Asylanten aus Eritrea ziehen diese Woche ein - Von Björn Blaak

Sagehorn in Sorge

Nachbarn laufen Sturm: In das Haus Schwarmann in Sagehorn ziehen Asylanten ein Foto: Blaak
 ©Rotenburger Rundschau

In das ehemalige Haus Schwarmann in Oyten-Sagehorn zieht wieder Leben ein. 20 Männer aus Eritrea werden dort vorerst ein neues Zuhause finden. Die Gemeinde mietete dafür das lange leer stehende Gebäude in der Straße Auf der Heide an. Der Einzug der Flüchtlinge findet dieser Tage statt. Und das bringt einen Stadtteil in Wallung.

Der Sitzungssaal des Rathauses war gut gefüllt. Petra Borchert und Sandra Klipsch, besorgte Nachbarinnen, hatten das Treffen organisiert. Der Landkreis Verden, die Polizei und auch die Gemeinde Oyten schickten Vertreter zu dieser emotionalen Debatte. Bürgermeister Cordes übernahm die Moderation und sorgte dafür, dass auch alle zu Wort kamen. Und Wortmeldungen gab es reichlich. Denn Männer haben Angst um ihre Frauen, Eltern um ihre Kinder und Frauen um sich selbst. „Ich habe Angst, mich dann im Bikini in meinen Garten zu setzen“, sagte eine erboste Zuhörerin. Sie fürchte, dass „diese Männer“ dann auf dumme Gedanken kämen. Eine Mutter ergänzte: „Ich lasse meine 14-jährige Tochter dann nicht mehr alleine mit dem Rad fahren.“ Und ein Hauseigentümer fürchtet um den Wert seiner Immobilie. „Wenn man 20 Männer auf einen Haufen sperrt, geht in 14 Tagen dort das Testosteron durch die Decke“, schätzte ein weiterer Anwohner die Situation ein. Dabei, und das war der Beginn fast jedes Statements, habe niemand etwas gegen Ausländer. Kopfzerbrechen bereite den Anwohnern, dass die Männer schlicht und ergreifend sich selbst überlassen würden. Es sei nur eine Frage der Zeit, meinte ein Anwohner mit rumänischen Wurzeln, wann es dort „knallen“ würde. Und er fragte eher rhetorisch nach, wen man dann zur Hilfe holen solle, wenn doch die Polizeiwache in Oyten schon um 20 Uhr schließe. Bernd Dannheisig, Sozialamtsleiter des Landkreises Verden und somit verantwortlich für den Zuzug der Männer aus Eritrea, versuchte die Menschen dahingehend zu beruhigen, dass alle Ängste auf Vermutungen aufbauen würden. Niemand dürfe vorverurteilt werden. Auch die Oyter Polizei unterstrich diese These, hätte sie doch mit anderen Menschen in der Gemeinde, die ebenfalls einen Migrationshintergund haben, keinerlei Probleme und führte aus, dass sie beispielsweise seit fünf Jahren keinen Einsatz mehr in der sogenannten Rotsteinvilla, dem ehemaligen Sagehorner Bahnhof, gehabt hätten. Und der Gemeindevertreter wies darauf hin, dass man in Oyten eine mehr als 20-jährige Erfahrung mit diesem Thema habe. Dem Vorwurf, dass sich tatsächlich niemand um die Belange der Neubürger aus Eritrea kümmern würde, setzte der Sozialamtsleiter entgegen, dass der Landkreis bereits seit Jahren sehr erfolgreich mit dem Caritasverband zusammenarbeite, der die Aufgabe übernommen habe, sich um jene Menschengruppen zu kümmern. Andrea Wessel, die im gesamten Landkreis für den Caritasverband unterwegs ist, und sich ab dieser Woche auch um die neuen Einwohner in der Wohngemeinschaft Auf der Heide kümmern werde, warb ebenfalls für mehr Verständnis. Den Menschen aus Eritrea ginge es darum, erst einmal ihre Ruhe zu haben, zu sich zu finden, ihren eigenen schwierigen Lebenslauf zu verarbeiten. Es sei nicht davon auszugehen, dass sie marodierend und vergewaltigend durch Sagehorn ziehen. Natürlich könne auch sie nicht acht Stunden am Tag in Sagehorn vor Ort sein, um die möglicherweise traumatisierten Männer zu betreuen, aber sie sei für Probleme immer ansprechbar. Den Einwohnern reichte das nicht. Sie forderten den Landkreis und auch die Gemeinde mehrmals auf, sich selbst mehr zu engagieren. Bürgermeister Cordes verwies auf leere Kassen und der Landkreis sah sich nicht weiter zuständig. Der Sagehorner Dorfvorsteher Helmut Oetjen sah dabei eher die Anwohner in der Pflicht, auf die neuen Einwohner der Gemeinde zuzugehen. Und stellte fest, dass man „nur gemeinsam die Situation in den Griff bekommen“ könne. Nur wenige Besucher der Veranstaltung waren am Ende überzeugt davon, dass alles gutgehen werde. Die meisten blieben auch nach einer dreistündigen Diskussion bei ihrer Ansicht, dass 20 unbeaufsichtigte Männer aus Eritrea mitten in Sagehorn Ärger bedeuten. Fakt ist, dass die Flüchtlinge in Sagehorn einziehen werden. Ankommen werden sie dort so schnell wohl nicht.

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