MS-Erkrankte haben eine Selbsthilfegruppe gegründet - Von Vera Mertins

Die Diagnose war ein Schock

Sieglinde Baden-Jäger, Wilfried Böckmann, Meike Willenbrock, Birgit Langeworth und Marion van der Veen (von links) sind offen für alle, die ihre MS-Gruppe bereichern möchten. Foto: Mertins
 ©Rotenburger Rundschau

"Eines wollen wir nicht: Mitleid. Aber etwas mehr Tolerenz seitens unserer Mitmenschen wäre schön“, sagt Marion van der Veen. Die 45-Jährige gehört zur Multiple Sklerose (MS) Selbsthilfegruppe, die im Januar diesen Jahres von Meike Willenbrock ins Leben gerufen wurde. Auch Wilfried Böckmann, Birgit Langeworth und Sieglinde Baden-Jäger gehören dazu. Die monatlichen Treffen finden im Lüttjen Huus in Otterstedt statt.

Die kleine Runde macht einen gut gelaunten Eindruck. Bei Kaffee und Gebäck wird sich ausgetauscht. Ein Außenstehender würde nicht vermuten, dass sich alle mit einer Krankheit arrangieren müssen, deren Verlauf niemand vorhersehen kann. Doch alle haben ähnliche Symptome - und das verbindet. "Die schlechten Tage werden engmaschiger. Früher haben wir vieles in kurzer Zeit geschafft, heute wenig in langer Zeit. Man fühlt sich schnell überfordert, kraftlos. Und dann ist da noch die Angst vor der Zukunft, weil man sich an den schlechten Tagen viele Gedanken macht und nicht weiß, wie es weiter geht“, sagt Birgit Langeworth. Kein Neurologe könne konkret sagen, so oder so verlaufe die Krankheit bei ihnen. Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung des zentralen Nervensystems, deren Ursache trotz großer Forschungsanstrengungen noch nicht geklärt ist. Trotzdem: "Das Leben ist nicht vorbei, bloß weil da zwei Buchstaben stehen“, sind sich alle einig. Die Krankheit ist nicht heilbar, jedoch kann ihr Verlauf durch verschiedene Maßnahmen oft günstig beeinflusst werden. "Positiv denken ist ganz wichtig“, sagen die Mitglieder der Selbsthilfegruppe. "Von den ersten Beschwerden bis zur Diagnose vergingen Jahre“, blicken die Betroffenen zurück. Die Kraftlosigkeit sei mitunter auf eine Überbelastung geschoben worden. Haushalt, Familie, und Beruf unter einen Hut zu bringen, erfordert eine Höchstleistung. Da muss eine mindestens 60-Stunden-Woche bewältigt werden. "Treten Sie kürzer, dann haben Sie auch mehr vom Leben“, gab ein Arzt seiner Patientin mit auf den Weg. Doch alleine daran lag es nicht. "Bei mir wurden die Symptome immer heftiger - zeitweise Taubheit in den Gliedmaßen, Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten und anderes mehr. Daraufhin fanden verschiedene Untersuchungen statt“, sagt Marion van der Veen. Ihre Tochter ist Physiotherapeutin und hatte keine Probleme, die medizinischen Fachausdrücke zu entschlüsseln. "Mama, es besteht ein Verdacht auf MS“. Der Befund bestätigte sich. Der Schock blieb nicht aus. "Es kommen Phasen, da denkt man, warum ich?“ Die Familie muss Geduld aufbringen und lernen, mit der Krankheit ihres Angehörigen umzugehen. Das Umfeld reagiert mitunter etwas unsensibel. "Du hast MS und kannst hier auf der Hochzeit tanzen, am Schützenfest teilnehmen oder noch arbeiten gehen? Wir sitzen nicht im Rollstuhl und da denken die meisten, so schlimm kann das ja nicht sein“. "So ist es aber nicht“, weiß Meike Willenbrock. "Wenn ich am Wochenende etwas größeres vorhabe, schone ich mich vorher entsprechend, damit ich das durchstehe.“ Die MS-Gruppe Otterstedt freut sich über Zuwachs. Der Gesprächskreis Gleichgesinnter findet einmal im Monat (mittwochs, von 17 bis 19 Uhr) statt. Jedes Alter ist willkommen. Die Treffen bereichern Referenten, Ausflüge und Veranstaltungen. Wer Interesse hat, kann sich bei Meike Willenbrock, Telefon 04205/2945 (E-Mail: meikewillenbrock@web.de) und bei Wilfried Böckmann, Telefon 04207/3693, melden.

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