Tarmstedt. Wer Kinder hat, kann ein Lied davon singen: Elektrospielzeuge aller Art, vom Mini-Roboter über Game Boy bis hin zur brabbelnden Babypuppe – alles was mit aufwendiger Technik zu tun hat, gibt seinen Geist auf, sobald die Garantie abgelaufen ist. Dann liegt es in der Ecke. Es war zu teuer, um auf den Müll zu wandern, aber Reparaturen sind so aufwendig, langwierig und kostspielig, dass es den Aufwand meistens nicht lohnt. Gäbe es da nicht den Spielzeugdoktor Thomas Lührsen in Tarmstedt.
Der gelernte Elektroinstallateur ist Hobbybastler der besonderen Art: Er repariert Elektro-Spielzeuge, und zwar kostenlos. Er tüftelt so lange, bis er den Fehler gefunden hat, schraubt, wechselt aus, fertigt neu an und wenn alles nichts hilft und ein Ersatzteil her muss, zahlt der Besitzer lediglich das auszuwechselnde Teil. Wer nicht selbst vorbeikommen kann, weil der Weg zu weit ist, kann ihm das defekte Teil zuschicken und zahlt lediglich das Rückporto, wenn kein Ersatzteil gekauft werden muss. Seine Motivation zieht er aus seiner Kinderfreundlichkeit: „Denn Kinder können nichts dafür, dass Spielzeughersteller generell so kalkulieren, dass Teile nur kurze Zeit halten sollen, um den Konsum anzukurbeln, und oft genug hängen die Kleinen derart an einem Spielzeug, dass große Traurigkeit herrscht, wenn es nicht mehr funktioniert“, sagt Lührsen.
Manchmal sind Reparaturen kompliziert, manchmal hängt der Fehler aber auch nur an einem Handgriff, oder es ist Batterieflüssigkeit ausgelaufen, ein Kunststoffteilchen ist zerbrochen. In den vielen Schubladen seiner überschaubaren Werkstatt sammelt Lührsen Ersatzteile, die vielfältige Verwendung finden. Technische Details erklärt er mit großer Geduld und noch mehr Fachwissen. Natürlich sind die meisten Reparaturen zeitaufwendig. Geduld müssen die Besitzer schon mitbringen, dafür ist die Erfolgsquote mit mehr als 90 Prozent aller Fälle aber sehr hoch, denn „geht nicht, gibt’s nicht“, ist das Motto des gebürtigen Wilhelmshaveners. Er probiert so lange herum, bis er den Fehler gefunden hat. Natürlich kommt es ihm auch darauf an, dass ein Spielzeug es wert ist, repariert zu werden. „Es gibt Elektro-Spielzeuge, die braucht die Welt nicht. Im Gegenteil, sie behindern eine kindgerechte Entwicklung, wie etwa diese japanischen Furbys, die ein undefinierbares Tier mit einem Eigenleben darstellen sollen. Sie reagieren mit sehr feinen, aber auch hochempfindlichen Sensoren elektrisch auf Berührungen, können sprechen, ihren Gesichtsausdruck und sogar ihren Charakter verändern. Spielerische Fähigkeiten oder Kreativität von Kindern werden dabei nicht gefördert. Man ist lediglich von der Betriebstauglichkeit, also dem Funktionieren, und von Batterien abhängig. Sie haben, wie übrigens viele andere Spielzeuge aus Fernost auch, Sollbruchstellen, was eine begrenzte Lebensdauer garantiert“. Lührsen, Vater von drei, inzwischen großen, Kindern bedauert, dass es sehr viel unsinniges Spielzeug auf dem Markt gibt. Es suggeriert Kindern in der Werbung Spaß und Unterhaltung, die meistens nur von kurzer Dauer ist und danach eher für Frust als für Freude sorgt. Sehr lieb sind ihm Spielzeuge, die noch mit Mechanik funktionieren und die für ihre Besitzer auch einen ideellen Wert haben. Nicht selten sind es Erwachsene, die es irgendwo im Schrank stehen haben, es hüten seit ihrer Kindheit und sich dann wieder freuen, wie seinerzeit als Kind, wenn die kaputten Teile wieder funktionieren. Dann gibt es Dankesschreiben mit anrührenden Untertönen. Dafür hat Lührsen inzwischen auf seiner Homepage ein Gästebuch eingerichtet, denn der Schriftverkehr wurde mit der Zeit zu umfangreich. „Die Eintragungen sind quasi mein Arbeitslohn und ich lese sie immer mit großer Freude“, sagt Lührsen, der gerne auch die Vorgehensweisen von Spielzeugherstellern kritisch hinterfragt. Per E-Mail an elektro-spielzeugdoktor@gmx.de können Interessierte Lührsen kontaktieren.
