Rotenburg/Zeven. „Ich bin stolz und froh, dass ich auf diesem Wege meinem Land helfen kann. Und da spreche ich sicherlich auch für den Rest meiner Kameraden. Schließlich haben wir uns verpflichtet, dem Land auch in solchen Krisenzeiten beizustehen.“ Feldwebel Nazim Yildiz vom Jägerbatallion 91 in Rotenburg stellt auf einer kürzlich vom Landkreis einberufenen Pressekonferenz klar, dass jeder der Soldaten hoch motiviert bei der ungewöhnlichen Aufgabe sei.
Yildiz und elf weitere Soldaten aus der Rotenburger Von-Düring-Kaserne unterstützen den Landkreis im Rahmen der sogenannten Amtshilfe im Testzentrum in Zeven und bei der Kontaktnachverfolgung in Rotenburg. Möglich ist dies aufgrund von Paragraf 35 des Grundgesetzes, der es den Behörden erlaubt, in Krisenzeiten Unterstützung der Bundeswehr anzufordern. „Allerdings nicht für Aufgaben, die mit irgendeiner Exekutive zu tun haben“, erklärt Oberstleutnant Lars Gundlach vom Kreisverbindungskommando. Für Yildiz und seine Kameraden bedeutet das, dass sie nur negative Testergebnisse den jeweiligen Personen mitteilen können. „Positive Fälle kommen zum Teamleiter, der dann entscheidet, was zu tun ist.“ Für Carmen Menzel, Leiterin des Gesundheitsamtes, ergibt das Vorgehen durchaus Sinn: „Mit den positiven Ergebnissen sind schließlich irgendwelche Konsequenzen mit zumeist weitreichenden Folgen für die Betroffenen verbunden.“ Auch müsse eine Quarantäne zum Beispiel vom Landkreis schriftlich angeordnet werden. Trotz aller anfänglichen Schwierigkeiten sind Menzel und Dezernatsleiterin Heike von Ostrowski begeistert von der Unterstützung durch die Kaserne. „Im Frühjahr und auch im Sommer noch sind wir mit unserem Personal sehr gut hingekommen.“ Aber die im Oktober plötzlich exponentiell steigenden Inzidenzwerte und das bereits an der Belastungsgrenze arbeitende Personal hätten dafür gesorgt, dass man sich an die Bundeswehr gewandt habe.
„Die Kaserne hat sich sofort bereit erklärt, uns zu unterstützen“, freut sich Ostrowski. Der Antrag sei problemlos gewesen, und schon seit dem 4. November leisten die zwölf Soldaten ihren Dienst für den Landkreis. Ursprünglich nur bis zum 27. November genehmigt wurde Frist vom Bundesministerium aufgrund der aktuellen Lage bis zum 21. Dezember verlängert. „Wir halten aktuell 180 Soldaten in Bereitschaft, die wir in solchen Situationen rasch und flexibel einsetzen können“, so Hauptmann Markus Weggel vom Rotenburger Jägerbatallion. Diese Soldaten sind Teil einer Reserve aus 15.000 Soldaten und 18.000 Sanitätern, die der Bund deutschlandweit für Krisenzeiten bereithält. Aufgrund der aktuellen Situation hat General Martin Schelleis in dieser Woche das Kontingent vorübergehen auf 20.000 Soldaten erweitert, die nun bundesweit zur Amtshilfe einsetzbar sind. „Die meisten Gesprächspartner sind sehr kooperativ, die Gespräche verlaufen zumeist im freundlichen Ton“, erklärt Stefan Saathoff. Der Oberstabsgefreite hilft dem Landkreis bei der Kontaktpersonennachverfolgung am Standort Rotenburg. Er erfragt Symptome und erklärt den Betroffenen das weitere Vorgehen. „Viele wissen ja so in etwa, was da auf sie zu kommt und möchten ihren Teil dazu beitragen, die Krise zu bewältigen.“ Am Bürgertelefon sitzt derweil Oliver Böttcher vom Finanzamt. Eigentlich sind Steuern sein Berufsfeld, doch für die Zeit der Krise hilft er den Bürgern bei Fragen rund um das Thema Corona. „Viele, die sich nach einem Verdachtsfall selbst in Quarantäne begeben haben, warten schon ganz ungeduldig. Denen erkläre ich dann, dass wir personell am Limit sind und es deswegen so lange dauert.“ Im Großen und Ganzen verliefen die Gespräche allerdings ruhig und kooperativ. „Unser Bürgertelefon ist von Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr freigeschaltet. Bislang haben wir mehr als 5.000 Anrufe entgegengenommen“, erklärt Menzel. Ihr und ihren Kollegen beim Landkreis ist bewusst, dass ohne Finanzamt und Kaserne die Arbeit nicht mehr zu bewältigen wäre.
