ist: "Ich habe zwei Jahre gebraucht, um sie so weit zu bekommen, dass wir unseren ersten Distanzritt nennen konnten“, erzählt Scheele. "Sie ist unheimlich leistungsbereit und eine wahre Läuferin.“ Das Paar arrangierte sich so gut miteinander, dass es sich für die kürzlich in Luhmühlen stattfindenden deutschen Meisterschaften qualifizieren konnte. "Unser erster Hundertmeiler“, sagt sie. Der Ritt über 160 Kilometer ist das große Ziel eines jeden Distanzreiters – und auch für Anita Scheele war die Teilnahme etwas ganz besonderes. Im Vorfeld absolvierte sie viele Trainingsritte und Konditionstraining – "Was am Ende aber wirklich zählt, ist die Taktik.“ Stets muss auf die Verfassung des Pferdes geachtet werden. Wer durch die sogenannten Verfassungskontrollen fällt, darf vorzeitig nach Hause fahren und den Ritt nicht beenden. Die tierärztlichen Untersuchungen auf der Strecke – bei einem Hundertmeiler sind es vier Stück – umfassen in erster Linie das Gangwerk, den Stoffwechsel, Kreislauf und Puls des Pferdes. 20 Minuten nach Ankunft in einer Tierarztkontrolle oder im Ziel darf die Pulsfrequenz 64 Schläge pro Minute nicht überschreiten - dieser Wert gilt international als Grenzwert für kreislaufmäßige Überforderung. Bei der Deutschen Meisterschaft ging Scheele nach dem Motto "Dabei sein ist alles“ gemeinsam mit echten Profis und sogar mit extra aus Bahrain eingeflogenen Scheichs an den Start. Am Freitag kam sie in Luhmühlen an, Zer Nabiah musste sich der ersten tierärztlichen Kontrolle unterziehen. "Da wurde der Allgemeinzustand des Pferdes kontrolliert, beispielsweise auch, ob es genug getrunken hatte“, berichtet sie. Alles war okay – Stute und Reiterin konnten Startbereitschaft erklären. Am nächsten Morgen fiel um 5 Uhr der Startschuss. Doch schon auf den ersten 32 Kilometern, in denen Reiter und Pferde mit Regen und Wind zu kämpfen hatten, merkte Scheele, dass ihre Stute nicht so lief wie sonst. "Irgendwie wirkte sie verspannt“, erinnert sie sich. Die tierärztliche Kontrolle brachte Gewissheit: Zer Nabiahs Puls war zwar völlig in Ordnung, allerdings stellten die Ärzte eine Muskelblockade in der Hinderhand fest. Das bedeutete das Aus für die ambitionierte Reiterin und ihre Stute. "Das war einfach Pech. Es war schön, einmal dabei gewesen zu sein und wir werden es wieder versuchen“, sagt Scheele. Zwei Nachwuchspferde stehen schon jetzt in der Pipeline, denn auch Zer Nabiah soll in ihren wohlverdienten Ruhestand verabschiedet werden. Damit die Reiterin auch irgendwann auf Nachkommen der Erfolgsstute zurückgreifen kann, wird sie ab dem kommenden Jahr zur Zucht eingesetzt, eine weitere Leidenschaft der Bleckwedelerin. 26 Pferde, darunter zehn Zuchtstuten, gibt es auf dem landwirtschaftlichen Betrieb, der sich außerdem auf Milchviehhaltung spezialisiert hat und den sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Ulf Intemann führt. Ein möglicher Vater ist auf den Bleckwedeler Wiesen bereits anzutreffen: Der gekörte Araber-Hengst PC Amal fiel Anita Scheele bereits als Fohlen ins Auge und wurde kurzerhand gekauft. Mittlerweile ist er drei Jahre alt, sein erster Fohlenjahrgang ist geboren und er ist Anwärter auf den Titel Prämienhengst. Bei Scheele darf er ein wahres Traumleben führen: Gemeinsam mit mehreren Stuten und einem Wallach als Spielkumpel lebt er auf einer großen Weide. "Er ist wirklich ein sehr umgänglicher Hengst, wir sind sehr froh, ihn hier zu haben“, sagt die Besitzerin. Als Hoffnungsträger ihrer Zucht gab sie deswegen auch ihrem Stall seinen Namen: Gestüt Amal. Doch nicht nur seine Nachkommen tummeln sich auf den Weiden der Züchterin. Alte Stutenstämme Deutscher Reitponys sind dort ebenso zu finden wie Halbblüter und Farbwunder. Denn, wer am Hof Intemann vorbeikommt, wird nicht schlecht staunen: Neben Fuchs und Braunem gibt es auch ein strahlend weißes Fohlen. Schimmel werden nicht weiß geboren, das weiß jeder Pferdekenner – wie kommt es dann, dass eine solche Ausnahmeerscheinung das Gestüt bereichert? "Unser Reitpony-Fohlen ein Perlino“, erklärt die Züchterin. Es trägt zweimal das zur Aufhellung beitragende Cream-Gen. "Perlino ist eine Farbe, die bei Reitponys nur noch sehr selten zu finden ist“, berichtet Anita Scheele. Lange suchte sie nach der Stute Daily Blue, die sie schließlich zur Pacht überlassen bekam. "Wir werden immer wieder auf ihr weißes Fohlen angesprochen“, schmunzelt die Pferdefrau. Jetzt hofft sie, dass sich der kleine Hengst weiterhin so gut entwickelt – "Als Reitpony für Kinder und Jugendliche wäre er sicher toll.“ Weniger allerdings fürs Distanzreiten. Da steckt Scheele ihre Hoffnungen in das rein arabisch gezogene braune Stutfohlen Shani AS – übersetzt "Die Wunderbare“. Schließlich sollen auch zukünftig echte Ausdauerpferde aus Bleckwedel auf Langstrecken an den Start gehen. Das besagt übrigens auch der Untertitel des Gestüts Amal: Horses of Endurance – Pferde mit Ausdauer.

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