Nabu-Projekt wertet ehemalige Sandgrube bei Nartum auf

Sandlebensraum für seltene Kröten

Nächstes Frühjahr sollen in dieser ehemaligen Sandgrube wieder seltene Kröten und Eidechsen leben u2013 das hofft zumindest der Naturschutzbiologe Julian Mattes vom Nabu. Foto: gath
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VON TOM GATH

Nartum/Horstedt – Mit schwerem Gerät ist die Ökologische Nabu-Station Oste-Region (Önsor) am Montag zu einer stillgelegten Sandgrube bei Nartum ausgerückt. Ein Bagger hat zahlreiche junge Birken und Kiefern aus dem Boden gerissen. Was auf den ersten Blick wie Naturzerstörung aussieht, soll mittelfristig dem Artenschutz dienen.

Denn in ehemaligen Sandgruben fühlen sich die bedrohten Arten Knoblauchkröte, Kreuzkröte und Zauneidechse besonders wohl. „Allerdings nur, wenn die Gruben noch offen und nicht komplett zugewachsen sind“, betont der Naturschutzbiologe Julian Mattes. Der wissenschaftliche Mitarbeiter von der Önsor betreut das Projekt „Rotenburger Sandhelden“ und begleitet auch die Maßnahmen bei Nartum zur Aufwertung von Sandlebensräumen.

Während der Bagger Unmengen an Gestrüpp aus der Grube manövriert, erzählt Mattes in seinem ausgebauten Kleinbus von umfangreichen Recherchen zu den seltenen Arten: „Die Kröten und die Zauneidechse lebten ursprünglich in Auenlandschaften. Diese sind jedoch aufgrund von Flussbegradigungen und immer mehr landwirtschaftlich genutzten Flächen in Norddeutschland sehr selten geworden.“

Die Tiere haben sich diesen menschlichen Eingriffen teilweise angepasst und sogenannte Sekundärlebensräume besiedelt: vom Menschen geschaffene Habitate, die den natürlichen Lebensräumen sehr ähnlich sind. Im trockenen Sand der für die Rohstoffgewinnung genutzten Gruben können sich die Kröten vor Fressfeinden schützen, zum Laichen benötigen sie aber mindestens einen Monat lang flaches Wasser, in dem sich die Kaulquappen zu Jungkröten entwickeln können.

Derartige Temporärgewässer habe es in der ehemaligen Sandgrube bereits gegeben, die letzte dokumentierte Sichtung einer Knoblauchkröte konnte Mattes auf das Jahr 2018 datieren. Kreuzkröten seien sogar noch letztes Jahr auf dem Privatgrundstück eines Hamberger Sandhandels aktiv gewesen.

Mit der Freilegung von Flächen und der Vertiefung der feuchten Stellen soll das wertvolle Biotop nun ökologisch aufgewertet werden. Mattes hofft auf die Rückkehr natürlicher Vorkommen, eine gezielte Wiederansiedlung ist nicht vorgesehen.

Wichtig sei bei einem derartigen Projekt vor allem die Kontinuität, erklärt der studierte Naturschutzbiologe: „Die Befürchtung, dass die Grube wieder zuwächst, ist natürlich da. Wiederkehrende Pflegemaßnahmen sind wichtig, sonst verschwinden die Lebewesen wieder.“ Das von der Bingo-Umweltstiftung geförderte Projekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt, danach übernimmt die Önsor die Pflege aus eigenen Mitteln. Die Nartumer Grube ist die zweite Instandsetzung des Projektes „Rotenburger Sandhelden“, weitere Artenschutzmaßnahmen für Sandlebewesen an anderen Standorten sind bereits geplant.

Häufig wenden sich private Eigentümer von ungenutzten Flächen an den Nabu, um gemeinsam Möglichkeiten des Natur- und Artenschutzes zu erörtern. Wie bei der Nartumer Sandgrube kooperiert die Önsor aber auch immer mit den zuständigen Naturschutzbehörden.

Die Zusammenarbeit funktioniere laut Mattes gut, schließlich profitiere das Land Niedersachsen auch von der kostenfreien Bereitstellung der Fläche durch den Sandhändler und den extern finanzierten Maßnahmen des Nabu. Denn Knoblauch- und Kreuzkröte sowie Zauneidechse sind europarechtlich als sogenannte FFH-Arten geschützt. Wenn die Population sich stark verringert, drohen dem Land hohe Strafzahlungen an die EU.

Außerdem sei dem Naturschutzbund auch die Einbindung der lokalen Bevölkerung wichtig. Denn der ökologische Nutzen ist bei einschneidenden Landschaftsveränderungen für Laien nicht sofort erkennbar. Das habe in der Vergangenheit schon häufiger zu skeptischen Nachfragen von Spaziergängern und Anwohnern geführt, berichtet Mattes.

Auch deshalb ist für nächstes Jahr eine öffentliche Exkursion zur Sandgrube geplant, um die Hintergründe der hoffentlich zunehmenden Balzrufe der Kröten zu erläutern.

Zudem soll eine Schneise die Sicht auf die Grube ermöglichen – ein Wanderweg in der Nähe vom Haus Kreienhoop der Kempowski Stiftung führt direkt an dem privaten Grundstück des Sandhändlers vorbei.

Von dem Projekt sollen neben den Kröten und Eidechsen auch Wildbienen, Uferschwalben und Pflanzen wie der Sumpf-Bärlapp und der Rundblütiger Sonnentau profitieren. Denn letztlich hätten alle Arten einen Nutzen innerhalb komplexer Ökosysteme, sagt Mattes: „Die einzelnen Effekte kennen wir häufig gar nicht, und wissen daher auch nicht, was passiert, wenn eine Art wegbricht. Deshalb ist grundsätzlich jede Art schützenswert.“

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