Egal ob steiniger oder sandiger Untergrund: Der Wacholder ist ein echter Verwandlungskünstler - Von Christiane Looks

Ein Sonnenanbeter

Westerescher Wacholderpark in der Sommersonne. Foto: Joachim Looks
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Westeresch. Diskussion im Freundeskreis um das Lied „Dar weer een mal ne lüttge Buurdeern“. Es ging um den „Machandelbaum“ in der letzten Liedstrophe. Einer aus unserer Runde behauptete, es gäbe ein Machandelbaum-Märchen in der Grimmschen Märchensammlung. Ich war mir sehr sicher, dass dies nicht zutraf und holte zum Beweis die vollständige Ausgabe der Grimmschen „Kinder- und Hausmärchen“ aus meinem Elternhaus.

Das Buch wies zahlreiche Gebrauchsspuren auf und in seinem Inhaltsverzeichnis fand sich tatsächlich kein Märchen über einen Machandelbaum. Am Ende der langen Märchenliste im Verzeichnis gab es aber den Hinweis auf ein Nachwort. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals einen Blick in diesen Buchteil geworfen zu haben. Der flüchtige Blick in die Seiten überraschte, denn der Verlag erläuterte, dass darauf verzichtet wurde, weiterhin das uralte Märchen „Von dem Machandelboom“ in der Sammlung zu belassen, weil es in gewisser Weise schwer zu begreifen sei, wie es hieß. Neugierig geworden machte ich mich in den folgenden Tagen auf die Suche nach dem ausgesonderten Märchen und in der Tat, sein Inhalt hat das Zeug zum Krimi, der trotz seines guten Ausgangs möglichst nicht vorm Einschlafen gelesen werden sollte.

Machandel ist der niederdeutsche Name für den gemeinen oder gewöhnlichen Wacholder (Juniperus communis), auch Heide-Wacholder genannt. Ein Machandelbaum ist also ein Wacholderbaum der gemeinen Art. Er wird ungefähr 12 bis 18 Meter hoch, kann einen Stammdurchmesser von fast einem Meter entwickeln und 600 bis 800 Jahre alt werden. Es gibt sogar Quellen, die von 1.000 bis 2.000 Jahren sprechen. Das mag lebhafter Phantasie entsprungen sein, doch im Juragebirge der Schweiz soll es tatsächlich einen tausendjährigen Wacholder in der Gemeinde Les Planchettes auf über 1.000 Meter Höhe geben.

Gartenbücher empfehlen den gemeinen Wacholder als unkompliziertes Gewächs. Ganz im Gegensatz dazu steht die nicht abgeschlossene wissenschaftliche Diskussion, wie viele Arten-, Unterarten- und Varietäteneigenschaften Wacholder habe. Ungewöhnlich für einen eigentlich als gewöhnlich bezeichneten Baum. Aber wie meistens ist die Sachlage kompliziert, da es zusätzlich auch noch eine Vielzahl an gezüchteten Sorten gibt. Beispiele gefällig? Den gewöhnlichen Wacholder gibt es zum Beispiel auch als Juniperus communis Depressa Aurea, ein Zwergwacholder mit 60 Zentimetern Höhe, aber zwei Metern Breite. Oder als Zwerg-Säulenwacholder mit nur 75 Zentimetern Höhe und dem wohlklingenden Namen Juniperus communis Compressa. Neben der in Märchen als Trauernde beschriebenen Säulenform finden sich also auch mal breit lagernde und Mini-Exemplare. Welch gestalterische Chance, die viele Gärtnerherzen in die Höhe hüpfen lässt!

Es erstaunt also keinesfalls, dass gut sortierte Baumschulen selbstverständlich mehrere Arten, Unterarten, Varietäten oder Sorten von Juniperus communis im Angebot haben.

Werden alle in Frage kommenden Vertreter berücksichtigt, behaupten Fachkreise, sei der gewöhnliche Wacholder das weltweit am weitesten verbreitete Nadelgehölz. Das müssen andere Gehölze erst einmal schaffen!

Wacholder macht vieles mit. Trockenheit? Kommt er mit klar. Sandiger Standort? Akzeptiert. Steinig? Bitte bei Juniperus communis var. saxatilis, dem Alpen-Wacholder melden. Moorfläche? Naja. Wasserfläche aber bitte gar nicht. Entwässertes wird genommen. Alles unter einer entscheidenden Voraussetzung: Licht! Juniperus communis ist ein absoluter Sonnenfan. Das ist sein Problem. Steht er in Konkurrenz zu anderen Bäumen, gibt er auf. Nicht sofort, aber mit wachsender Beschattung. Gewöhnlicher Wacholder hat nur im Offenland eine Überlebenschance. So wundert es nicht, dass er mittlerweile bei uns auf der roten Liste steht und sich nur noch auf landschaftspflegerisch betreuten Standorten wie in entsprechend gepflegten Heidegebieten halten kann.

Im Altkreis Rotenburg gibt es sechs unter Schutz gestellte Wacholderparks. Einer von ihnen liegt nördlich von Westeresch an der K 225 nach Sothel. Diese Straße heißt Dunkhorst und trifft ungefähr 350 Meter nach der letzten Bebauung auf einen Gehölzbereich vor allem rechtsseitig der Kreisstraße. Linkerhand geht ein befestigter Weg nach Oldenhöfen ab, rechts einer nach Wenkeloh. In dem nördlichen Bereich zwischen Dunkhorst und dem Verbindungsweg Richtung Wenkeloh liegt der Wacholderpark mit imposanten Gruppen des gemeinen Wacholders.

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