Johannes Siglochs Hobby: der Bau elektrischer Gitarren

"Sie kochen alle nur mit Wasser"

(jrw) Eine Gitarre, ganz nach den eigenen Vorstellungen gebaut, von Technik, Klang, Form und Farbe her eine ganz individuelle Anfertigung - welcher Musiker hätte davon nicht schon geträumt? Aber ist so etwas bezahlbar? Und: Wo ist so etwas möglich? Fragen, auf die es eine erstaunliche Antwort gibt. In Hassendorf bei Johannes Sig-loch. Der Bau elektrischer Gitarren ist sein größtes Hobby.

Anfangs war es vor allem Geldnot, die Sigloch dazu brachte, abends an seiner Gitarre "rumzuschrauben". Das war in der Zeit, als er mit seiner Frau getauscht hatte und tagsüber für den Haushalt zuständig war, während sie arbeiten ging. Abends spielte er Gitarre in verschiedenen Bands. Erst waren es nur notwendige Reparaturen, die er an seinem Instrument selbst durchführte, dann Verbesserungen und schließlich - nachdem er stundenlang einschlägige Fachpresse gewälzt hatte - der Versuch, eine Gitarre von Anfang bis Ende selber zu bauen. Zwar funktionierte bei weitem nicht alles, schnell aber kam er zu der Erkenntnis, daß "alle in dem Gewerbe nur mit Wasser kochen". Viele der bekannten Firmen seien "von echten Freaks gegründet" worden. Und die meisten von ihnen hätten die Produktion in der heimischen Garage begonnen. Die zum Bau einer Gitarre notwendigen Teile - Elektrik, Mechanik, Tonabnehmer, Saiten und Holz - können im Fachhandel problemlos besorgt werden. Und welche Teile "gut" sind, das hängt zum Großteil vom eigenen Geschmack ab, die Fachpresse informiert darüber aber auch ausführlich. Großer Vorteil beim Bau elektrischer Gitarren: Die Komponenten, aus denen sie bestehen, können einzeln gefertigt werden. So ist beispielsweise nicht gleich das gesamte Instrument zerstört, wenn die Mensuren am Gitarrenhals falsche Abstände haben. Die Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Komponenten sind schier unerschöpflich. Gerade die Verbindung der Komponenten, wie die von Hals und Korpus, stellt ein weites Feld zum Experimentieren dar. Genauso die Plazierung der Tonabnehmer. Das Tüfteln fängt im Grunde schon bei der Wahl des Holzes an: Ahorn, Linde, Mahagoni, Esche, Pappel, Birne - kaum ein Holz, abgesehen von zu feuchtem oder astlochübersätem, ist grundsätzlich ungeeignet. Beim E-Gitarrenbau, so hat Sigloch festgestellt, ist die Wahl des Holzes sehr viel wichtiger als beim traditionellen Bau akustischer Gitarren. Die nämlich könnten theoretisch gar aus Pappe gebaut werden ohne den Klang wesentlich zu verschlechtern. Wichtig sei der Resonanzraum. Eine elektrische Gitarre muß ohne einen solchen Resonanzraum auskommen. Hier ist es der Korpus aus massivem Holz, der - durch die Saiten angeregt - schwingt und die Schallwellen auf den Tonabnehmer wirft. Die Form des Korpus hat dabei kaum Auswirkungen auf den Klang, wohl aber die Holzart. Jede entwickelt einen ganz eigenen Klangcharakter. "Eigentlich ein Widerspruch", räsoniert Sigloch: Da wird in mühevoller Kleinarbeit das Klangbild bis in die kleinste Nuance ausgefeilt, um dann mit dem Verzerrer die Klangschattierungen wieder auszuradieren. "Der Sound ist eben kein Schreibtischprodukt", ist sich Sigloch im klaren und bedauert dies auch nicht. Gerade die Verbindung von Handwerk und Technik mache den E-Gitarrenbau reizvoll - wobei nicht mal eine "Wahnsinnswerkstatt" vonnöten sei. Im Gegenteil: Bandsäge, Fräse, spezielle Präzisionssägeblätter zum Einpassen der Bundstäbchen und Geduld reichen aus, um die Produktion aufzunehmen. Etwa ein Wochenende braucht Sigloch, um eine komplette Gitarre inklusive Lackierung fertigzustellen. Die Kosten allein für das Material liegen bei etwa 1.200 Mark. "Eigentlich zuviel, im Großeinkauf fällt nur ein Bruchteil der Kosten an", weiß er. So ist auch zu erklären, daß eine gute "Industrie"-Gitarre schon für 600 Mark zu haben ist, während für eine von Siglochs Gitarren - Arbeitsaufwand mit eingerechnet - rund 3.000 Mark fällig wären. Seit einiger Zeit schon nimmt er allerdings keine Aufträge mehr an, bastelt nur noch nebenher an einer Gitarre und einem Bass. Das Einarbeiten in eine neue Stelle hat Zeit und Kraft in Anspruch genommen. Auch musikalisch hat Sigloch vor, neue Wege zu gehen: Eine neue Band soll formiert werden. Da bleibt wenig Zeit für das kreative Hobby. Ganz aufgeben will er es aber nicht. Schön sei gerade, daß im handwerklichen Bereich die Erfolge unmittelbar sichtbar würden - ganz anders als im Berufsleben, wo meist mit dem Kopf gearbeitet werde. Diesen Ausgleich möchte er nicht missen, doch gewerblich will er den Gitarrenbau nicht betreiben. Nicht mehr, denn eine Zeitlang hatte er durchaus diese Perspektive. Doch das restriktive deutsche Gewerberecht verlangt von allen, die den Beruf des "Zupfgitarrenbauers" ausüben - so lautet die offizielle Bezeichnung - die entsprechende Ausbildung vorzuweisen. Diese hat er als studierter Sozialpädagoge nicht und möchte sie auch nicht nachholen. Schließlich hat er fünf Kinder zu versorgen. Eine Verantwortung, die unüberlegte berufliche Experimente verbietet. Gerade auch, weil der Markt für Gitarrensonderanfertigungen alles andere als groß ist. Bedarf sieht Sigloch allerdings im Bereich von Reparaturen. Kaum ein traditioneller Gitarrenbauer bietet diese für elektrische Gitarren an, gleiches gilt für den Austausch einzelner Komponenten, die auf eine Verbesserung des Instruments abzielen. So könnte er sich durchaus vorstellen, eines fernen Tages Griffbretter - auch gewerblich - anzubieten, die mit aufwendigen Einlegearbeiten verziert sind - interessant für alle, die ihrem Instrument einen individuellen Charakter verleihen möchten. Schon immer wollte er sich mit Lackierungen beschäftigen - auch hier gibt es bislang nur wenige Anbieter auf dem Markt. "Ein Lack kann den Klang einer Gitarre nicht verbessern, aber erheblich verschlechtern" mahnt Sigloch zur Vorsicht. Und was rät ein alter Hase wie Johannes Sigloch Anfängern auf dem Instrument? Eine passable Anfängerausstattung sei komplett schon für etwa 1.500 Mark zu erstehen. Unbedingt empfiehlt er jedoch, einen Fachmann mit ins Musikgeschäft zu nehmen. Tatsächlich verberge sich hinter so manchem Angebot nämlich "richtiger Schrott". Und: "Nach wie vor kommt beim Gitarrenspiel das meiste aus den Fingern." Vor teuren Anschaffungen lohnt es also allemal, zunächst das eigene Talent zu prüfen...

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