Beate Mitzlaff meldet sich zu Wort

Verläßliche Grundschule

(ar). Bis kommenden Mittwoch dauert die Dialogphase zur verläßlichen Grundschule. Dann, so die Zielsetzung im hannoverschen Leineschloß, müssen Kommunen, Lehrer und Eltern das Reformprojekt, das im August mit 100 Grundschulen starten soll, umfassend geprüft haben. Mit der seit Wochen laut vorgetragenen Ablehnung hätten allerdings weder Kultusministerin Renate Jürgens-Pieper noch Beate Mitzlaff, Vorsitzende des Sottrumer SPD-Ortsvereins, gerechnet. "Ein Nein zur verläßlichen Grundschule ist eine Ohrfeige für die, die auf feste Betreuungszeiten angewiesen sind", so die Hellwegerin in einem Interview mit Rundschau-Mitarbeiterin Astrid Röben.

Rundschau: Die Gegner fürch-ten unter anderem, daß die Schulen auf unqualifiziertes Betreuungspersonal zurückgreifen werden, um für die beiden ersten Klassen den Vormittag von 8 bis 13 Uhr bei lediglich vier Stunden Unterricht gewährleisten zu können. Warum ist das Argument "Verläßlichkeit auf Kosten der Qualität" in ihren Augen falsch? Mitzlaff: Es scheint so, daß alles, was nicht Lehrer ist, unqualifiziert sei. Da stimme ich nicht zu. Im Kindergarten wissen die Eltern, daß ihre Kinder bei den Erzieherinnen gut aufgehoben sind. Und das soll im Grundschulalter plötzlich nicht mehr so sein? Das kann ich mir nicht vorstellen. In der ersten Stunde, die als offener Anfang gestaltet wird, soll auf keinen Fall Unterricht stattfinden. Wenn diese Betreuungszeit in die letzte Schulstunde rückt, kann bereits Hausaufgabenhilfe angeboten werden. Dafür braucht niemand ein pädagogisches Studium. Außerdem: Das Personal, das eingestellt wird, kann durch die Schulen selbst ausgewählt werden. Keine Betreuungskraft wird zugewiesen. Deswegen verstehe ich die Kritik überhaupt nicht. Vielmehr denke ich, daß die Schulen für das zur Verfügung stehende Budget sehr qualifizierte Leute bekommen können. Rundschau: Wie sieht diese Budgetierung genau aus? Mitzlaff: Die Schulen bekommen je Klasse eins und zwei 32,59 Mark pro Stunde. Das nicht ausgegebene Geld steht der Schule trotzdem zur Verfügung. Rundschau: Warum ärgert sie die Kritik der Eltern, die Verläßliche Grundschule sei ein in ein Reformmäntelchen gehülltes Sparpaket? Mitzlaff: Flächendeckend die volle Halbtagsschule einzuführen, ist nicht finanzierbar. Von Sparen kann doch nur dann gesprochen werden, wenn alle Grundschulen Niedersachsens bereits jetzt Volle Halbtagsschulen wären. Außerdem kostet auch die Verläßliche Grundschule. Und zwar enorm. Rundschau: Was passiert jetzt mit den 271 vollen Halbtagsschulen, die im Land Niedersachsen derzeit im Primarbereich existieren? Mitzlaff: Diese Schulen werden umgewandelt, was für die natürlich ein echter Nachteil ist, das gebe ich zu. Für alle anderen rund 1.300 Grundschulen bringt die verläßliche Grundschule jedoch nur Vorteile. Im Landkreis Rotenburg wollte bis jetzt niemand eine volle Halbtagsschule haben. Nie wurde ein entsprechender Antrag gestellt. Rundschau: Und warum, glauben sie, wehren sich die in der GEW organisierten Lehrer gegen die verläßliche Grundschule? Mitzlaff: Es ist die Angst vor etwas Neuem. Die Schulen fürchten die Mehrarbeit. Nichts destotrotz haben sie viele Vergünstigungen. Unter anderem die 100prozentige Unterrichtsversorgung, die durch mehr zur Verfügung gestellte Lehrerstunden gewährleistet werden soll. Rundschau: Die GEW kritisiert, daß der Förderunterricht auf freiwilliger Basis am Nachmittag stattfinden soll, ohne daß ein Schülertransport vorgesehen wäre. Mitzlaff: Wann Förderunterricht gegeben wird, liegt im Ermessen der jeweiligen Schule. Beispielsweise kann dies während des offenen Anfangs geschehen. Kinder, die am Förderunterricht teilnehmen, werden von einer Lehrkraft betreut, die übrigen Kinder durch die Betreuungskraft. Rundschau: Die GEW fragt sich, was passiert, wenn eine Lehrkraft über einen längeren Zeitraum erkrankt, das Budget der Schule aber erschöpft ist? Mitzlaff: Die sogenannten Feu-erwehrkräfte bleiben nach wie vor erhalten. Was in der Vergangenheit mehr oder weniger gut geklappt hat wird auch künftig mehr oder weniger gut klappen. Rundschau: Müssen alle Schulen eines Schulträgers gleichzeitig mit der verläßlichen Grundschule anfangen? Mitzlaff: Nein. Es geht nach und nach, es muß nur ein Konzept mit der grundsätzlichen Zusage da sein. Die Schulen müssen sich festlegen, wann sie beginnen möchten. 100 ausgewählte Grundschulen fangen in 1999 an. Es gilt, Erfahrungen zu sammeln. Was nicht so gut läuft, wird nachgebessert. Ich würde mir wünschen, daß die Grundschulen der Einführung positiv entgegensehen und nicht nur vermeintlich Negatives, sondern auch die Vorteile der verläßlichen Grundschule beachten. Mit dieser Einstellung wäre eine Diskussion über Veränderungen, wenn sie denn nötig wären, leichter zu bewerkstelligen. Etliche Lehrer beklagen, daß die Kinder teilweise "auf der Straße liegen" oder im Elternhaus schlecht betreut werden. Dies könnte nun geändert werden. Trotzdem diese breite Front der Ablehnung. Wer soll das noch nachvollziehen?

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