Intermezzo (Folge 8): Die Verdener Band Fährhaus im Rundschau-Interview - Von Björn Blaak

Gelassenheit auf Deutsch

Die aktuelle Fährhaus-CD "Wir können auch anders" ist erhältlich für zehn Euro plus Versand über faehrhaus@t-online.de sowie bei I-Tunes und Amazon.
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Verden. Ein Ehepaar, ein Bassist, ein Schlagzeuger und ein Name: Fährhaus. So nennt sich die Verdener Band, die sich seit Anfang des Jahres dem Deutschpop verschrieben hat. Ihr Debütalbum heißt „Wir können auch anders“. Darauf zu finden sind zwölf Songs, die alle aus der Feder von Sängerin Marita Boettcher stammen. Sie, ihr Mann Matthias und Schlagzeuger Jörg Meyer schauten bei der Rundschau vorbei, um über ihren gelungenen Karrierestart, ihre aktuelle CD und über den Deich als Ideengeber zu reden.

Rundschau: Deutschpop, eine angesagte Musikrichtung: Was gab für Sie den Ausschlag, es damit einmal selbst zu versuchen?

Matthias Boettcher: Ich wurde richtig angestachelt durch „Sing mein Song“ mit Xavier Naidoo. Das finde ich so schön, die Live-Musik zu erleben. Das hat mir einen Schub gegeben.

Marita Boettcher: Silbermond und andere Künstler, die mir was zu sagen hatten und bei denen es auch groovt. Mit gefällt es, wenn es nicht nur darum geht, was ich dem Publikum sage, sondern dass es auch richtig gute Musik ist. Aber mir ist auch klar, dass wir nur wir sein können. Wir brauchen da niemanden kopieren.

Jörg, welche Drummer haben Sie als Vorbilder?

Jörg Meyer: Um deutsche Musiker zu nennen: Wolfgang Haffner und auch Jost Nickel, der bei Jan Delay Schlagzeug spielt.

Wann haben Sie Schlagzeug für sich entdeckt?

Jörg Meyer: Eigentlich schon im jungen Alter, da durfte ich aber nicht so, wie ich wollte. Erst später in der Schule hatte ich einen Musiklehrer, der mich gelassen hat und so konnte ich in den Pausen trommeln.

Marita Boettcher: Und heute hat er eine Drumschool in Rotenburg.

Wann und wo ist die Idee Fährhaus geboren?

Matthias Boettcher: Am Frühstückstisch haben Marita und ich eines Tages beschlossen, aus der Deutschpop-Idee richtig was zu machen und dafür eine Band zu gründen. Denn wir hatten den Gedanken bis dahin immer etwas stiefmütterlich behandelt.

Man muss auch warten können, zum Beispiel darauf, dass deutsche Musik wieder salonfähig ist. Hat Sie die aktuelle Entwicklung angetrieben, ernst zu machen?

Marita Boettcher: Ja, das stimmt schon, auf die Welle sind wir tatsächlich aufgesprungen. Ich hatte da so ein paar Stücke in der Schublade, die ich dann mal in die Welt geholt habe. Matthias hat dazu die Harmonien geschrieben, und dann haben wir die mal als Duo gespielt. So kamen wir auf den Geschmack. Und als wir uns dann richtig dazu entschieden hatten, dafür eine Band zu gründen, war das wie ein Startschuss für viele neue Textideen.

Wie entstehen die? Bei Spaziergängen auf dem Deich vor Ihrer Tür?

Marita Boettcher: Ja, genau. Die Ideen kommen, wenn ich alleine und in Bewegung bin. Irgendeine Melodie dudelt immer in mir.

Aber die Songs entstehen über den Text?

Marita Boettcher: Ja, erst nehme ich Ideen mit meinem Smartphone auf, später schreibe ich dann den kompletten Text und den gesamten Ablauf auf.

Und damit gehen Sie dann zu Ihrem Mann und...

Marita Boettcher: ...dann setzen wir uns gemeinsam hin und da wir uns gut kennen, ist es eine Arbeit von rund zwei Stunden, bis ein kompletten Song daraus entstanden ist. Den nehmen wir dann auf.

Matthias Boettcher: Dann kommt die Rhythmusgruppe ins Spiel bestehend aus Jörg Meyer, Christoph Wüstefeld am Bass und ich spiele Keyboards dazu.

Wie groß ist dann noch das Veränderungspotenzial. Wird noch viel an den Songs geschraubt oder bleiben sie so, wie sie sind?

Jörg Meyer: Klar gibt es noch Spielräume. Mir sind die Songs manchmal etwas zu gemütlich. Da versuche ich schon mal, es etwas peppiger zu gestalten, weil ich auch im Hinterkopf habe, die Songs tanzbarer zu machen. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht.

Jörg, wie ist das überhaupt für Sie, mit einem eingeschworenen Ehepaar zusammenzuarbeiten?

Jörg Meyer: Furchtbar (lacht). Nein, nein, wir kannten uns ja auch schon von früher und sind gut befreundet.

Also, ein kreatives Geben und Nehmen?

Matthias Boettcher: Ja, natürlich, Jörg ist ein toller Schlagzeuger. Er gibt den Songs oft erst den richtigen Schub. Das ist schon toll.

Marita Boettcher: Es ist schon ein Erlebnis, mit seinem Song in die Band zu gehen. Zwischen meinen ersten Textzeilen und dem fertigen Song liegen manchmal Welten.

Wenn ich das richtig sehe, hängt viel an Ihnen, Marita. Wenn Sie ohne Textidee vom Deich wiederkehren, was dann?

Marita Boettcher: Ich habe Ideen, natürlich, aber ich bin auch keine Solistin. Es ist das Zusammenspiel. Ich will Teamer sein. So habe ich Ideen, wie die anderen auch und zusammen ist das eine richtig gute Sache. So kann man zwar sagen, ohne Marita ginge es nicht, aber auch nicht ohne Matthias oder Jörg oder Christoph.

Wie kamen Sie auf den Namen Fährhaus?

Marita Boettcher: Tatsächlich haben wir uns nach einem Fährhaus im Verdener Stadtteil Rieda benannt. Von dort fuhr bis 1958 wirklich eine Fähre über die Weser. Später war das dann eine Kneipe. An das Haus knüpfe ich viele Kindheitserinnerungen, da ich in Rieda geboren bin. Das Haus stand später lange Zeit leer und wir haben es irgendwann gekauft. Nun wohnen wir da, wo früher die Kneipe gewesen ist. Und der Raum, in dem wir heute Musik machen, ist das ehemalige Clubzimmer. Der alte Fährmann hatte dort übrigens zuvor sein Schlafzimmer gehabt. Und durch diese ganze Geschichte lag es nahe, dass wir unsere Gruppe Fährhaus nennen.

Nun hatten Sie Songs in der Schublade, einen Bandnamen im Kopf und einen Übungsraum im Haus. Wie lange dauerte der Prozess von der ersten Idee zum ersten Tonträger?

Matthias Boettcher: Gar nicht lange. Anfang des Jahres haben wir angefangen, Songs einzuspielen. Im März waren wir im Studio.

Was stellen Sie sich vor, welche Menschen hören Ihre Musik?

Matthias Boettcher: Sie könnten die hören.

Marita Boettcher: 50plus, Menschen, die nicht das Gefühl haben, dass sie nun bald Rentner sind. Menschen in unserem Alter werden immer mehr, nicht nur im Publikum, sondern auch auf den Bühnen.

Matthias Boettcher: Sie sind auch anspruchsvoller.

Marita Boettcher: Ja, und da finde ich mich auch wieder. Ich weiß, wie alt ich bin, aber ich weiß auch, wer ich bin, was in mir drin ist, und das halte ich nicht zurück. Es ist heute egal, wie alt man ist. Das wäre vor zehn Jahren so noch nicht denkbar gewesen.

Jörg Meyer: Ich finde auch, man sollte nicht von vornherein sagen, der Zug ist abgefahren und sich irgenwelche Schranken auferlegen.

Wie sind Ihre ersten Fährhaus-Bühnenerfahrungen?

Jörg Meyer: Es ist egal, vor wieviel Leuten man spielt. Aber für mich ist es ein großer Unterschied, ob ich als Musiker reine Dienstleistung betreibe, also Partymucke spiele, oder ob es eigene Musik ist. Da bin ich dann schon etwas nervöser. Aber egal, ob es zwei Leute sind oder 2.000, man muss immer versuchen, sein Bestes zu geben.

Marita Boettcher: Ich finde es schwieriger, je privater der Auftritt ist, und je mehr Menschen man im Publikum kennt. Wenn du einem Bekannten während des Auftrittes in die Augen schaust, musst man ganz schön bei sich bleiben.

Was möchten Fährhaus auf der Bühne: Spaß haben, Menschen unterhalten oder eine Botschaft transportieren?

Marita Boettcher: Eine Botschaft rüberbringen. Ich, immer.

Jörg Meyer: Wenn die Menschen mit den Texten etwas anfangen können und den Groove mögen, dann macht das schon Spaß.

Sie sind in zwei Kategorien beim Deutschen Rock-und-Pop-Preis nominiert und werden am 10. Dezember in der Siegerlandhalle vor einem großen Publikum auftreten. Wie kam es dazu?

Marita Boettcher: Nun, wir haben uns einfach mal beworben. Ich sagte mir, wieso denn nicht, wir können ja auch was. Ich wollte, dass unsere Musik mal von einer Fachjury bewertet wird. Und siehe da, eines Tages bekamen wir Post, und in der stand, dass wir nominiert sind.

Und mit der Post kam auch die Angst vor der eigenen Courage?

Matthias Boettcher: Noch nicht.

Jörg Meyer: Wir decken uns noch rechtzeitig mit Beruhigungsmitteln ein (lacht). In welchen Kategorien ist Fährhaus nominiert?

Marita Boettcher: Wir sind in einer der acht Hauptkategorien nominiert als Newcomer des Jahres und in einer Nebenkategorie als bestes deutschsprachiges Popalbum.

Matthias Boettcher: Und dort, das wissen wir jetzt schon, sind wir unter den besten Drei. Es kann also sein, dass wir das beste deutsche Popalbum 2016 produziert haben.

Klingt nach einem ordentlichem Karriereschub.

Matthias Boettcher: Wenn das schöne Auftritte nach sich zieht, wäre es eine tolle Sache.

Wo will Fährhaus hin?

Matthias Boettcher: Schauen wir mal.

Marita Boettcher: Wir lassen es auf uns zukommen. Dabeisein und weitermachen. Wir wissen ja, unsere Musik ist speziell. Nicht jeder mag gerne deutschsprachige Musik. Aber es gibt genug, die deutsche Lieder hören wollen. Und wir wollen unsere Musik eben auch verkaufen. Sie soll ja in die Welt hinaus, dafür haben wir sie gemacht. Für mich gibt es da keine Grenzen.

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