Sottrumer Wieste-Schüler üben sich in Gewaltprävention - Von Fred Olthoff

Gemeinschaft gestärkt

Die Jugendlichen waren hochmotiviert bei der Sache, um zu erfahren, wie sie mit Gewalt im Schulalltag besser klarkommen können. Christine Hummels, Linda Rodiek und Silvia Heinzelsbecker (rechts) standen ihnen dabei mit Rat und Tat zur Seite Foto: Olthoff
 ©Rotenburger Rundschau

Gewalt: Was sie ist, wie sie empfunden wird und was Opfer und Zeugen tun können, üben Schüler der Sottrumer Wieste-Schule in einem zweitägigen Seminar. Unter Anleitung von Polizistin Christine Hummers vom Präventionsteam Rotenburg und Schulsozialarbeiterin Silvia Heinzelsbecker lernen die Elf- bis 13-Jährigen, wie sie sich und andere schützen können und sich untereinander zu vertrauen.

"Ey, du alte Schlampe, willste was in die Fresse?“, pöbeln drei Mädchen eine eingeschüchtert auf ihrem Stuhl hockende Mitschülerin an. Die Angreiferinnen kreisen ihr Opfer bedrohlich ein. "Was würdet ihr an ihrer Stelle jetzt machen?“, fragt Hummers die Sechstklässler, die das Geschehen gebannt verfolgten. "Weglaufen!“, schallt es wie aus der Pistole geschossen zurück. "Wir sind stark“ lautet das Motto, unter dem die Schüler im Heimathaus Sottrum zum Begriff Gewalt verschiedene Themenfelder erarbeiten. In kleinen Rollenspielen und Übungen lernen die Wieste-Schüler, wie schnell Alltagssituationen eskalieren können. Dabei wird die empfundene Gewalt von jedem Einzelnen völlig unterschiedlich eingeschätzt. So wird die Bezeichnung Schlampe von manchen als Spitzname oder Frotzelei abgetan, andere hingegen fühlen sich selbstverständlich beleidigt und ausgegrenzt. Grade Teenager reagieren empfindlich auf Mobbing. Es kann ihr Selbstvertrauen schwächen und ihre Persönlichkeitsentwicklung hemmen. Schon der zum Spaß geäußerte Satz "Puh, du stinkst!“, eventuell im Klassenverband als Running Gag mehrfach ausgesprochen, kann von anderen Schülern für bare Münze genommen werden. Schon ist der Ruf ruiniert und das Opfer möchte sich in die hintereste Ecke verkriechen. Stift wegnehmen, Stuhl wegziehen, Foto eines Mitschülers der Öffentlichkeit im Internet preisgeben sind weitere Beispiele, die zum Schulalltag gehören. Jeder Schüler versucht, eine Skala der Gewalt von eins (alles im grünen Bereich) bis fünf (roter Alarm) zu erstellen. Anschließend tauschen sie ihre Ergebnisse untereinander aus und wundern sich, dass ihre Klassenkameraden die Lage völlig unterschiedlich bewerten. Die eingangs beschriebene Pöbelszene geht weiter – aber anders als erwartet: Mit leiser, aber fester Stimme fragt die Beschimpfte, ob die sie Umstehenden nichts Besseres zu tun haben. Während sie spricht, steht sie von ihrem Sitz auf. So wirkt sie größer und hat außerdem die Chance, den Gefahrenbereich zu verlassen. Daraufhin verlieren zwei Mädchen das Interesse und gehen weg. Die Lage entspannt sich. Nun steht die Angesprochene nur noch einer Gegnerin gegenüber, der, da sie plötzlich allein gelassen wurde, ebenfalls die Motivation abhanden kam. "Musterlösungen gibt es nicht“, sagt Lehrerin Linda Rodick. Die Teilnehmer lernen aber, sich in die Situation eines Opfers hineinzuversetzen. Die Klassenlehrer sind mit dabei, um das Thema im Unterricht weiter zu vertiefen. Dreh- und Angelpunkt ist der Kernsatz: "Das Opfer bestimmt, was Gewalt ist!“ Nach der Begriffsfindung stellt sich die Frage, was zu tun ist, um eine Bedrohung abzuwenden. "Lärm, Licht, Leute“, lautet der Code. Menschen und helle Plätze suchen, dunkle Ecken meiden. Auch dazu gibt es eine Übung. Die Schüler stellen sich gegenüber, um einen Tunnel dazustellen. Zwei Schüler nutzen ihn als Abkürzung. Mit schwerer Motorradlederjacke stellt sich ihnen die Polizistin in den Weg. Die Jungs merken schnell, dass der Umweg sicherer gewesen wäre. Höhepunkt und Abschluss des Kurses Gewaltprävention sind Übungen, mit denen die Schüler lernen, sich zu vertrauen. So lassen sie sich am Ende von der Tischkante in die Arme ihrer Klassenkameraden fallen. Charlotte Schlusnus (11) sowie Yasmin und Sinan Bezek (beide 13) finden den Unterricht außerhalb des alltäglichen Schuleinerleis richtig und gut. Sie waren selbst schon wurden selbst schon bespuckt oder beleidigt. "Wir haben wirklich gelernt, uns gegenseitig zu vertrauen und auch die Gemeinschaft in der Klasse ist viel besser geworden“, lautete ihr Fazit.

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