Stadtkantorei probt für die "Carmina Burana" - Aufführung am 9. Juni

Ein übermütiges "Dennoch" angesichts ständiger Bedrohung

(le). Es ist schon eine Reihe von Jahren her, dass Carl Orffs Vertonung der Benediktbeurener "weltlichen Gesänge" zuletzt in Rotenburg zu hören war. Nunmehr freuen sich die Sängerinnen und Sänger der Stadtkantorei darauf, sie unter der Leitung von Karl-Heinz Voßmeier am Sonntag, 9. Juni, wieder zu Gehör zu bringen.

Es spricht für die Beliebtheit der "Carmina Burana", dass mit Bekanntwerden des Konzertplans die ohnehin nicht gerade kleine Stadtkantorei noch einmal erheblichen Zuwachs bekam, so dass es beim Üben manchmal schon ein wenig eng wurde. Die 24 Gedichte, die der 1895 in München geborene Carl Orff ausgewählt hat, um sie für eine dramatische Kantate zu vertonen, sprechen aber auch eine eigene, mitreißende Sprache. Vor gut 150 Jahren war die Manuskripte-Sammlung des südbayerischen Benediktinerklosters erstmals veröffentlicht worden: Rund 200 Gedichte und Lieder aus verschiedenen Ländern, im 13. Jahrhundert von fleißigen Mönchen gesammelt. Urheber der Texte waren stellenlose Geistliche und Studenten, die so genannten "Vaganten", also Herumziehende, ein akademisches Proletariat. Sie zogen auf der Suche nach einer freien Pfarrstelle oder wenigstens nach Gelegenheitsaufträgen durch die Lande, waren gegenüber der Amtskirche kritisch eingestellt und priesen in ihren Gedichten "die Freuden von Bett, Spiel und Gelage". Es mag teils der Ausdruck ihres eigenen Lebensgefühls, teils aber auch die Einstellung ihrer Zeitgenossen und möglichen Auftraggeber sein, was so entstanden ist: eine betont diesseitige, überschäumende Weltzugewandtheit, ein übermütiges "Dennoch" angesichts der ständigen Bedrohung des Lebens durch Pest oder Inquisition: "In taberna quando sumus/ Non curamus, quid sit humus"- zu deutsch: "Wenn wir in der Schenke sind, fragen wir nicht nach irdischer Vergänglichkeit" - und dann folgen fröhliche Trinksprüche. Verfasst sind aber nicht nur derbe, auch selbstverspottende Sauf- und Liebeslieder, auch Pastourellen und Naturlyrik finden sich: "Frühlings heiteres Gesicht/ Schenkt der Welt sich wieder" lautet der Anfang des dritten Chors in der Übersetzung. Denn diese Vagantenlyrik ist teils lateinisch, teils mittelhochdeutsch gedichtet. Was vielleicht kompliziert wirkt, wird aber in der Vertonung Orffs ungemein plastisch. In Abgrenzung zur spätromantischen beziehungsweise neoklassizistischen Kompositionsweise wählte er bewusst einfache, außerordentlich rhythmische Klänge, mitreißend und von großer Melodik. Dabei griff er zurück auf gregorianische Gesänge, bayerische Volkslieder und Elemente der italienischen Oper und setzte sie um in moderne Rhythmen mit farbiger Instrumental-Besetzung. Die Uraufführung fand fast auf den Tag genau vor 65 Jahren, am 8. Juni 1937 in Frankfurt statt. Schon fünf Jahre später folgte die erste ausländische Aufführung an der Mailänder Scala. Inzwischen gehören die "Carmina Burana" zum Erfolgsrepertoire in den Konzertsälen und als Fernseh-Verfilmung. Der Komponist wurde so bekannt, dass Theodor Heuß, der erste Bundespräsident, ihn gern mit der Vertonung einer neuen deutschen Nationalhymne beauftragt hätte, aber Orff lehnte ab. Dass die "Carmina Burana" nicht im Kirchenraum aufgeführt werden sollten, leuchtet ein. So bietet das schicke Glasrondell des Mercedes-Hauses Schulz ausgezeichnete Voraussetzungen und mit 500 Plätzen auch den Zuhörern genügend Raum. Wenn es bei Orff schelmisch heißt: "Komm, komm, mein Geliebter/ ich erwarte dich voll Sehnen", dann deutet sich an, wie gut die "Liebeslieder"-Walzer von Johannes Brahms das Konzertprogramm ergänzen, zu dem auch eine Klavierkomposition von Darius Milhaud gehören soll. Als Solisten hat Karl-Heinz Voßmeier Carmen Fuggiss (lyrischer Coloratursopran), Manuela Mach (Alt), Eberhard Lorenz (Tenor) und Thomas Berau (Bariton) verpflichtet. Das Schlagzeug-Ensemble Hamburg sowie Christof Hahn und Rainer Lankau (beide Klavier) sind für den instrumentalen Part zuständig. Der Vorverkauf für dieses große und spannende Programm hat bereits begonnen: Karten gibt es bei Mercedes Schulz und im Reisebüro Strecke.

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