Friedrich Freytag verabschiedet sich als Reitclub-Vorsitzender - Von Wibke Woyke

Stets mit dem Herzen dabei

Reitschule u2013 ein Begriff, auf den Friedrich Freytag Wert legt. Jetzt verabschiedete er sich als Reitclub-Vorsitzender Foto: Woyke
 ©Rotenburger Rundschau

Wenn einer den sprichwörtlichen Pferdeverstand hat, dann Friedrich Freytag. Schließlich hat der 66-Jährige einen Großteil seines Lebens mit den Vierbeinern verbracht – ob in der Freizeit, beruflich oder bedingt durch die Vorstandsarbeit im Reitclub (RC) Rotenburg. Nun hat sich Freytag von seinem Posten verabschiedet. Nach zwölf Jahren als Vorsitzender des Vereins stellte er sich nicht mehr zur Wahl. Den Pferden aber bleibt er treu.

Im Innenstadtbereich in der Nähe des Neuen Marktes, dort wo Freytag auch heute noch wohnt, hatte seine Familie einst eine Hofstelle. Der Vater aber starb früh, irgendwann wurde der Hof aufgegeben. An jener Stelle eröffnete der Onkel schließlich das Geschäft Hemden Freytag. „Das kennen bestimmt noch viele.“ Doch damit der junge Friedrich weiter Kontakt zu Tieren hat, machte die Oma den Vorschlag: „Geh doch mal zum Reitclub.“ Jener war 1955 aus der Taufe gehoben worden, Mitgründer und Vorsitzender war Obermedizinalrat Dr. Langer. Und so schnappte sich der elfjährige Friedrich sein Fahrrad und machte sich auf den Weg zum Vereinsgelände an der Visselhöveder Straße. Dort gefiel es ihm so gut, dass er mit dem Voltigieren und Reiten begann. „Ich hatte Blut geleckt. Der Umgang mit Pferden brachte einfach ein tolles Gefühl mit sich“, so Freytag. Mit Familie Eggers, die Anfang der 60er-Jahre als Pächter und Reitlehrer auf die Anlage kam, verstand er sich sehr gut. „Von Eggers habe ich viel gelernt.“ In jener Zeit aber, so Freytag, sei der Reitclub tatsächlich mehr für privilegierte Bürger da gewesen. Er selbst jedoch hatte keine zahlungskräftige Familie im Rücken. Ein eigenes Pferd zu kaufen, war nicht denkbar. Dann aber passierte etwas, für das Freytag immer noch dankbar ist. Dr. Heinrich-Wilhelm Rinck (heute Ehrenvorsitzender des Vereins) stellte dem Jugendlichen ein Pferd zur Verfügung. „Amsel hieß es“, erzählt Freytag. Und mit eben jenem Vierbeiner durfte er auch bei Turnieren starten. Nicht nur das Pferd habe Rinck gestellt. „Er hat mir sonst ebenso zur Seite gestanden. Beispielsweise hat er auch mal das Geld bei den Prüfungen für mich übernommen.“ Ganz egal, wann und wo Turniere in der Region stattfanden – oft ging Freytag an den Start. Fürs Springreiten schlug sein Herz etwas mehr als für die Dressur. Auch bei Vielseitigkeitswettbewerben inklusive Geländeritt war er dabei. „Ich habe schnell gelernt“, so Freytag. So wie er heute Rinck für die Unterstützung dankt, sei es auch Klaus Karkmann gewesen, der Freytag später im Laufe der Jahre immer wieder Pferde zur Verfügung stellte – zur Ausbildung, aber auch für Turnierteilnahmen. Klar fand Freytag als Jugendlicher Freunde auf der Anlage. Dr. Lutz Körner, der jetzt die Nachfolge als Clubchef übernimmt, ist einer derjenigen, die Freytag dort oft traf. Für den Jugendlichen ging es aber von Beginn an nicht nur darum, zu reiten, sondern auch, mit anzupacken. „Das hat mir immer Spaß gemacht.“ Beruflich verschlug es Freytag zunächst jedoch in eine ganz andere Sparte – er lernte Autoschlosser. Später folgte in Hamburg eine Umschulung im kaufmännischen Bereich mit dem Themengebiet Ernährungswissenschaften für Großtiere. Viele Jahre arbeitete Freytag für die Spezialfutter-Firma Ramikal. Von 1972 bis 1976 verschlug es ihn samt seiner Frau Wela dann beruflich in den Reitclub – und zwar als Pächter und Reitlehrer. Eine Zeit, an die er sich gern zurück erinnert, und in die beispielsweise 1975 eine Jugendjagd fiel, ebenso ein besonderer Geländeritt, den Freytags auf die Beine stellten. Und bei den Kreismeisterschaften war das Landvolk mit einer großen Kreistierschau dabei, darüber hinaus der Maschinenring mit einer landwirtschaftlichen Geräteschau. Doch nach vier Jahren entschieden sich die Beiden, als Pächter und Reitlehrer beim Club aufzuhören. In der Zwischenzeit hatten sie Gelegenheit bekommen, nicht weit entfernt vom Verein, im Bereich Lintel, ein Gelände zu pachten – dort sind sie übrigens bis heute. Auch die Kinder Fiona („Sie ist ja quasi in der Stallgasse geboren“) und Philip wuchsen mit den Pferden auf und erreichten später Erfolge in dem Sport. An sein erstes eigenes Pferd kann sich Friedrich Freytag übrigens noch gut erinnern: Trakehner-Schimmel Rico. Ist ihm auch noch ein besonderes Turnier im Gedächtnis, an dem er teilnahm? Antwort: die Stubbendorf-Prüfung in Buxtehude, bestehend aus Dressur, Springen und Geländeritt. Dort verpasste Freytag zwar das Podest und wurde Vierter. „Trotzdem war das eine tolle Nummer“, sagt er. Viele Pferde hat Freytag im Laufe der Jahrzehnte kennengelernt, auch für die Ausbildung. Der Kontakt zum Reitverein bestand immer, er kennt alle auf ihn folgenden Pächter und Reitlehrer sowie eine Menge Mitglieder. Und irgendwann kam er zunächst als zweiter, später als erster Vorsitzender in den Vorstand. Jahre, auf die er gern zurückblickt. Die Entwicklung des Clubs von der Anfangszeit bis heute könne sich sehen lassen. Rund 260 Mitglieder zähle der Club. Etwa 50 Einstellplätze stehen zur Verfügung, alle vergeben. Die Turniere, an denen Freytag die besondere Atmosphäre schätzt, zählten zuletzt stets mehr als 1.000 Nennungen. Auch der Immobilienbestand sei gut. Eine zweite Halle wurde in Freytags Vorsitzzeit 2005 gebaut. Zudem verfügt der Verein beispielsweise über eine Rundhalle sowie ein Solarium, dazu kommen natürlich große Außenflächen. „Worauf ich immer Wert gelegt habe: Reiten soll kein Privilegierten-, sondern Breitensport sein“, betont Freytag. Das sei ihm wichtig – und ebenso die Jugendarbeit. Viele Kinder und Jugendliche sind im Verein und auch die Theodor-Heuss-Schule sei mit Schülern Woche für Woche vor Ort, im Rahmen des Ganztagsangebots. Was Freytag ebenso besonders am Herzen liegt, ist der Begriff Reitschule, der auf einem Schild auf dem Gelände prangt. Stolz ist er zudem auf die Zertifizierung der Anlage von der reiterlichen Vereinigung (FN) – ein Qualitätsnachweis, der mit vier Sternen belohnt wurde. Zudem freut sich Freytag, dass der Club 2012 einen Förderpreis der Horst-Gebers-Stiftung (HGS) erhielt, der mit 10.000 Euro dotiert war. Geld, das in Parcours, Reit-Hallenboden und die Qualifizierung der Reitlehrerin floss. Auch wenn es im Laufe der Jahre mal Reibereien gab – Freytag geht nicht im Streit, wie er betont. Neben Freytag sind übrigens auch die anderen Vorstandsmitglieder gegangen. Dem neuen Chef Dr. Lutz Körner steht als Stellvertreter Dr. Horst Herzog zur Seite (den Posten hatte bisher Holger Bade inne). Neu dabei sind zudem Schriftwart Peter Holtermann (bisher Birgit Bausdorf), Kassenwartin Christina Förster (bisher Heike Hermann) und Sportwart Gerd Laros (bisher Carmen Adams). Dass Freytag nicht mehr antrat, kam nicht Knall auf Fall, er hatte den Schritt schon vor Jahren angekündigt. Der Reitverein sei gut augestellt und genieße einen guten Ruf, ist er überzeugt. Freytag wünscht sich, dass sportliche Erfolge, die im Club errungen werden, vielleicht auch mehr nach außen getragen werden – davon profitiere der Reitsport im Allgemeinen. Seit den 50er-Jahren, als Freytag als Junge zum Club kam, ist er Mitglied. Und das will er bleiben. Weiter wird er oft auf dem Gelände vorbeischauen. „Denn Mensch und Tier liegen mir am Herzen“, so Freytag, der sich freut, dass er bei seinem Abschied mit der goldenen Ehrennadel des Vereins ausgezeichnet wurde. Was die Pferdeszene angehe, kenne er praktisch jeden. „Und die kennen mich“, sagt Freytag lächelnd, dem anzumerken ist, wie viel ihm die Pferde bedeuten. Nun stünden beim Club andere in der Verantwortung, denen er ein glückliches Händchen wünscht.

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