BUND beklagt Baumfällungen und fehlende Ersatzpflanzungen - Von Nina Baucke

6.700 zu 806

Wo einmal ein Baum stand: Wie entlang der Kreisstraße von Reeßum nach Taaken habe der Landkreis unverhaltnismäßig viele Bäume gefällt, beklagt der BUND. Foto: Andreas Schultz
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Landkreis Rotenburg. Bis ein Baum eine gewisse Größe hat, vergehen Jahre. Das Fällen wiederum ist mitunter in wenigen Minuten erledigt. In den vergangenen Jahren allerdings kam im Landkreis sehr oft die Säge zum Einsatz – zu oft, beklagt nun Manfred Radtke, Vorsitzender des BUND Rotenburg. Denn eine Anfrage an den Landkreis ergab: In den vergangenen fünf Winterhalbjahren waren es entlang der Kreisstraßen 6.700 Bäume, die weichen mussten. Die Zahl der Nachpflanzungen dagegen liegt bei 806.

Mehrere Bürger hatten Radtke über längere Zeit auf zahlreiche Baumfällungen hingewiesen. „Als die Antwort vom Landkreis kam, traf mich fast der Schlag“, sagt der Rotenburger. Vor allem, was das Ungleichgewicht zwischen Entnahme und Nachpflanzung angeht: „Denn das bedeutet, dass nur für jeden achten Baum ein Ersatz gepflanzt wurde.“

Die betroffenen Arten sind Pappel, Kastanie, Linde, Ahorn, Eiche, Birke, Weide, Kirsche, Apfel, Kiefer, Akazie, Erle, Eberesche, Vogelbeere und Lärche. Ein Rekord erreichten die Baumfällungen im vergangenen Winter 2018/19 mit 1.700 Bäumen. Gemeinsam mit seinen BUND-Mistreiterinnen Hilde Wirges und Chrsitiane Chromow-Thiart will er auf das Verhalten des Landkreises aufmerksam machen.

Die Kreisverwaltung führt in seinem Antwortschreiben verschiedene Gründe auf konkrete Baumentnahmen an: Zwischen Benkeloh und Vahlde ging es um die Sicherstellung des Wasserabflusses, zudem seien die Erlen abgängig gewesen. Zwischen Reeßum und Taaken führte ein externes Gutachten zur Fällung. Entlang der Strecke von Horstedt nach Clünder hätten die dort gefällten Pappeln den Radweg beschädigt und weitere Bäume das Lichtraumprofil eingeengt. Im Abschnitt von Wittkopsbostel nach Sothel hatte der Landkreis Linden entfernen lassen. Diese sollen nach der Sanierung des Radweges ersetzt werden, um die Entstehung einer neuen, gut entwickelten Baumreihe zu ermöglichen.

„Dabei gelten im wesentlichen die Richtlinen für den passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme, nach dem Bäume zur Absicherung von Gefahrenstellen gefällt werden dürfen sowie Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäumen. Aber nach Auskunft der Verwaltung gibt es im ganzen Landkreis Rotenburg keine einzige Gefahrenstelle. Das bedeutet, dass praktisch alle Bäume an unseren Kreisstraßen einen Bestandsschutz haben“, kritisiert Radtke. „Ich frage mich, warum dann die Bäume gefällt werden. Auch das Bundesnaturschutzgesetz sieht vor, Bäume zu erhalten. Diese wesentlichen Regelwerke kommen in der Antwort gar nicht vor.“

Das geht auch anders, ist die Überzeugung von Chromow-Thiart: „Das sieht man an den Eichen am Ortseingang Sottrum, wo eine stellenweise Verengung der Fahrbahn die Gefahrenstelle entschärft haben. Das könnte zum Beispiel auch an der Kreisstraße zwischen Scheeßel und dem Neubaugebiet eine Lösung sein.“

Das Bundesnaturschutzgesetz sieht zudem einen Ausgleich vor. „Es muss eins zu eins eine Ersatzpflanzungen vorgenommen werden“, fordert Radtke. Das beträfe auch die Fällungen der vergangenen Jahre, da habe der Landkreis die Ersatzpflanzungen nachzuholen. „Erst vor kurzem haben Wissenschaftler auf die Bedrohung von einer Million Tier- und Pflanzenarten hingewiesen. Und der Landkreis zerstört hier Lebensräume.“ 648 Kilometer Kreisstraße ziehen sich durch den Landkreis, entlang derer sollte nach Ansicht des BUND neben dem Erhalt der Bäume Büsche gepflanzt werden, um Biotopverbundfläche zu schaffen. „Statt dessen wird alles kahl gefräst“, monieren die Umweltschützer.

Dazu kommt, dass die Fällung der Bäume laut BUND-Rechnung Vernichtung öffentlichen Eigentums ist und einen Vermögensschaden darstellt. „In welcher Größenordnung sich das bewegt, lässt sich nur grob abschätzen“, so Radtke. Eine vom BUND herangezogene Veröffentlichung zum Baumwert sieht allerdings eine Berechnung mit 512 Euro für einen Baum vor. „Gehen wir davon aus, dass in den vergangenen Jahren etwa 10.000 Bäume gefällt wurden, erreicht der vernichtete Wert eine Größenordnung von 5,12 Millionen Euro. Darin sind die Kosten der vorgeschriebenen Ersatzpflanzungen noch nicht einmal enthalten“, führt Radtke darüber hinaus an. Diese lägen pro Baum bei 1.025 Euro. „Ein unglaublicher Schaden“, so Radtke.

Mit ihrer Initiative wollen die drei BUND-Aktivisten erreichen, dass das Thema der Baumfällungen auf die Tagesordnungen der Kreistagsgremien gelangt und haben dafür sämtliche Fraktionen und Entscheidungsträger angeschrieben. Chromow-Thiart hofft am Ende auf einen „gläsernen Weg“ der Verwaltung: „Damit der Bürger weiß, warum und wann etwas passiert.“

Die Unterlagen und Schreiben sind auch auf der Internetseite des BUND einsehbar: unter http://rotenburg.bund.net/.

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