Gunnar Becker aus Hellwege will Dünen wieder freilegen - Von Wieland Bonath

Wo einst Sand wanderte...

Vor etwas mehr als 100 Jahren prägten noch Moore und Heide das Landschaftsbild des Landkreises Rotenburg. Davon ist kaum noch etwas zu sehen. So gut wie gar nichts ist von einem dritten, typischen Landschaftselement geblieben: den Binnendünen, die überall die Flussläufe säumten und inzwischen verschwunden scheinen. Die Wehsandhügel wurden von Vegetation bedeckt und bis auf kleine Reste unsichtbar gemacht. Ein Mann ist von diesen offenen Dünenbereichen fasziniert: der 39-jährige Diplom-Geograph Gunnar Becker aus Hellwege.

Der Wissenschaftler, der mit Frau Claudia und den Kindern Josi und Nils das mit 218 Jahren älteste Hellweger Haus bewohnt: "Ich möchte mit meinen Bemühungen erreichen, dass die Landschaft wieder abwechslungsreicher wird und Elemente einer Kulturlandschaft, die sich über Jahrtausende entwickelt hat, zumindest kleinräumig der Nachwelt erhalten bleiben." Becker studierte an der Universität Bremen. Seine Diplomarbeit trägt den Titel "Spätglaziale bis holozäne Landschaftsentwicklung und Vegetation der Dünengürtel und angrenzenden Flugsandgebiete in der Mittleren Wümmeniederung westlich Rotenburgs". Vor 12.000 Jahren, am Übergang der letzten Kaltzeit zur Warmzeit, schwoll die Wümme nach jeder Schneeschmelze zu einem riesigen, etwa vier Kilometer breiten Strom an. Beim Rückgang der Wassermassen wurde in den Seitenräumen der Sand abgelagert. Respektable Mengen, die teilweise in die Nachbarschaft ausgeweht wurden und die Binnendünen entstehen ließen. In der bis heute andauernden Warmzeit breitete sich zunächst Vegetation (vermutlich Wald) auf den Dünen aus, so dass der Sand festgelegt war. In der Heidebauernzeit wurde der Bewuchs durch Plaggenhieb, Viehtritt und Beweidung so stark beeinträchtigt, dass wieder offene Sandbereiche und damit neue Wanderdünen entstanden. Vor etwa 150 Jahren begann dann die planmäßige Aufforstung der Dünen, vor allem mit Kiefern, außerdem mit Ebereschen und Birken. Becker, heute tätig als Lehrbeauftragter der Universität Bremen und freiberuflich wirkend: "Es würde mich freuen, wenn die offenen Dünenbereiche mit ihren seltenen Tier- und Pflanzenarten und ihrem reizvollen Aussehen wieder ausgeweitet werden könnten." Den "Voßbergen" möchte er zumindest zum Teil das ursprüngliche Gesicht wiedergeben. Für das wenige Kilometer westlich von Hellwege gelegene und mit 71 Jahren älteste Naturschutzgebiet des Landkreises, hat er bereits vor zwei Jahren ein Pflegekonzept geschrieben, das beim Landkreis auf Zustimmung stieß. Becker hat nach vorheriger Absprache mit dem Grundstückseigentümer bereits Axt und Säge geschultert und einen kleinen Teil des Bewuches entfernt. In kleineren, aber trotzdem schon respektablen Bereichen konnte er offene Dünenbereiche herstellen. Er weiß jedoch, dass noch umfangreiche Arbeit vor ihm liegt. Dazu gehört auch, dass die Dünen später abgeplaggt und durch das Beweiden mit Schafen örtlich wieder Heideflächen ausgebreitet werden. An anderen Stellen ist der Sand aufzulockern. Aufklärerische Arbeit muss der Wissenschaftler hin und wieder leisten: Wenn ihm quasi Baumfrevel bei seinen Fällaktionen vorgeworfen wird. In Gesprächen ist es ihm jedoch in den meisten Fällen gelungen, Verständnis für seine Arbeit zu gewinnen. "Früher", so Becker, "wurden die Dünen geradezu als Feind angesehen".

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