Von der Schwierigkeit, mit der Wörpe ein benutztes Gewässer zu renaturieren - Von Christiane Looks

Ein Fluss für vieles

Die Wörpe bei Murkens Hof in Lilienthal hat den Charakter eines Kanals. Foto: Joachim Looks
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Steinfeld. Mein Interesse an unserer Region wurde maßgeblich durch die Zeit geprägt, als ich im Rahmen der Ausbildung Zeit- und Kulturgeschichte bei Professor Schwarzwälder studierte. Herbert Schwarzwälder vermochte als ehemaliger Gymnasiallehrer ungemein lebendig über Bremen sowie Nordwestdeutschland zu lehren und Vergangenes geradezu plastisch wiederauferstehen zu lassen.

Noch heute werde ich unwiderruflich bei der kleinen Lilienthaler Brücke über die Wörpe in den bremischen Ortsteil Verenmoor an Professor Schwarzwälders unvergessen anschauliche Darstellung der körperlichen Schwerstarbeit erinnert, mit der um 700 unserer Zeitrechnung mühsam der 1,50 Meter hohe Deich angelegt wurde, auf dem die Verenmoorer Häuser stehen.

Der Antiqua Sidewendike, wie dieser erhaltene Deich in Urkunden genannt wird, sollte, wie ein weiterer, um 800 errichteter und bis heute bestehender Hochwasserdeich nordwestlich Verenmoores Überflutungen der Wörpe bei der Höge eindämmen, einer ehemaligen Ringburg Karls des Großen. Ohne diesen, aus heutiger Sicht nur mit Wissen noch erkennbaren Schutz wäre das völlig unwegsame Gelände nicht nutzbar gewesen. So wurde gut 500 Jahre nach dem mühsamen Bau der Deiche im Bereich der teilweise natürlichen, teilweise aufgeschütteten Höge im Lilienthaler Ortsteil Frankenburg ein Zisterzienserinnenkloster gegründet, das aber bereits nach drei Jahren wegen ständigen Hochwassers der Wörpe wieder aufgegeben werden musste.

Mehrere Jahre war nicht so recht klar, wohin das Kloster umsiedeln sollte, ehe Mitte des 13. Jahrhunderts die Entscheidung fiel: Dort, wo sich heute in Lilienthal die Klosterkirche erhebt, entstand das neue Frauenkloster.

1260 wurde für das neue Kloster und eine dort vorgesehene Mühle die ursprünglich zur Höge führende Wörpe abgegraben und als Kanal umgeleitet. Wer heute von Murkens Hof aus kommend auf dem Mühlendeich entlang der neuen Wörpe flussaufwärts wandert oder Rad fährt, wird nicht umhin kommen, festzustellen: dieses Gewässer sieht auch achthundert Jahre danach wie ein Kanal aus. Naturnah ist selbst nach dieser langen Zeit und trotz vieler Stockenten mit niedlichem Nachwuchs nichts.

Die Wörpe ist ein ungefähr 30 Kilometer langes Fließgewässer, das seit der Umlegung bei Lilienthal in die Wümme fließt, während sie früher fünf Kilometer flussabwärts beim Hof Gehrden in den Fluss mündete. Das Quellgebiet der Wörpe liegt bei Steinfeld im Landkreis Rotenburg. Interessanterweise findet sich in gut zugänglichem Informationsmaterial der Hinweis, die Quelle seien Klärteiche, und tatsächlich gibt es im unmittelbaren Einzugsbereich solche Teiche. Als eigentlichen Ursprung der Wörpe sind sie jedoch nicht anzusehen.

Der Fluss wurde im Laufe der Zeit einer vielfältigen Nutzung unterzogen. Drei Mühlen arbeiteten mit seiner Energie, 19 Stauanlagen regulierten den Wasserstand, der Unterlauf erhielt immer mehr das Aussehen eines Kanals, wenig wurde sich selbst überlassen. Irgendwann kam die Erkenntnis, so konnte es nicht weiter gehen, ökologisch war das Bestehende wenig überzeugend. Also tat sich was: Sohlabstürze und Staustufen wurden durch Sohlgleiten ersetzt, Uferbereiche naturnäher gestaltet, Kieslaichplätze für Fische angelegt. Trotz fünfstelliger Investitionen blieb der Erfolg aber hinter dem zurück, was erhofft wurde. Der Wörpe fehlt es an Strukturvielfalt. Sie beispielsweise in Form von Mäandern wieder herzustellen, wäre eine Herausforderung.

Neugierig geworden auf diesen seit dem 13. Jahrhundert genutzten und entsprechend zurecht gebauten Fluss? Sein Potenzial als ein in die Landschaft eingefügtes Fließgewässers kann erahnt werden bei einem Blick vom Bullenberg an der L 132 nahe Steinfeld über Hagenheide, Hagen- und Lindenbruch.

Etwa 900 Meter von Steinfeld aus Richtung Zeven findet sich auf der rechten Seite der L 132 eine Art kleiner Parkplatz gegenüber dem Bullenberg. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite führt ein gekennzeichneter Radweg den Berg hinunter Richtung Lindenbruch. Der Weg versetzt nach ungefähr 350 Meter. An jenen Punkt gibt es einen weiten, beeindruckenden Blick über Lindenbruch, Hagenheide und -bruch hin zum Schierk, einem Wald bei Kirchtimke. Die auch dort begradigte Wörpe ist gut als von Schilf begleitete Linie zu erkennen.

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