Landvolk engagiert sich für die Errichtung von Bürgerwindparks - Von Thomas Hartmann

Akzeptanz durch Beteiligung

Landvolkgeschäftsführer Carsten Hipp (Zweiter von links) mit den Mitarbeitern der Agro & Wea Natalie Ruf, Hermann Fehrmann und Wolf-Henning Ohly (von links) Foto: Hartmann
 ©Rotenburger Rundschau

Die Energiewende ist beschlossene Sache, doch die Alternativen sind nicht überall beliebt. Während die Fracking-Gegner der Förderung von Tight-Gas einen Riegel vorschieben möchten, kritisieren die Bewohner ländlicher Gebiete die Vermaisung der Landschaft wegen der Biogas-Anlagen. Solarenergie wird als zu hoch bezuschusst abgetan. Und was ist mit Windrädern? Die benötigen speziell ausgewiesene Gebiete und sind auch nicht von allen gern gesehen. Das Landvolk möchte jetzt für mehr Akzeptanz dieser Alternative werben und setzt sich für die Schaffung von Bürger-Windparks ein.

„Wo über das Aufstellen von Windrädern diskutiert wird, fragen die Bürger, ob das vor ihrer Haustür passieren muss“, erklärt Landvolk-Geschäftsführer Carsten Hipp seine Motivation. „Dabei schafft der Bürgerwindpark viele Vorteile und ist der richtige Ansatz“, ist er überzeugt. Das Landvolk Rotenburg arbeitet daher eng mit dem Unternehmen Agro & Wea zusammen. Das ist aus einem Arbeitskreis des emsländischen Landvolks entstanden, nachdem dort viele Landwirte Ablehnungen ihrer Windkraftanträge erhalten hatten. „Wir sagten uns: Das können wir doch als regionaler Anbieter selbst versuchen. Und die Nachfrage war sofort groß“, sagt Projektleiter Hermann Fehrmann. Zunächst wurden verschiedene Anlagen im Emsland geplant und verwirklicht. Seit 2000, die Aktivitäten wurden auf die Eiffel ausgeweitet, legt das Unternehmen verstärkt Wert auf Bürgerbeteiligung, denn die Verantwortlichen sind sich sicher: „Reine Investorenprojekte von Auswärtigen sind problematisch, weil sie keine Akzeptanz finden.“ Seit eineinhalb Jahren ist der Betrieb auch im Landkreis Rotenburg aktiv und arbeitet dort von Anfang an eng mit dem Landvolk zusammen. Vorrangiges Ziel ist derzeit, mit den Grundeigentümern grundsätzlich geeigneter Flächen zu sprechen und sie in Gesellschaften zusammenzuschließen, um das Areal zu sichern, falls dort irgendwann tatsächlich Windräder entstehen können. Wichtige Voraussetzung: Die Eigentümer bleiben in jedem Fall die Mehrheitsgesellschafter, um die Fäden in der Hand zu behalten. Bürger, die nicht selbst Eigentümer der betreffenden Flächen, aber Nachbarn des Windparks sind, müssen sich zu gleichen Bedingungen beteiligen können. „Wir nehmen den Rest der Anteile und haben somit immer die Minderheit in der Gesellschaft“, so Fehrmann. Kommt es zum Bau eines Windrades, werden Anteile angeboten. „Die sollten nach oben und unten gedeckelt sein“, erklärt Fehrmann aus langjähriger Erfahrung. „Weniger als 3.000 Euro sind zu aufwendig, mehr als 50.000 Euro verhindern, dass möglichst viele mitmachen können.“ Wer sich beteilige, könne mit einer Rendite von sieben bis neun Prozent rechnen. Weiterer Vorteil: Die Gesellschaft wird immer in der betroffenen Gemeinde angesiedelt. So bleibt die Gewerbesteuer vor Ort und auch der Anteil an der Einkommensteuer der Gesellschafter fließt der Gemeinde zu Und was für Anlagen sollen entstehen? „Windenergienutzung im Binnenland erfordert höhere Anlagen, um wirtschaftlich zu sein. Wir planen in der Regel mit Windrädern mit bis zu 135 Metern Nabenhöhe und maximal 100 Metern Rotordurchmesser. Die schaffen eine Leistung von etwa drei Megawatt“, erläutert Fehrmann. Dabei hat die Agro & Wea eigene Prinzipien. Beispielsweise werden die vorgeschriebenen Abstandsregelungen in der Regel übertroffen. Fehrmann: „Wir rechnen immer mit 700 Metern bis zu den nächsten Einzelgebäuden und mindestens 1.000 Metern bis zur nächsten Wohnsiedlung. Da sieht das Gesetz eigentlich geringere Entfernungen vor.“ Damit auch bei niedrig stehender Sonne kein beweglicher Schlagschatten auf Wohngrundstücke fällt, wird per Lichtsensor im Zweifelsfall das Windrad abgeschaltet. Und die matt lackierten Rotorblätter verhindern den gefürchteten Disco-Effekt. Und noch etwas will das Unternehmen auch bei bestehenden Anlagen umsetzen, um die Störung zu minimieren: Wenn die EU die Zulassung erteilt, werden alle Windräder mit einer kleinen Radaranlage ausgestattet, die Flugzeuge erfassen kann,. Sodass die vorgeschriebene Hindernisbefeuerung (weithin sichtbare Blinklichter, die den Flugverkehr auf das Hindernis hinweisen) nur dann eingeschaltet wird, wenn sie tatsächlich gebraucht wird. „Wir wollen eben dafür sorgen, dass die Windräder so wenig wie möglich stören. Denn das erhöht die Akzeptanz noch weiter“, erklärt Fehrmann. Und warum engagiert sich das Landvolk in dieser Sache? Hipp: „Die Flächeneigentümer sind in der Regel Landwirte. Und denen wollen wir helfen, möglichst viel Nutzen daraus ziehen zu können und gleichzeitig in der Bevölkerung als Partner einer guten Sache und nicht als Verursacher von Belästigungen dazustehen.“ Er will die Erwartungen aber auch nicht zu hoch schrauben: „Wir wollen keine Goldgräberstimmung verbreiten. Und: Der Landwirt muss bereit sein, den möglichen Ertrag zu teilen, um auf Dauer erfolgreich arbeiten zu können.“ Fehrmann sieht durchaus noch Handlungsbedarf auf politischer Seite: „Ich kann nicht nachvollziehen, warum für eine Kilowattstunde aus Offshore-Windenergie, die in der Regel von den Global Playern erzeugt wird, gegenüber den Windrädern im Binnenland das Doppelte bezahlt wird. Windenergie ist der billigste Strom. Dabei liegt der Flächenverbrauch für ein Windrad bei etwa 2.000 Quadratmetern, wohingegen für eine Biogasanlage 400 Hektar eingeplant werden müssen. Und die ist längst nicht so effektiv. Wir haben inzwischen Windräder mit einer Gesamtleistung von 300 Megawatt aufgestellt. Das entspricht einem Drittel eines Atomkraftwerkes.“

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