Kindeswohlgefährdung: Antje Möllmann referierte

Je geringer die Ressourcen, desto größer das Risiko

Antje Möllmann
 ©Rotenburger Rundschau

(r/gm). Vor interessiertem Publikum referierte Antje Möllmann zum Thema "Kindeswohlgefährdung – Vernachlässigung von Kindern“. Die Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes in Niedersachsen und des Kinderschutz-Zentrums Hannover war im Rahmen einer Vortragsreihe der Lebenshilfe Rotenburg-Verden in Rotenburg zu Gast. "Hinsehen und handeln“ lautete ihr Appell an das Publikum.

"Eine aktuelle Studie besagt, dass das Ausmaß der Gefährdung des Kindeswohls durch Vernachlässigung und Misshandlung in Deutschland schätzungsweise bei fünf bis zehn Prozent aller Kinder im Alter bis sechs Jahren liegt. Auf Niedersachsen bezogen sind das 75.000 bis 125.000 Mädchen und Jungen, die in ihren kindlichen elementaren Bedürfnissen nach Versorgung, Schutz, Fürsorge, sozialer Bindung, Wertschätzung und Anregung nicht oder nicht ausreichend befriedigt werden - und zwar dauerhaft. Gleichzeitig impliziert Vernachlässigung einen Überfluss an Missachtung, Gewalt, Chaos und Unstrukturiertheit für das Kind“, so Möllmann. Eine chronische Unterversorgung des Kindes führe zu Beeinträchtigungen oder Schädigungen in Bezug auf seine körperliche, psychische und kognitive Entwicklung und Gesundheit. Körperliche Symptome und Fehlentwicklungen könnten zum Beispiel hohe Infektanfälligkeit, häufige Atemwegserkrankungen, motorische Entwicklungsverzögerung, Unter- oder Übergewicht sein. Im psychosozialen Bereich könne es zu Fehlentwicklungen im Sozialverhalten, Distanzlosigkeit, Aggressivität, Depression, mangelndem Selbstwert und Hospitalismuserscheinungen kommen. Kognitive Fehlentwicklungen äußerten sich unter anderem durch Sprachprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten und Wahrnehmungsstörungen. "Generell gilt“, so Möllmann, "je jünger ein Kind ist, das von den Eltern vernachlässigt wird, desto größer ist das Risiko bleibender Schäden - bis hin zum Tod.“ Eltern, die ihr Kind vernachlässigten, seien als Kind ebenfalls überwiegend vernachlässigt worden. Nicht selten seien sie erschöpft, resigniert, apathisch, hilflos, unkontrolliert und überfordert. Möllmann sprach in diesem Zusammenhang vom sogenannten "Apathie-Nutzlosigkeit-Syndrom“. Eltern, die nie gelernt hätten, ihre eigene Lebenssituation zu gestalten und sich selbst gut zu versorgen, könnten auch ihren Kindern nicht genügend Fürsorge und Perspektiven bieten. "Das Risiko, das sich eine Vernachlässigungssituation für ein Kind entwickelt, ist umso größer, je geringer die finanziellen und materiellen Ressourcen sind“, betonte die Referentin. Das Risiko steige weiter an, je schwieriger das soziale Umfeld, je desorganisierter die familiäre Situation, je belastender die persönliche Situation der Eltern und je herausfordernder das Verhalten des Kindes sei. Antje Möllmann unterstrich, dass Aufmerksamkeit und Zivilcourage gefragt seien, sobald der Verdacht und Anzeichen auf eine schlechte Behandlung von Kindern bestehe. "Sich nicht in die Angelegeheiten des Nachbarn einzumischen, ist eine Sache. Das Wohl eines Kindes zu sichern die andere“, appellierte sie.

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