Über verlandende Flachwasserseen und ihre Nachfolger - Von Christiane Looks

Ein Flatt verschwindet

Was einmal war: Tripkens Flatt oder das, was davon übrig ist. Foto: Joachim Looks
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Ostertimke. Besuche bei Verwandten oder Bekannten führen oft dazu, dass sehr viel zusammengesessen wird, weil es eine Menge zu erzählen gibt. Besuche bei Bekannten in Soltau zeichneten sich dadurch aus, dass sehr viel gewandert wurde, da Wandern und Reden sich nicht widersprechen. So lernten wir Soltaus Umgebung und das Ahlftener Flatt nördlich der Stadt kennen.

Ein Flatt, auch Schlatt oder Heideweiher genannt, ist ein kleiner, zumeist abflussloser, schwach saurer See, der sich wesentlich aus Oberflächenwasser speist, weil eine wasserundurchlässige Schicht am Weiherboden den Einfluss von Grundwasser weitgehend verhindert. Flatts bildeten sich auf Geestrücken Norddeutschlands als Ausblasungsmulden in der nährstoffarmen Tundrenlandschaft, die sich in der letzten Kalteiszeit nach dem Rückzug skandinavischer Gletscher vor mehr als 10.000 Jahren entwickelt hatte. Diese besonderen Flachwasserseen trocknen durch Entwässerungsmaßnahmen sowie klimatische Veränderungen leicht aus und verlanden – auch wegen Nährstoffanreicherung aus der Umgebung oder über den Luftweg.

Sensibel geworden für diese besonderen Gewässer erkundigte ich mich bei einer fachlich interessierten Kollegin, wo ich denn mit Flatts zu rechnen hätte. Sie empfahl in Norddeutschland Münster- und Emsland, Wildeshauser Geest und Lüneburger Heide. So lernten wir den Stichter See bei Neuenkirchen kennen, der noch um 1900 gut sechs Hektar groß war, mittlerweile aber durch Verlandungen auf ungefähr 2,5 Hektar schrumpfte – ein Verlust an Wasserfläche um 60 Prozent!

Irgendwann stieß ich beim Durchblättern des mittlerweile vergriffenen Bildbandes über Natur und Landschaft im Landkreis Rotenburg auf Wohlsdorfer Flatt und Tripkens Flatt. Während Ersteres mit ein wenig Suchen gefunden und erkundet werden konnte, bereitete Tripkens Flatt Probleme. Die vage Ortsangabe im Buch, dass sich diese eiszeitliche Ausblasungsmulde südlich von Ostertimke befände, führte zu ergebnislosem Suchen, weil keine der aufgesuchten Wasserflächen dem romantischen Foto aus dem Bildband mit einem langsam verlandenden Heideflachwassersee, Wollgrasbeständen, Kiefern und Grünland entsprach. Nur einem genauen Kartenstudium war es zu verdanken, dass eine winzig kleine Wasserfläche an einer Sportanlage in der Nähe von Hemel südöstlich von Ostertimke entdeckt wurde. Den Sportplatz kannten wir von einem Ausflug.

Er wies einige Bänke am Spielfeldrand auf, ideal für ein Picknick mit Freunden. Von dort aus schweifte der Blick über die offenbar nur noch selten genutzte Anlage auf ein kleines Kiefernwäldchen. Das war 20 Jahre her. Sollten wir damals etwas übersehen haben? Ein erneuter Besuch mit Erkundungen in dem Kiefernwäldchen am östlichen Sportplatzrand ergab: Es musste hier mal etwas gegeben haben, was deutlich nasser war, als das, was im Wäldchen gefunden wurde.

Das Foto von Tripkens Flatt hatte Werner Burkart gemacht, der dreißig Jahre als Naturschutzbeauftragter für den Landkreis Rotenburg tätig gewesen war. Die Nachfrage ergab, dass Tripkens Flatt sich tatsächlich einmal dort befand, wo heute der Kiefernwald aufgelaufen ist. Die Aufnahme mit dem bereits stark verlandenden Flachwasser war 1983 entstanden, so wusste er zu berichten. 30 Jahre später existierte das Flatt nicht mehr.

Trotzdem neugierig geworden? Von Ostertimkes Ortsmitte führt die K111 als Hemeler Straße in südöstlicher Richtung aus dem Ort hinaus. Am Schierksmoor und dem Schierk genannten Wald vorbei macht die Kreisstraße nach ungefähr einem Kilometer eine Linkskurve. Hier biegt rechts ein befestigter Weg ab, der in die Wörpeniederung führt. Nach etwa 250 Metern taucht linkerhand der ehemalige Sportplatz mit den Bänken am Spielplatzrand auf. Richtung Osten, dort wo heute Kiefern das beschriebene Wäldchen bilden, hatte einst Tripkens Flatt gelegen.

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