Workshop: Pastoren suchen nach einem neuen Selbstverständnis

Freiwillige auf gleicher Augenhöhe

(r/gm). 2.466 Freiwillige engagieren sich im Kirchenkreis Rotenburg in den unterschiedlichsten Bereichen. Sie leiten Gruppen, begleiten Kranke, verfassen Gemeindebriefe, erteilen Förderunterricht, legen Beete an, stehen am Mischpult oder predigen von der Kanzel. Dass es kontinuierlich mehr werden, freut Superintendent Hans-Peter Daub. "Wir unternehmen seit einigen Jahren Anstrengungen, das Ehrenamt zu stärken. Dabei müssen wir genau hinschauen, an welchen Stellen wir freiwilliges Engagement besser fördern und unterstützen können", erklärt er.

Inzwischen haben sich auch in Deutschland die Kenntnisse über Freiwilligenmanagement erweitert. Die Freiwilligenarbeit sollte Bedürfnisse und Fähigkeiten der Ehrenamtlichen viel mehr berücksichtigen. "Heute können wir uns damit auseinandersetzen, dass Ehrenamtliche auch professionell arbeiten", sagt Daub und denkt dabei an eine Studie, die belegt, dass Beratungsleistungen von Ehrenamtlichen häufig einen höheren Wirkungsgrad erzielen als die von Hauptamtlichen. Freiwillige nämlich sind von dem Verdacht frei, sie würden etwas nur tun oder sagen, weil sie dafür bezahlt werden. "Da kündigt sich ein Mehrwert an", meint Daub, verantwortlicher für 27 Pastoren, zwei Diakone und vier Sozialarbeiter. Und den möchte er nutzen. Als sich vor drei Jahren für die Region Rotenburg die Chance bot, eine Projektstelle Freiwilligeninitiative zu schaffen, wurde die Gelegenheit genutzt. Fortbildungen sollen die Hauptamtlichen auf ein verändertes Berufsbild vorbereiten. Deshalb trafen die sich jetzt für drei Tage in Bad Bederkesa, um nach den Folgen für die eigene Rolle zu fragen. "Der klassische Pastor hat von sich das Bild im Kopf: Ich bin hier der Herr im Haus. Jetzt muss er lernen, den Freiwilligen auf gleicher Augenhöhe zu begegnen", sagt Seminarleiterin Katharina Witte, die seit Jahren mit den Hauptamtlichengruppen der Bremischen Kirche und den Teams der Freiwilligenagentur Bremen arbeitet. Dass das gar nicht so einfach ist, erfuhren die Seminarteilnehmer am eigenen Leib in Rollenspielen. So mussten die Pastoren schon mal auf einen Stuhl steigen, um sich bewusst zu machen, wie es ist, wenn ein Hochstatus mit einem Tiefstatus spricht und welche Konflikte daraus entstehen können. "Die Teilnehmer haben sich mit Begeisterung darauf eingelassen", freut sich Witte. Sie weiß, dass es schwer ist, das Bild sowohl der Pastoren als auch der Ehrenamtlichen zu verändern, stellt aber fest, dass die Hauptamtlichen im Kirchenkreis Rotenburg sehr aufgeschlossen sind. So beispielsweise Pastorin Maren Zerbe aus Neuenkirchen/ Schneverdingen: "Mein Weg ins Pfarramt führte über mein eigenes freiwilliges Engagement in der Heimatgemeinde." Für sie war von Anfang an klar, dass sie in ihrer Kirchengemeinde mit den Freiwilligen im Team zusammenarbeiten würde. "Aber die Deutlichkeit, mit der das jetzt reflektiert wird, nimmt zu." Sie persönlich hat eine Hollandexkursion des Kirchenkreises stark beeindruckt, die sie und Kollegen in Kontakt mit dortiger Freiwilligenarbeit brachte. Holländische Organisationen machen keinen Unterschied zwischen Haupt- und Ehrenamt. In einem Altenpflegeheim sitzen bei der Dienstbesprechung alle zusammen, und es ist nicht zu merken, wer von ihnen Geld bekommt und wer nicht. "Aber nicht nur die Pastoren müssen sich ein neues Selbstverständnis erarbeiten. Auch die Ehrenamtlichen müssen lernen, nicht nur aufzublicken", sagt Witte. Auch hier zeigt sich der Kirchenkreis Rotenburg fortschrittlich: "Die Lust auf ein verantwortliches Mitgestalten und partnerschaftliches Verhältnis nimmt zu. Die meisten wollen nicht länger Zudiener und Helfer der Pastoren sein", sagt Matthias Pregla, Leiter der Freiwilligeninitiative Rotenburg. Zur Zeit entstehen in den drei Rotenburger Kirchengemeinden sogenannte Teams Freiwilligensorge. In ihnen soll erarbeitet werden, was Ehrenamtliche in den Kirchengemeinden brauchen, um die Bedingungen für ihre Arbeit zu verbessern. Je mehr sich die Rolle der Pastoren und der Ehrenamtlichen ändert, desto mehr wird sich auch die Kirche verändern - hin zum gleichberechtigten Miteinander von Pastoren und Laien und somit zum Positiven, wie Superintendent Daub glaubt. Denn im Engagement der Ehrenamtlichen spiegelt sich in besonderer Weise das lutherische Kirchenverständnis wider, das vom Priestertum aller Glaubenden und Getauften ausgeht. "Und so war Kirche ursprünglich. Jesus hat keinem seiner Jünger eine bezahlte Stelle versprochen." Bild: Hochstatus spricht mit Tiefstatus. Pastor Dieter Wingert (von links), Pastor Michael Alex und Sozialarbeiter Heinz Wagner probieren mit Kollegen, was es bedeutet, nicht auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren

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