Monika Lehmann unterrichtet in der Klinik für Kinder und Jugendliche - Von Wieland Bonath

Hinhören, hinsehen, fühlen

Monika Lehmann beim Unterricht in ihrem kleinen Klassenzimmer in der Klinik für Kinder und Jugendliche des Rotenburger Diakoniekrankenhauses Foto: Bonath
 ©Rotenburger Rundschau

Monika Lehmann und ihre Kinder haben das bunteste Klassenzimmer: mit großen Handpuppen auf Stühlen, mit Wänden voller selbstgemalter Bilder, mit einem von den Mädchen und Jungen selbstgestalteten Kalender. Eine Zehnjährige hat für den September den Leitspruch "Sieh einfach alles kunterbunt, dann wirst du wieder schnell gesund!“ gewählt und auf dem Oktober-Blatt steht "Hab’ keine Angst, du wirst beschützt von all’ denen, die dich lieben!“.

Dieses bunte Klassenzimmer befindet sich in der Klinik für Kinder und Jugendliche des Diakoniekrankenhauses mit seinem Chefarzt Dr. Michael Scharnetzky. Seit über 20 Jahren arbeitet Monika Lehmann als Lehrerin hier und hat im Knopfloch garantiert einen kleinen braunen Bären, von dem sie weiß: "Der wirkt wie ein Entängstigungsmoment, der durchbricht das erste Eis.“ In der Tat: Kinder, die ins Krankenhaus kommen, werden mit einer besonderen Situation konfrontiert. Ihre Angst kann sich, obwohl die Ärzte sich bemühen, wie eine Sperre vor die intellektuellen Fähigkeiten schieben. Oder der Aufenthalt ist von Lageweile geprägt, denn oft dürfen die jungen Patienten ihr Bett nicht verlassen. Hier sind das pädagogische Können und die sensible Hand von Monika Lehmann gefragt, die ergänzend zu ihrer Tätigkeit als Lehrerin als Pädotherapeutin arbeitet. Mitunter ist das Spiel oder die Bastelarbeit lediglich ein Medium, über das sie mit den Jungen und Mädchen ins Gespräch kommt. Grundsätzlich, so Monika Lehmann, bestehe im Krankenhaus keine Schulpflicht, wohl aber das Recht langfristig Erkrankter auf Unterricht. "Die Kinder sind hier, um gesund zu werden und nicht, um zur Schule zu gehen. Alle medizinisch-therapeutischen Maßnahmen haben Vorrang. Ich muss mich diesem Tagesablauf anpassen. Hinzu kommt die jeweilige Befindlichkeit des Kindes. Oft muss ich deshalb mit den Ärzten Rücksprache halten.“ Monika Lehmann wurde in Seesen am Harz geboren. Aufwachsen ist sie in Rotenburg. Nach dem Abitur am Ratsgymnasium studierte sie an der Universität Bremen Pädagogik, verbrachte zwischendurch auch ein Jahr an der Columbia-University in den USA. Ihre zentralen Fächer waren Deutsch und Englisch. Dazu als eine Art Aufbaustudium ein Diplomstudium, zu dem im Wesentlichen Pädagogik und Psychologie gehörten. "Private Erlebnisse und Erfahrungen mit dem Komplex Krankheit führten mich zur Beschäftigung mit dem Themenbereich pädagogische Betreuung kranker Kinder“, berichtet sie. Monika Lehmann hat übrigens zwei Arbeitgeber: neben dem Diakoniekrankenhaus auch die Theodor-Heuss-Schule. Bis auf wenige Ausnahmen nehmen die Mädchen und Jungen am angebotenen Unterricht teil. Gelehrt wird Deutsch, Mathematik, Englisch und im Bedarfsfall Französisch. Monika Lehmann nimmt Kontakt zu den Lehrern auf und lässt sich den exakten Schulstoff geben. Ein besonderes Anliegen ist natürlich, dass Mädchen und Jungen, die längere Zeit im Krankenhaus liegen müssen, den Anschluss an die reguläre Schule nicht verlieren. "Ich lerne im Laufe der Zeit viele Kinder aus unterschiedlichsten Familiensituationen kennen. Kinder, die aus glücklichen Familien kommen und Kinder, die unter ihren schwierigen Familienverhältnissen leiden. Kinder, deren Freizeit vollkommen verplant ist für Ballettstunden, Reitunterricht, Judo, Basketball, Karate... Und Kinder, die wenig freie Zeit für sich zur Verfügung haben, weil sie beispielsweise auf ihre jüngeren Geschwister Acht geben müssen“, berichtet Monika Lehmann. Manche junge Patienten, so die Lehrerin, hätten vielfach erst im Krankenhaus Zeit, ein Buch zu lesen oder kreativ tätig zu sein. Ihnen könne vermehrte Zuwendung zukommen, indem ihnen Einzelbetreuung gewährt werde. Die Aussage einer schwedischen Kinderpsychologin bestätigt sie aus eigener Erfahrung: "Zu einem kranken Kind kann man nicht mit dem Anspruch kommen, schon im Voraus zu wissen, was das Kind braucht. Man muss jedes Mal von Neuem genau hinhören und hinsehen und sich in das Kind hineinfühlen.“

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