40 Jahre Gebietsreform und Ehrung von Hans Worthmann - Von Wibke Woyke

„Wie eine große Familie“

Besondere Ehrung: Bürgermeister Detlef Eichinger dankte Hans Worthmann für seinen 40-jährigen Einsatz als Ortsvorsteher und Erika Worthmann für die Unterstützung ihres Mannes Foto: Woyke
 ©Rotenburger Rundschau

Wie kam es, dass Rotenburg im Zuge der Gebietsreform als Kreisstadt auserkoren wurde? Die günstige Lage, so erläuterte es Bürgermeister Detlef Eichinger im Rahmen der Veranstaltung im Rathaus, sei ein entscheidender Aspekt gewesen.

Eichinger zitierte aus einem Schreiben vom 24. März 1969 vom Niedersächsischen Städtebund: „Rotenburg ist verkehrsgünstiger gelegen; sie liegt im Schnittpunkt der Bundesstraßen 71, 75, 440 und hat in 14 Kilometer Entfernung bei Bockel einen Anschluss an die Autobahn Hamburg-Bremen.“ Die Entfernung bis zur Auffahrt der Autobahn Hannover-Bremen betrage 20 Kilometer. Rotenburg sei „auf fünf Landesstraßen aus allen Räumen des vorgeschlagenen Kreisgebiets gut zu erreichen“. Und: „Auch als Stadt hat Rotenburg mehr Gewicht als Bremervörde.“ Welche Auswirkungen die Gemeindereform auf die Bürger haben würde, wurde in der damaligen Zeit ausführlich diskutiert. „Sie können sich vorstellen, dass Bremervörde nicht begeistert war, den Kreissitz zu verlieren. Und selbst heute nach 40 Jahren redet man noch vom Nordkreis und Südkreis“, erklärte Eichinger den Gästen. Beginnend im September 1969 wurden erste Gespräche mit den betroffenen Gemeinderäten geführt, in denen Modellvorstellungen für Gebietsänderungsverträge und Ortschaftsverfassungen des Niedersächsischen Städtebundes erläutert wurden. Danach sollten sich die Gemeinden überlegen, ob sie Eingemeindungsverhandlungen mit der Stadt Rotenburg aufnehmen wollten. Im Entwurf des Gesetzes zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Rotenburg vom 6. April 1973 wurde festgehalten, dass Borchel, Unterstedt und Waffensen in die Stadt Rotenburg eingegliedert werden. Und Mulmshorn? Der Ort war für die Eingliederung zur Gemeinde Sottrum vorgesehen. Doch es regte sich Widerstand. So steht in der Mulmshorner Chronik Folgendes vom damaligen Bürgermeister Friedrich Bammann zu lesen: „Am 21. Oktober 1971 traf den Gemeinderat dann ein harter Schlag. Mulmshorn sollte mit Horstedt, Winkeldorf und Stapel eine Gemeinde bilden. Das brachte alle auf die Palme. Auch wenn wir schon vieles mitmachen, aber das war das Letzte!“ Doch die Mulmshorner konnten sich mit Hilfe der beiden damaligen Landtagsabgeordneten Helmut Tietje und Jürgen Jürgensen durchsetzen. Im endgültigen Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden vom 3. Juli 1973 hieß es, dass auch Mulmshorn zu Rotenburg gehören soll. Am 1. März 1974 fand im Ratssaal eine gemeinsame Sitzung des Stadtrates mit den Räten der vier Gemeinden statt. Dabei wurde ein Interimsrat für die verbleibende Wahlperiode bis 1976 konstituiert. Und am 17. März 1974 erhielten die Ortsbürgermeister Friedrich Bammann in Mulmshorn, Helmut Müller in Unterstedt, Friedrich Leefers Senior in Waffensen und der Borcheler Ortsvorsteher Hans Worthmann ihre Ernennungsurkunden ausgestellt. „Der tatsächliche Anstieg der Bevölkerung der Stadt durch die Eingliederung der vier Ortschaften betrug 1.976 Personen. Nach der Reform hatte Rotenburg laut Landesstatistik dann 18.779 Einwohner“, führte Eichinger aus. Dass die damals beschlossene Gebietsreform nicht nur eitel Sonnenschein mit sich brachte, wussten auch die anwesenden heutigen Ortsbürgermeister zu berichten, die für Grußworte zu Gast waren. „Der Weitsichtigkeit und dem gewitzten Taktieren unseres damaligen Bürgermeisters Bammann und des Gemeinderates ist es verdanken, dass wir heute zu Rotenburg gehören“, freute sich Mulmshorns Ortsbürgermeisterin Mattina Berg. Sie hätten sich damals zur Wehr gesetzt und einstimmig abgelehnt, Sottrum zugeteilt zu werden. Berg dankte für die lange und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Ortschaft mit der Stadt. Auch Uwe Lüttjohann, Ortsbürgermeister in Unterstedt, ist rückblickend überzeugt, dass die Angliederung an Rotenburg richtig war – schließlich habe sich so auch ein ganz anderes Finanzvolumen offenbart. Unterstedt habe davon profitiert, das beweise die gute Entwicklung des Ortes. Lüttjohann betonte das gute Miteinander mit der Verwaltung. „Wir haben immer vernünftig zusammen sprechen können, auch wenn es mal unterschiedliche Meinungen gab.“ Hartmut Leefers, Ortsbürgermeister in Waffensen, erinnerte sich an die damalige Zeit, die er in jungen Jahren miterlebte. „Spannend war das“, so Leefers, der erklärte, dass es in Waffensen durchaus geteilte Meinungen und kein einstimmiges Votum pro Rotenburg gab. Und als die Entscheidung dann für Rotenburg fiel, gab’s das Motto: „Nun müssen wir das Beste daraus machen.“ Leefers erinnerte sich an den Vorabend des entscheidenden Tages, als sein Vater am Tisch nachdenklich sagte: „Ab morgen haben wir alle 700 Mark Pro-Kopf-Verschuldung in Waffensen.“ Heute ist sein Nachfahre Hartmut Leefers sicher, dass die infrastrukturelle Entwicklung des Ortes ohne den Anschluss an Rotenburg so nicht vonstatten gegangen wäre. Waffensen habe es gut getan. „Von daher geht mein Dank an diejenigen, die damals so weise entschieden haben.“ Leefers ist überzeugt: „Gemeinsam sind wir stark. Die Stadt braucht uns und wir die Stadt.“ Eichinger ergänzt: „Wir sind zu einer großen Familie zusammengewachsen, deren Mitglieder auf der einen Seite ihre Besonderheiten, ihre Kultur und den dörflichen Charme beibehalten haben, die sich respektieren und schätzen - und die auf der anderen Seite die Vorteile des Zusammenschlusses genießen. Ich persönlich kann mir keine engere und vertrauensvollere Zusammenarbeit mit den politischen Vertretern unserer Ortschaften vorstellen.“ Schließlich folgte noch eine besondere Ehrung. Denn in all der Zeit, 40 Jahre, ist Hans Worthmann bereits Ortsvorsteher in Borchel. Gemeinsam war er mit seiner Frau Erika zu Gast beim Empfang. „Du bist ja der eigentliche Star des heutigen Abends“, so Eichinger zu Hans Worthmann. „40 Jahre Ortsvorsteher und bereits vorher warst Du zu Zeiten der eigenständigen Gemeinde Borchel der Bürgermeister.“ Und da Worthmann im Laufe der Jahre schon so manche Auszeichnung erhielt, hatte Eichinger eine besondere Urkunde kreieren lassen „die es so in der Geschichte der Stadt seit 1195 nicht gab“. Zudem hatte er Blumen für Erika Worthmann parat sowie für beide zusammen einen Gutschein für einen Brunch im Wachtelhof. Worthmann selbst trat an dem Abend noch ans Mikro und begeisterte mit seinen launigen und in plattdeutscher Sprache vorgetragenen Ausführungen zur Gebietsform. Dafür gab es stehende Ovationen.

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser