Ein kleines Dorf mit einem eigenen Briefkasten - Von Karolina Haselmeyer

An: Moorweg 0 in Stapel

Frank und Petra Adam, Johanna Ladda, Michael Schröck und Sonja Ohlmann sorgen dafür, dass alle Bürger in Stapel Urlaubsgrüße erhalten Foto: Haselmeyer
 ©Rotenburger Rundschau

Wenn das Postauto vorbeifährt und der Briefkasten an der Straße klappert, dann weiß Michael Schröck: Da hat jemand an das Dorf gedacht und eine Ansichtskarte aus dem Urlaub geschickt. Denn: Stapel hat einen Briefkasten für die Post, die an das ganze Dorf adressiert ist. Und damit jeder lesen kann, was die Mitbürger so schreiben, werden die Karten in der Dorfpresse, der Stapelpost, veröffentlicht, die kostenlos an alle Haushalte verteilt wird.

Das Besondere des Briefkastens: Er hat seine eigene Anschrift. Denn ein Haus, das diese Nummer trägt, gibt es nicht. Lediglich die Anschrift Zentralbank. Doch das reicht aus. Der Briefkasten ist bei der Post angemeldet und alles, was an diese Adresse geschickt wird, kommt ordnungsgemäß an. „Bevor das die Zentralbank war, lautete der Name Volksbank. Da kam es manchmal zu Verwechselungen mit dem regionalen Geldinstitut, sodass Briefe, die an uns geschickt wurden, dort ankamen. Deswegen haben wir die Anschrift in Zentralbank geändert und seitdem läuft alles glatt“, erklärt Michael Schröck, der gemeinsam mit Petra und Frank Adam, Johanna Ladda und Sonja Ohlmann dem Redaktionsteam der Stapelpost angehört. Ihm allein obliegt es, den Briefkasten zu öffnen. „Das geschieht aber immer nur unter Aufsicht von Zeugen“, erklärt Schröck. Nicht, dass am Ende eine Karte unterschlagen wird. Die jüngste Ausbeute: drei Ansichtskarten aus Südfrankreich, Heiligenhafen und von der Mainschleife. Die Idee hatte Günter Stamsen Mitte 2008. „Ich weiß gar nicht mehr, wie es dazu kam. Ich weiß nur, dass Günter Ambitionen hatte, mit dem Briefkasten ins Guinnessbuch der Rekorde zu kommen“, sagt Petra Adam grübelnd. Doch nicht nur Urlaubsgrüße kommen am Moorweg 0 an. „Der heißeste Brief, der uns erreichte, kam von der Landesoberkasse Baden-Württemberg und war adressiert an das Einwohnermeldeamt der Stadt Stapel“, verrät Schröck und lacht. Jeder Brief und jede Postkarte wird aufgehoben. Einmal im Jahr, jeweils nach Weihnachten, gibt es eine öffentliche Redaktionssitzung, bei der alle Karten ausgelegt werden. „Bis vor Kurzem hat uns noch Post aus Asien und Australien gefehlt. Deswegen haben wir in unserer Zeitung einen Aufruf gemacht“, sagt Ohlmann. Prompt bekamen die Stapeler Bürger Karten von einem Urlauber aus Hongkong und Sydney. Doch die Stapelpost dient nicht nur der Veröffentlichung der Briefe. Wenn sich die sieben Hobby-Redakteure bei einer Flasche Rotwein und leckeren Snacks treffen, dann wird überlegt, welche Themen das Dorf aktuell beschäftigen. „Wir gucken, was hier passiert – oder was passieren soll“, sagt Petra Adam. „Wir haben zum Beispiel immer gewitzelt, dass wir gerne einen Dorfteich mit einem Ruderboot hätten – jetzt ist beides da.“ Ihr Mann fügt hinzu: „Oder wir haben geschrieben, dass ein Storchennest schön sei. Und zack, war es da.“ „Oft kommt eins zum anderen, wir spinnen Ideen und manche davon werden Realität“, sagt Ladda und Schröck erklärt mit einem Schmunzeln: „Das ist die Macht der Presse.“ In der aktuellen Ausgabe wünscht sich Ladda Weidenkätzchen in den Gärten, weil es diese, die ersten Blüher für Bienen, kaum noch gäbe. „Kann man das nicht ändern?“, fragt sie. Seit der ersten Ausgabe der Stapelpost vor fünf Jahren, im Juli 2008, treffen sich die Sieben, um die Dorfzeitung zu produzieren. Der Anstoß dazu kam von Schröck. „Ich habe bei einem Treffen des Stapeler Danz- und Speelclubs vorgeschlagen, dass man ja mal eine Zeitung schreiben könne.“ Gesagt, getan. Und der Name wurde dabei gleich mitgeboren. Neben einer Papierausgabe, die von Frank Adam layoutet, von einer Stapeler Firma kostenlos gedruckt und von Petra Adam abgeholt, gefaltet und verteilt wird, gibt es auch eine digitale Ausgabe. Denn, so das Zeitungsteam, auch in Scheeßel, Münster, Delmenhorst und Frankfurt gibt es Leser, die wissen wollen, was in dem kleinen Ort Stapel so los ist. Abonniert werden kann die Zeitung per E-Mail bei Schröck (buch@777-stapel.de). Wer Lust hat, den Dorfbewohnern zu schreiben, kann seine Karte wie folgt adressieren: Zentralbank Stapel, Moorweg 0, 27367 Horstedt-Stapel. „Wir freuen uns immer über Post von überall her“, sagt Schröck.

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