Anke Münker und Frank Drossmann stiegen ein Jahr lang aus - VON WIBKE WOYKE

Mit Fritz bei den Grizzlys

Fritz ist bisher nicht auf heimischen Boden angekommen. Der zwölf Jahre alte weiße Toyota Landcruiser mit deutschem Vornamen ist noch auf dem Heimweg. Seine Besitzer hingegen, Anke Münker und Frank Drossmann, sind bereits seit rund zwei Wochen wieder in Rotenburg. Die beiden machten vor einem Jahr das, wovon viele andere träumen: Sie nahmen sich eine Auszeit und reisten zwölf Monate durch Argentinien, Chile, Kanada und Alaska.

Eins war für die beiden Reisenden schon vor der langen Reise klar: Sie wollten flexibel unterwegs sein. Daher bauten sie ihren Landcruiser so um, dass er ihnen ein Zuhause mit Bett bieten konnte. Per Container wurde das gute Stück nach Buenos Aires verschifft. Dort wurde der Wagen schließlich von den Rotenburgern entgegengenommen – allerdings mit einwöchiger Verspätung. Grund war ein Lotsenstreik im Hafen der argentinischen Stadt, durch den große Containerschiffe nicht einlaufen konnten. Lösung: Das entsprechende Schiff machte sich auf den Weg nach Montevideo (Uruguay), dort wurde der Wagen ab- und auf ein kleineres Frachtschiff wieder aufgeladen, das dann schließlich in Buenos Aires einlaufen durfte. Ende gut, alles gut – denn auch die Zollformularitäten klappten. So stand dem Beginn der eigentlichen Reise – an deren Ende übrigens 55.500 Kilometer mehr auf dem Anzeiger von Fritz standen - nichts mehr im Wege und die Route führte nach einem Aufenthalt an der Atlantik-Küste zunächst einmal quer durch die Pampa. Zielrichtung: die Anden. Dort erwartete die Rotenburger ein sehenswertes Vulkangebiet. Und auch die Grenze zu Chile querten sie bereits erstmals, um eine Woche in dem Land zu bleiben. Weiter führte der Weg nach Valdez – zum Pinguinbeobachten – und schließlich die Küste hinunter. Mit dem fortgeschrittenen Verlauf des Jahres mussten sich Anke Münker und Frank Drossmann dann mit der Frage beschäftigen: Wo verbringen wir Weihnachten? Die Wahl fiel wieder auf die Anden, und zwar auf das Gebiet nahe dem bekannten Gletscher Perito Moreno. Und Silvester? Für den Jahreswechsel fuhren die Rotenburger ans südliche Ende Argentiniens, nach Ushuaia (Feuerland). "Die Argentinier haben Feuer im Blut“, berichtet Frank Drossmann von der großen Feier. Dazu seien sie außerdem "die Meister des Grillens“. Egal, ob Argentinier oder Chilenen – die Rotenburger wurden überall offen und hilfsbereit empfangen. Zu Beginn des Jahres reisten sie nach Chile in den Nationalpark Torres del Paine – zum Wandern. Anschließend folgte eine mehrtägige Zwangspause. Grund: eine kurzfristig notwendig gewordene Zahn-Operation von Anke Münker, die Bettruhe verordnet bekam. Weiter ging es schließlich im Zickzack-Kurs wieder nach Argentinien, dann erneut über die Grenze nach Chile. Auch die bekannte Straße Carretera Austral befuhren die zwei Aussteiger dort. Stationen waren zudem der Pumalin-Park (ein Naturschutzprojekt des US-amerikanischen Millionärs Douglas Tompkins) sowie die Insel Chiloe. Durch die chilenischen Anden führte die Tour weiter nach Norden, inklusive Aufenthalt in der kargen Atacama-Wüste. Der Plan: Im März sollte Fritz in Santiago de Chile verschifft und nach Vancouver, Kanada transportiert werden. Doch es gab keine passenden Angebote und die Zeit verging. Ein Anruf – bereits Mitte April – bei ihrem Agenten in Buenos Aires brachte den Rotenburgern die Nachricht, dass zumindest eine Verbindung in die USA in Sicht wäre. So wurde der Plan kurzerhand geändert und der Landcruiser nach Philadelphia verschifft. Anke Münker und Frank Drossmann nutzten die Zwischenzeit für einen Abstecher nach auf die Insel Holbox (Mexiko) – Urlaub in der Auszeit sozusagen. Und schließlich konnten sie ihren Toyota in den USA Mitte Mai wieder wohlbehalten aus dem Container holen. Zügig machte sich das Gespann auf nach Kanada. Dort gab’s zunächst einen Aufenthalt bei Verwandten von Frank Drossmann, bevor es kreuz und quer durch das Land ging. Die Rotenburger feierten den Aboriginal Day (21. Juni) in Inuvik (die nördlichste Stadt Kanadas, die man im Sommer mit dem Auto erreichen kann) sowie den Canada Day (1. Juli) samt Parade in Dawson City und waren nach der Fahrt über den Top-of-the-World-Highway schließlich in Fairbanks, Alaska (am 4. Juli, dem Independence Day). Viele Erlebnisse – und es sollten noch jede Menge folgen. Angefangen vom Treffen mit Moschusochsen und Wildwasserrafting in Alaska bis hin zu Grizzly-Beobachtung in Yukon und Orca-Sichtung bei Vancouver Island. Und auch die Rocky Mountains sowie der Indian Summer wurden nicht ausgelassen. Jede Menge Bekanntschaften haben die Rotenburger auf ihrer Reise gemacht. Ein Zufall: Auf dem Dalton-Highway in Alaska lernten sie die berühmten Filmemacher Ernst Ahrend und Hans Schweiger kennen. Dass die beiden wiederum mit dem Nummernschild ROW etwas anfangen konnten, überraschte die Rotenburger. Auflösung: Vor vielen, vielen Jahren trafen die Filmemacher bei einer ihrer Touren einen Vogelkundler – und zwar Günther Synatzschke aus der Wümmestadt. Und mit diesem verbindet sie eine Freundschaft. Von Heimweh während der zwölf Monate keine Spur. Jetzt müssen sich die Rotenburger wieder richtig einleben. Frank Drossmann hat inzwischen bei seinem alten Arbeitgeber wieder eine Stelle bekommen, Anke Münker startet am 1. Dezember in ihren Job. Eine so lange Auszeit könnten sich beide durchaus noch einmal vorstellen – wenn das Geld dafür vorhanden ist. "Vielleicht in zehn, 15 Jahre“, so Drossmann. Ziel: Australien.

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