Kinderschutzprojekt wird ohne Gemeinde realisiert

Doch Notinseln in Scheeßel

Scheeßeler Unterstützer des Notinsel-Projekts (von links): Anja Bammann, Hauke Hollmann, Britta Storch-Jochimczyk, Steffi Hassemer, Sali Bastert, René Berends und Samira Shams Foto: Ricci
 ©Rotenburger Rundschau

(ari). Am Anfang stand ein Brief. Anja Bammann, Mitglied der Elternvertretung des Kindergartens Westerholz, schrieb an die Verwaltung. Sie regte an, dass sich Scheeßel als zweite Gemeinde Niedersachsens nach Visselhövede am Notinsel-Projekt der Stiftung Hänsel und Gretel beteiligen solle. Dabei handelt es sich um ein in Baden-Württemberg entwickeltes Konzept für besseren Kinderschutz. Die Idee: Geschäfte und Büros entlang von Haupt-Schulwegen werden durch markante Aufkleber gekennzeichnet, die Kindern und Jugendlichen signalisieren, dass sie hier Zuflucht und Hilfe finden, sollten sie sich von irgendwem bedroht oder belästigt fühlen.

Der Ball kam ins Rollen, die Sache wurde erst dem Jugendausschuss, anschließend dem Gemeinderat vorgelegt. Doch bei den Mandatsträgern überwog die Skepsis. Von den Fraktionen unterstützten einzig die Sozialdemokraten das Vorhaben von Beginn an uneingeschränkt. Andere bezweifelten, dass das Notinsel-Projekt für eine ländlich geprägte Gemeinde wie Scheeßel passend sei. Bauchschmerzen bereitete zahlreichen Lokalpolitikern und der Bürgermeisterin Käthe Dittmer-Scheele zudem der Franchisevertrag, den die Gemeinde mit der Stiftung Hänsel und Gretel hätte schließen müssen. Er bürdet der Verwaltung zahlreiche Pflichten auf. Das böse Wort vom "Knebelvertrag“ ging um (die Rundschau berichtete). Am Ende vertagte das Lokalparlament eine endgültige Entscheidung. Angesichts des Stimmungsbildes innerhalb der CDU-Mehrheitsfraktion zeichnete sich jedoch ab, dass Notinseln in Scheeßel nur eine Chance gehabt hätten, wenn entweder der Vertragsentwurf nachverhandelt oder ein von der Stiftung unabhängiges Projekt "made in Scheeßel“ ins Leben gerufen würde. "Ich war entsetzt“, fasst Bammann ihre Eindrücke zusammen. Sie hätte sich ein klares Votum der Entscheidungsträger gewünscht, um zu wissen, woran sie ist - statt dessen geriet ihr Notinsel-Vorstoß nun immer tiefer in die Strudel parteipolitischer Zänkerei. Doch die zielstrebig agierenden Elternvertreterinnen wollten sich damit nicht abfinden. Ungeduldig suchten sie nach einer Möglichkeit, das von ihnen gewünschte Projekt schnell und ohne Abstriche Wirklichkeit werden zu lassen. "Wir sind nicht auf die Gemeinde fixiert“, erläutert Sali Bastert vom Gemeindeelternrat ein wenig trotzig. Die Beharrlichkeit Basterts und ihrer Mitstreiterinnen hat sich nun ausgezahlt: Scheeßel wird Notinsel-Standort ohne Wenn und Aber. Statt der sich zierenden Gemeinde tritt der 2000 in Visselhövede gegründete, inzwischen in Scheeßel ansässige Verein "Leben für Kinder“ als Vertragspartner der Stiftung Hänsel und Gretel auf. Das Engagement des Vereins kam auf Initiative von Schriftführerin Steffi Hassemer zustande, die aus der Presse vom Scheeßeler Notinsel-Vorhaben samt den aufgetretenen Unwägbarkeiten erfuhr. "Das Projekt wird zügig umgesetzt“, verspricht Vereinsvorstand Ren' Berends. Der Franchisevertrag ist bereits unterzeichnet, die anfallenden Startkosten über 1.500 Euro schießt der Verein vor. Anschließend werden sie mit eingehenden Spenden verrechnet. Parallel zum Summer-Midnight-Shopping am kommenden Freitag, 27. Juni, soll das Notinselprojekt sowie der Verein "Leben für Kinder“ im Rahmen eines Flohmarkts der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Einnahmen der Veranstaltung fließen dem Projekt zu, Standanmeldungen sind unter Telefon 04263/911400 möglich. Problematische Passagen im Franchisevertrag könne er nicht erkennen, sagt Berends. Man warte nur noch auf die notwendigen Aufkleber und Prospekte der Stiftung, die in den kommenden drei Wochen eintreffen sollen. Teilnehmende Geschäftsleute erhielten sodann eine kurze Einweisung darin, wie sie sich in Notfällen richtig verhalten – und schon kann es losgehen. Der Scheeßeler Gewerbeverein hat seine Unterstützung bereits fest zugesagt. "Das läuft wunderbar unbürokratisch“, freut sich Bammann in Anspielung auf die zuvor gemachten Erfahrungen mit den sperrigen Abläufen in Politik und Verwaltung. Nachtragend zeigen sich die Notinsel-Initiatoren indes trotz mancher Enttäuschung nicht. So soll Bürgermeisterin Dittmer-Scheele Schirmherrin des Projekts werden. Eine entsprechende Anfrage liegt der Verwaltungschefin bereits vor.

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