Die Leute von der Casting-Agentur waren begeistert. Ein in seiner äußeren Erscheinung nicht unähnliches Geschwisterpaar und beide in einem Beruf tätig, dem bisweilen der Ruf des Kauzigen vorauseilt: Das wäre ein Hingucker und somit ein Garant für gute Einschaltquoten. Für die Teilnahme an der von Jörg Pilawa moderierten Sendung "Das Quiz" reichte es letztendlich aber doch nicht. Vielleicht war es die Unerfahrenheit, in einem TV-Studio zu sitzen und dabei von einer Kamera aufgenommen zu werden, die verhinderte, dass die beiden Brüder durch den ARD-Vorabend flimmern durften. Oder hätten sie einfach nur Krause heißen müssen?
Dass ihnen ein Fernsehauftritt verwehrt blieb, tat der Autorität von Holger und Bernd Jakobs in ihrer Funktion als Hausmeister der Grundschule Bassen beziehungsweise des Schulzentrums in der Oytener Pestalozzistraße jedoch keinen Abbruch. Und das, obwohl sie in Jeans und Sweat-Shirt eher locker daherkommen und der idealtypische Grau-Kittel ein Relikt der Vergangenheit zu sein scheint. Obwohl: "Zum Junggesellenabschied habe ich von meinen Freunden einen geschenkt bekommen. Auf dem Rücken mit dem Aufdruck ‚Hausmeister Jakobs‘. Aber der bleibt schön im Schrank hängen", sagt der mit 36 Lenzen fünf Jahre jüngere der beiden Jakobs-Brüder. Und der an der Gürtelschlaufe baumelnde Bund mit -zig Schlüsseln dran? "Ich komme mit dem Generalschlüssel aus", versichert Holger Jakobs - ein gelernter Maler und Lackierer, der schon vor Beginn seiner Hausmeister-Tätigkeit im Sommer 2000 bei der Gemeinde Oyten beschäftigt war. Beim Bauhof. Dass ihm sein Arbeitgeber nahegelegt hatte, die ans Schulgebäude angrenzende Dienstwohnung zu beziehen und im Zweifelsfall deshalb eher 24 als acht Stunden in seinem Job erreichbar zu sein - für Jakobs überwiegen die Vorteile. Der Weg zur Arbeit beispielsweise ist denkbar kurz. Nachdem die Wohnungstür morgens ins Schloss gefallen ist, geht es ein paar Treppenstufen abwärts und dann durch eine Hintertür ab in die Schule. Nur wenige Monate, nach dem er in der Bassener Grundschule das Regiment übernommen hatte, heuerte der gelernte Maschinenschlosser Bernd Jakobs im gleichen Job an wie sein Bruder - am Oytener Schulzentrum. Eine Dienstwohnung hat er zwar nicht, dafür aber einen Schlüsselbund. Den trägt er in der Hosentasche, so dass der nicht verräterisch klötern kann, wenn der 41-Jährige auf leisen Sohlen durchs Gebäude pirscht und nach dem Rechten sieht statt tropfende Wasserhähne und kaputte Stühle zu reparieren oder Sicherungen auszuwechseln. Augenzwinkernd hatte ihm die Schulleitung bei Dienstantritt versichert, er sei der heimliche Direktor. Eine Ansage, die allerdings - so scheint es - nicht ausschließlich im Spaß geäußert wurde. Denn nach dem Motto "Wer nicht hören will, muss helfen" müssen Schüler, die sich daneben benommen haben, in ihrer Freizeit bei Jakobs anzutanzen, um eine Stunde Sozialdienst zu leisten. "Zum Beispiel im Herbst bei der Laubernte helfen", sagt Jakobs und kann sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen. Auch wenn den Jakobs-Brü-dern nicht im Traum einfällt, Schüler mittels Ohrenlangziehen zur Vernunft zu bringen, so schwingt doch ein Hauch von Verständnis für hausmeisterliche Ordnungslieben vergangener Tage mit, wenn sie sagen: "Hat uns nicht geschadet". Als die beiden selbst noch Kinder waren und in Bassen zur Schule gingen, hatte Hans Mitschke das Sagen. "Die Zeit war eine andere, aber er war die Respektperson schlechthin und das war auch gut so. Selbst die Lehrer haben vor Ehrfurcht gebebt", erinnert sich Holger Jakobs. Dessen Einfluss auf die Grundschulkinder macht sich Kraft seines Amtes zuweilen auch außerhalb des Schulgeländes bemerkbar. Einmal hat er beobachtet, wie eine Horde Kurzer die durch Bassen verlaufende Landesstraße überqueren wollte, ohne die nur wenige Meter entfernte Ampel zu benutzen. Ein kurzes und knappes "Ihr wollt doch wohl nicht..." und dazu der erhobene Zeigefinger reichten aus, um den Kleinen eine simple Regel ins Gedächtnis zu rufen: Bei Rot stehen, bei Grün gehen.