Schauspieler machen Theater im Klassenzimmer

Flasche leer? Prävention auf Augenhöhe

Im Klassenzimmer: Regisseurin Julia von Thoen, Schauspieler Thomas Flocken (mit dem einzigen Requisit, der Plastikflasche) und Polizist Thomas Teuber Foto: Volkmar
 ©Rotenburger Rundschau

(rv). Morgens, 9.30 Uhr. Die Tür der Klasse 9c der Realschule Rotenburg knallt zu. Sie öffnet sich erneut. Ein Mann taumelt ins Klassenzimmer. Er trägt eine ausgeleierte Jogginghose, eine kaputte Jacke und eine schwarze Mütze. Sein Gesicht ist unrasiert, er ist blass. In der Hand hat er eine Plastiktüte, aus der er eine Flasche holt. Spätestens an dieser Stelle hätte jeder Lehrer diesen Mann rausgeschmissen, aber hier handelt es sich um einen Schauspieler und in der Flasche ist kein Whiskey, sondern nur schwarzer Tee.

David Aschinger hat den Auftrag, vor den Schülern den Monolog "Flasche leer“ aufzuführen. Seine Rolle: der Alkoholiker Knut. Allerdings fällt Aschinger immer wieder aus der Rolle, erzählt aus seinem eigenen Leben und schimpft auf den Drehbuchautor, der ja "keine Ahnung von Alkoholikern“ habe. Bereits hier kleben die Blicke der Jugendlichen nur noch an dem Mann, der verschlafen und schwankend auf dem Lehrerpult sitzt. Mit der Zeit wird die Flasche immer leerer und Aschinger immer redseliger. Er wankt durch den Klassenraum, setzt sich auf Tische und fragt die Kinder ständig nach der Uhrzeit. Zwischenzeitlich erzählt er, dass er ja noch das Stück aufführen müsse, das ihm überhaupt nicht gefällt. Bevor er geht, bittet er die Jugendlichen, später zu erzählen, er habe das Stück gespielt. Als der Mann wieder ins Klassenzimmer zurückkehrt, wird klar, dass er weder Knut, noch David Aschinger ist. Er ist der professionelle Schauspieler Thomas Flocken und natürlich nicht betrunken. Begleitet wird er von der Regisseurin Julia von Thoen, die bei dem Stück "Flasche leer“ (von Thilo Reffert) als Regisseurin tätig ist. Beide starten ein Gespräch, in dem die Jugendlichen ihre Eindrücke vom Stück äußern können. Außerdem klären sie über den Alkoholmissbrauch und dessen Folgen auf, lassen aber auch die Schüler ihre Erfahrungen und Probleme äußern. Das Ganze ist Teil einer Kampagne des Präventionsrates mit dem Schwerpunkt Sucht. Fachlich begleitet wird sie von Diplom Sozialpädagogin Madlen Gardow. In Rotenburg wird sie organisiert von Präventionsratsmitglied Fritz Katzur mit Unterstützung der Polizei. Polizist Thomas Teuber war persönlich an der Realschule Rotenburg. Fritz Katzur, ehemaliger Lehrer und Schulleiter, sah sich das Stück zusammen mit der 9c an und war begeistert. Er selbst hatte dafür gesorgt, dass die Schauspieler nach Rotenburg kamen. Er fand es "schade, dass andere Schulen nicht mit aufgesprungen sind“, da der Präventionsrat ja 50 Prozent der Kosten übernehme. Das 40-minütige Stück wird an verschiedenen Schulen in ganz Niedersachsen und in Teilen Norddeutschlands aufgeführt. Danach gibt es eine Diskussion in der Klasse. Schüler, die selbst Alkoholprobleme haben oder in deren Umfeld Alkoholprobleme vorkommen, können sich an die Theatermitarbeiter wenden. Die Nähe zum Publikum ist den Mitwirkenden besonders wichtig, "denn nur so können sich die Schüler richtig auf das Stück einlassen“ so von Thoen. Deshalb sei es auch wichtig, nur vor kleinen Gruppen zu spielen. Die Reaktionen der Schüler seien unterschiedlich, aber hauptsächlich positiv. "Besonders Betroffene reden oft frei mit uns, wobei manchmal wirklich krasse Probleme ans Tageslicht kommen“, sagte von Thoen. Auch ein Mädchen aus der Klasse brach beim Gespräch in Tränen aus, von Thoen und Flocken kümmerten sich nach der Diskussion um sie. Sie verweisen aber auch auf die Polizei sowie die Beratungsstelle am Neuen Markt. Das Stück ist für alle Schulformen der Klassen sechs bis zwölf geeignet. Bereits ab zwei gebuchten Vorstellungen gibt es Rabatt. Fragen zum Stück oder Buchungen auf www.schauspielkollektiv.de, per Email an schauspielkollektiv@arcor.de oder unter Telefon 04131/989875 (Montags bis Freitags, von 10 bis 18 Uhr).

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