14 Soldatinnen tun inzwischen Dienst bei den Fernmeldern in der Visselhöveder Kaserne

Ohne Kosmetikköfferchen bereit für den Auslandseinatz

(hm). Melanie Rabbel steht am Empfangstresen vor den Behandlungszimmern. Für den Arzt erledigt sie den Schreibkram und geht ihm, wann immer nötig, helfend zur Hand. In einem Punkt unterscheidet sich die 18-Jährige von den meisten Arzthelferinnen: Sie trägt keine weiße Kluft - ihre ist oliv-grün. Melanie ist Zeitsoldatin und arbeitet als Truppenarztschreiberin im Sanitätsbereich des Fernmeldebataillons 381 in der Visselhöveder Mölderskaserne.

Seit 1975 dürfen sich Ärztinnen und Apothekerinnen freiwillig zum waffenlosen Dienst als Sanitätsoffiziere verpflichten. Melanie Rabbel ist nichts von beidem. Sie kam direkt nach der Schule zur Bundeswehr. Das geht erst, seit der Bundestag am 27. Oktober 2000 einer Änderung des Artikels 12a des Grundgesetzes zugestimmt hat. Seitdem dürfen Frauen zwar weiterhin nicht zum Dienst mit der Waffe gezwungen werden; die Formulierung, dass sie keinen Dienst mit der Waffe leisten dürfen, wurde jedoch gestrichen. Und so verpflichtete sich Melanie für vier Jahre, durchlief in Landshut die komplette Grundausbildung wie jeder ihrer männlichen Kollegen und ist inzwischen als Obergefreite in Visselhövede stationiert. Mit ihr tun weitere zehn Frauen Dienst bei den Fernmeldern der Mölderskaserne. Eine der ersten war Britta Jung. Sie kam bereits im Januar 2001. Derzeit ist sie gerade im Schwangerschaftsurlaub. Wenig nach ihr, im November 2001, stießen Nicole Reinicke und Mareike Klußmann zu den Fernmeldern. Die 23-jährige Reinicke war vorher Kauffrau im Groß- und Außenhandel und arbeitet heute als Stabsunteroffizier im Nachschub. Sie ist damit für die Truppenversorgung zuständig. Warum sie zur Bundeswehr ging? Weil sie das schon als kleines Mädchen wollte. Als sich die Möglichkeit auftat, zögerte sie nicht. Ergebnis: "Mehr Vorschriften und weniger Freiheit", erklärt sie und ist dennoch mit ihrer Entscheidung zufrieden. "In jedem Beruf gibt es Momente, in denen man unzufrieden ist." Ihre Kameradin Klußmann wechselte vom Beruf der Erzieherin in das Vorzimmer vom Spieß. Dort befasst sie sich mit Dienstplänen, der Post, der Weitergabe von Befehlen und der Stärkefeststellung. Wie Obergefreite Nicolle Knaack, ihre 23-jährige Kollegin im Personalbüro, geht sie also typischer Bürotätigkeit nach. Eine Arbeit, die Knaack als gelernte Bürokauffrau bereits gut kannte. Völlig neu ist der Bundeswehr-Job allerdings für Yvonne Weule: Die 25-jährige gelernte Restaurantfachfrau ist jetzt Fernmeldesoldatin. Nach ihrer Ausbildung am Arbeitsplatz kennt sie sich inzwischen gut mit der automatischen Mastanlage aus - darf sie inzwischen per Fernbedienung selbst ausfahren. Ist sie länger dabei, macht sie den Lkw-Führerschein, um die nötigen Fahrzeuge auch bewegen zu können. Von einer Sonderbehandlung für Frauen haben die fünf Visselhöveder Soldatinnen nichts gemerkt. Reinicke: "Wir mussten alles genauso machen wie die Männer. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass ich immer etwas mehr beweisen musste. Mir selbst und den anderen." Die Reaktion der Kameraden sei geteilt gewesen. Weule: "Die eine Hälfte hat sich geziert, die andere Hälfte war froh, dass wir da waren." Geändert habe sich inzwischen eine Menge: "Die frauenfeindlichen Sprüche sind weniger geworden", erklärt Klußmann. Probleme machten sich einige Soldaten selbst. "Männer, die dachten, Frauen brauchen während einer Übung ein Kosmetikköfferchen, mussten eben umdenken. Da haben manche Männer mehr Probleme mit den Toiletten im Feld." Inzwischen haben sich auch die Partner der Soldatinnen (in der Mehrzahl selbst Soldaten) an die Situation gewöhnt - gewöhnen müssen. Truppenarztschreiberin Rabbels Freund ist nicht bei der Bundeswehr. "Mag sein, dass der Angst hat, wenn ich in der Kaserne arbeite. Aber damit muss er leben", erklärt die junge Frau. Eigene Ängste sind inzwischen der Normalität gewichen. Allerdings: Alle sind sich bewusst, dass sie sich als Zeitsoldatinnen schnell auch in Afghanistan wiederfinden könnten. Für Fernmelderin Weule wäre es beinahe soweit gewesen. Sie hatte sich freiwillig gemeldet. "Wäre mein Kollege ausgefallen, säße ich jetzt nicht hier." Reinicke: "Dessen ist man sich bewusst, wenn man den Schritt in die Bundeswehr tut. Man weiß, worauf man sich einlässt." Für die fünf jungen Frauen ist ihr Job bei der Bundeswehr ein ganz normaler Beruf. "Wir tragen dabei eben eine Uniform", so Reinicke. Und so werden sie auch im Alltag behandelt: wie ihre männlichen Kollegen. Ausnahme: Für sie mussten separate Sanitärräume eingerichtet werden. Ein Grund dafür, dass noch nicht an allen Bundeswehrstandorten Frauen ausgebildet und stationiert werden. Hauptgefreite Weule ist auf dem Sprung. Sie muss für zwei Wochen nach Mannheim. "Force protection" heißt der Einsatz. Eine amerikanische Kaserne wird durch deutsche Soldaten bewacht. "Ich bin gerade am Packen", erklärt sie und schlägt deshalb auch vor, eine andere Stube zu besichtigen. Die bietet Platz für zwei schmale Betten, einen Schrank und einen Ecktisch für den kleinen Fernseher. Olivgrüne Bettwäsche ist nicht zu finden. "Coca-Cola" prangt in weißen Lettern vom leuchtend roten Kopfkissen. Ein kleiner Blumenstrauß steht in der Vase und ein Plüschteddy mit Halbmond im Arm hält Wache auf der Bettdecke: das mühsam eroberte Stück Privatsphäre in den sonst eher sterilen vier Wänden... Bild: In der Visselhöveder Mölderskaserne tun derzeit elf Soldatinnen Dienst. Melanie Rabbel, Nicole Reinicke, Mareike Klußmann (stehend von links), Nicolle Knaack (knieend links) und Yvonne Weule gehören dazu

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