Günther Frick (79) arbeitet seit fünf Jahren an der neuen Hetzweger Dorfchronik

Beim Köddelsammeln gab’s oft Streit

(map). Bereits im Jahre 1028 fand die Ortsbezeichnung Hekiswidi im Verdener Bistum erste urkundliche Erwähnung. Das berichtet Günther Frick. Der 79-Jährige, der sich als Grundschullehrer "schon immer" für Heimatgeschichte interessierte und viel in Schulchroniken geblättert hat, schreibt jetzt an der neuen Chronik von Hekiswidi - so wurde Hetzwege früher genannt.

Günther Frick wurde 1923 in Wittkopsbostel geboren, ging in seinem Heimatdorf acht Jahre zur Schule und wurde anschließend als Soldat für den Afrika-Feldzug ausgebildet. "Ich kam aber nur bis Kreta und wurde 1943 auf den Inseln vor der Türkei eingesetzt", erzählt er. "Dabei wurde ich kurz vor Kriegsende durch Schiffsgeschütze schwer verwundet". Mit dem Flugzeug wurde der junge Günther Frick aufs Festland gebracht, wo ihm im Lazarett beide Füße amputiert werden mussten. Gleich nach dem Krieg besuchte Günther Frick die pädagogische Hochschule in Lüneburg und unterrichtete ab Ende 1946 als Lehrer in Landschulen. Unter anderem in Stemmen, wo er Annemarie Martens kennenlernte und sie im Dezember 1946 heiratete. Kurz vor der Pensionierung baute sich das Ehepaar Frick 1984 in Hetzwege ein Haus. Sohn Reinhard, Realschullehrer in Scheeßel, wohnt ebenfalls in Hetzwege. Tochter Hiltraut wohnt in Hildesheim. Die drei Enkelkinder der Fricks sind alle schon in Ausbildung. In der Schule Westeresch unterrichtete Günther Frick zwölf Jahre und zuletzt 18 Jahre in Hetzwege. Dort konnte er in der Schulchronik nachlesen, dass im Jahre 1873 der Lehrer Johann Peter Meyer verstarb, nachdem er seinen Schuldienst in Hetzwege 45 Jahre lang ausgeübt hatte. Sein Sohn Heinrich Ludwig Meyer trat im Frühjahr 1874 die Nachfolge an, hatte über Jahrzehnte 80 bis 100 Schulkinder zu unterrichten und begann 1892, die erste Hetzweger Schulchronik zu schreiben. Darin ist unter anderem über das "Köddellesen" zur Sicherung des Düngeraufkommens (man kannte ja noch keinen Kunstdünger) nachzulesen: "Im Bruch wurde alles Vieh gemeinsam durch einen Dorfhirten gehütet. Es wurde morgens dahin und abends wieder heim getrieben. Die Frauen pflegten dann mit einem Korbe und einer kurzen Schaufel nachzugehen, um die Kuhfladen als Dünger für die Felder aufzulesen, wobei sie sich oft erzürnt haben sollen." In der Scheeßeler Chronik ist darüber nachzulesen, dass dieses Köddelsammeln zu den alten, den Höfnern und Kötnern vorbehaltenen Gerechtigkeiten gehörte. Es unterlag besonderen (ungeschriebenen) Bestimmungen. Jeder Berechtigte hatte seine bestimmten Tage und Gebiete zum Sammeln und in der Nähe seinen Misthaufen, der nach Bedarf abgefahren wurde. Lehrer Heinrich Ludwig Meyer brach im Jahre 1829 sogar schon einen Düngerstreit vom Zaun. Er war nämlich wegen der ihm von der Dorfschaft "angestrittenen" Befugnis zum Köddelsammeln bei der Königlich Großbritannisch-Hanno-verschen Landdrostey Stade vorstellig geworden. Zitat aus dem Protokoll: "Alle Versuche, welche man amtsseitig machte, um die Bauern zum Nachgeben zu bewegen, waren vergebens. Im Gegenteil erhitzten sich die Gemüter immer mehr, je länger die Verhandlungen dauerten und wollten lieber einen Prozess führen als irgend jemand eine Berechtigung zugestehen, wo alleine sie berechtigt seien". Zu erfahren ist aus den alten Schriften auch, dass die Gewerbefreiheit Hetzwege im Jahre 1874 eine so genannte holländische Windmühle brachte, die Dietrich Finkler aus Selsingen auf einem Grundstück von Lindes Hof baute. Sie wurde auf der Anhöhe mit dem Flurnamen "Die Fallig" errichtet. Damit hatten die Fahrten zur Scheeßeler Mühle ein Ende. "Und das war gut", meinte der damalige Chronist, "denn die Verleitung zu Trinkgelagen war dort groß". Die Fahrten waren wegen der schlechten Wege auch sehr beschwerlich. Der Erbauer hat die Müllerei hier aber nicht lange betrieben, sondern verpachtete seine Anlage. Bis Herbst 1894 betrieb Carl Martienßen die Mühle. Am 1. Oktober des selben Jahres ging sie in den Besitz des Müllermeisters Heinrich Steinke aus Riede (Schwarme) Kreis Syke über, der sie für 29.000 Mark gekauft hatte. Als Jahrzehnte später die Anschaffung und der Betrieb von Motoren günstiger wurde, machte Steinke sich von dem unzuverlässigen Wind unabhängig und schaffte einen Dampfmotor an. Im Laufe der Jahre hat die Mühle mit der technischen Entwicklung Schritt gehalten, die über den Benzinmotor zum Sauggasmotor verlief. Trotz dieser Neuerungen war aber immer noch die Windmüllerei in Betrieb. Erst im Jahre 1936 wurden die Windmühlenflügel abmontiert und damit war ein markantes Zeichen der Hetzweger Landschaft verschwunden. Die Technisierung schritt weiter fort, so dass die Steinkes im Jahre 1950 die Feinmüllerei erweiterten und eine pneumatische Förderung einführten. Seit dieser Zeit setzten neben einigen Elektromotoren zwei Dieselmotoren das Werk in Bewegung. In seiner Schulchronik schrieb Lehrer Heinrich Ludwig Meyer auch über das Leben im Bauernhaus nach 1800. So hatte der Wohnteil des Bauernhauses nur ein beheizbares Wohnzimmer, das nur bei besonderen Gelegenheiten benutzt wurde. Nach vollbrachtem Tagewerk, namentlich im Winter, versammelte sich das ganze Hausgesinde im Flett, wo man am offenen Feuer saß und eine Kienfackel etwas Licht ausstrahlte. Etwa um sechs Uhr morgens wurde es im Haus lebendig. Wenn das Feuer im Herd ordentlich brannte, so wurde üblicherweise ein Krug Bier erwärmt. Gleichzeitig wurde für jeden Erwachsenen eine Schnitte Schwarzbrot geröstet. Wenn das Frühstück verzehrt war, wurden fast jeden Morgen zwei Lagen gedroschen. Daneben wurde das Vieh abgefüttert. Während dessen hatte die Hausfrau das Essen besorgt, das abwechselnd aus einer Bier- oder einer Milchsuppe bestand. Dazu wurde Käse aus dicker Milch nebst Brot aufgetragen. Danach ging jeder an das eigentliche Tagewerk. Die Männer fuhren Dünger, hauten Heide oder hackten Holz. Die Hauptbeschäftigung der Mägde war im Winter das Spinnen und Weben. Etwa um zwölf Uhr wurde das einfache Mittagsmahl gehalten. Fleischspeisen gab es in der Regel nur einmal in der Woche am Sonntag... Günther Frick hat schon jede Menge Unterlagen, Zeichnungen und Fotos für eine Chronik gesammelt und geordnet. Bis zur 975-Jahr-Feier im August 2003 soll diese neue Hetzweger Dorfchronik unter Mithilfe des neu gegründeten Kulturvereins "Hekiswidi" fertiggestellt und käuflich zu erwerben sein. Bild: Günther Frick arbeitet seit fünf Jahren an der Hetzweger Dorfchronik

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