Landessuperintendent Brandy hielt den letzten Rotenburger Vortrag

Nahe bei den Menschen bleiben

Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy
 ©Rotenburger Rundschau

(le). Nach 15 Jahren mit insgesamt 60 Vorträgen beendet das Team um Superintendent i.R. Gerhard Chrzanowski seine Reihe der Rotenburger Vorträge. Wie beim Start 1995 mit dem vormaligen Landessuperintendenten Manzke wurde auch der nunmehr letzte Vortrag vom Landessuperintendenten gehalten.

Das ist Dr. Hans Christian Brandy, der seit April im Amt ist und Rotenburg bereits fünf- oder sechsmal besucht hat. Unter dem Titel "Nahe bei Gott, nahe bei den Menschen“ dachte er über die Zukunft der evangelischen Kirche nach. Diese "Standortbestimmung und Wegweisung“, so Chrzanowski in seiner Einführung, wurde "fast ein Bekenntnis: So soll Kirche sein“. Das aber ist gar nicht so einfach zu umreißen für eine Kirche, die "sich so verändert, wie die Menschen sich verändern“. In unserer Zeit, so Brandy, werde die Entwicklung gekennzeichnet einerseits durch einen manifesten Abbruch christlicher Tradition. Für viele Kinder sei Ostern das Fest, an dem "der Osterhase geboren wurde“. Anderseits verstehen sich zwar 70 Prozent der Bevölkerung als religiös, verfügen aber nur über eine geringe Bindung an die kirchlichen Institutionen. Brandy verwies auf eine Umfrage, wonach 82 Prozent der Befragten von der Kirche die Betreuung von Menschen erwarten, die durch Krankheit, Behinderung oder Entrechtung bedrängt seien. Erst an vierter Stelle (72 Prozent) nannten die Befragten die Verkündigung der christlichen Botschaft. Vor allem durch Wegzug und Tod verliere die evangelische Kirche in Deutschland jährlich 200.000 bis 300.000 Mitglieder. Nach Berechnungen bedeute das für das Jahr 2030 ein Schrumpfen um ein Drittel, und bei den Einnahmen der Kirche sogar um 50 Prozent. War der Vortrag bis hierher eher sachlich-nüchtern, so wurde bei den folgenden Darlegungen "ein warmer Herzschlag“ (Chrzanowski) spürbar: Die Kirche, so Brandy, sei zuallererst ein Werk Gottes und werde auch in ihrer zukünftigen Form "aus Christi Geist leben“. "Wir sind Empfänger“, führte er unter Verweis auf das biblische Bildwort vom Weinstock und den Reben aus und zitierte ein Wort des früheren Rotenburger Superintendenten Dr. Krause: "Frucht ist etwas anderes als Erfolg“. Das nehme viel Druck von den Haupt- und Ehrenamtlichen. Gleichwohl müsse die Kirche aufpassen, nicht "mental im eigenen Milieu gefangen“ zu sein, wie der frühere Ratsvorsitzende der EKD, Huber, formuliert hat. Wenn 80 Prozent der kirchlichen Energie für 20 Prozent der christlichen Kerngemeinde aufgewendet würden, müsse hier ein Umdenken erfolgen. Wie es möglich sein könnte, sich missionierend in die veränderte Gesellschaft zu öffnen, illustrierte der Referent mit einem Wort Fulbert Steffenskis: "Mission ist Werbung mit der Absicht, dass auch andere schön finden, woraus wir leben und woran wir glauben“. Zu einer solchen "Vermittlung von Gottes Menschenfreundlichkeit“ und Einladung zum Glauben gehöre auch die Sorge für Bekümmerte und Behinderte, mithin Nächstenliebe plus Diakonie. In diesem Zusammenhang verwies Brandy nachdrücklich auf die Institution des Kirchenasyls und bezog die Betreuung der beiden Roma-Frauen in Rotenburg ein, die er auch besucht hatte. Organisatorisch habe die Hannoversche Landeskirche auf das Schwinden der finanziellen Mittel reagiert durch Reduzierung der bislang acht kirchlichen Sprengel auf nunmehr sechs und durch eine Verkleinerung des Landeskirchenamts um 30 Prozent. In Zukunft aber müsse an die Stelle einer Kirche in der Fläche ein Netz von "Inseln gelingender Kirchlichkeit“ treten. Wie solche Formeln mit Leben gefüllt werden könnten, erläuterte Brandy an Beispielen der Anglikanischen Kirche: In London gebe es Neugründungen von Themengemeinden: eine Kirche in der Kneipe, eine Jugendkirche an der Skatingbahn, eine Gemeinde für Bankangestellte. Inwieweit eine solche Kirche der unterschiedlichen Begabungen in ländlichen Regionen verwirklicht werden könne, sei freilich fraglich. Entscheidend aber sei ein neues Verständnis des Verhältnisses von Ehrenamtlichen (keineswegs nur "Sparschweine“ der Landeskirche) und Hauptamtlichen, die durch Teilung der Verantwortung entlastet werden könnten. Landessuperintendent Dr. Brandy, Pastorin Wehling-Keilhack und Superintendent Hans-Peter Daub dankten dem Planungsteam der Rotenburger Vorträge unter Superintendent i.R. Chrzanowski, das in den vergangenen 15 Jahren mit der Fülle thematisch unterschiedlicher Vorträge für eine besondere Profilierung gesorgt habe. Daub deutete an, dass ein ähnliches Vortragsangebot auch in Zukunft vorgehalten werden solle.

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