Abbau für Wiederaufbau: Heimatverein krempelt Gelände um - Von Andreas Schultz

Hammerzeit

Für ein Gruppenfoto ist eine kurze Pause drin, ansonsten haben Heimatverein und Helfer alle Hände voll zu tun.
 ©Andreas Schultz

Sottrum. Rhythmisch schlagen die schweren Werkzeuge gegen die vernagelten Bretter. Es knarrt und quietscht, als an anderer Stelle große Stemmeisen Holz von Holz lösen. Da trennt sich eine ganze Reihe von Leisten aus den schweren, schwarzen Balken und rutscht von dem herunter, was einst das Dach des Backhauses war. Die Haus-und-Hof-Truppe des Heimatvereins hat an diesem Mittwoch mal wieder schwer zu tun, schwerer noch als sonst: Der wöchentliche Arbeitsdienst widmet sich zum letzten Mal der Zerlegung des kleinsten Gebäudes auf dem Heimatgelände.

In den vergangenen drei Wochen haben sich die Männer mit dem langsamen, aber stetigen Abschied vom Backhaus beschäftigt. Der Verein „Freunde alter Landmaschinen“ packt mit an, eine Kraft vom Bauhof der Gemeinde bringt einige Maschinen und Know-how mit. Keiner der Anwesenden lässt sich von Regen und Niesel abhalten, alle sind wetterfest gekleidet. Mosern über das Wasser von oben gibt es keins, die Sprache des Werkzeugs dominiert. Und wenn doch mal ein Wort fällt, dann ein Kommando oder eine witzelnde Bemerkung: Die Arbeiter sind die meiste Zeit in ihr Tun vertieft.

Zu den Aktiven aus dem Heimatverein zählen neben ehemaligen Zimmerern und weiteren Handwerkern auch Kaufleute und andere Berufsgruppen. „Das ist eine bunt gemischte Gruppe, und alle top motiviert, wie man sieht“, sagt Hans-Jürgen Krahn, Vorsitzender des Heimatvereins Sottrum, und lacht erfreut. Aber auch alles ältere Semester, was einer der Helfer schmunzelnd bestätigt: „Bei uns kommt keiner unter 80 aufs Gerüst.“

Zu tun gibt es bei dem Abbau für alle genug: Anfangs Stein für Stein, nun Brett für Brett. Bei vergangenen Einsätzen mussten die Dachziegel runter, dann alles raus, was zwischen den Balken des Fachwerks sitzt. Schließlich lockerten die Ehrenamtlichen die Bolzen, sodass ein Kran das Bauwerk vom Fundament trennen und für den vereinfachten Abbau auf den weiten Platz vor den Spieker heben konnte. „So kann man vernünftig daran arbeiten. Die Sicherheit geht vor“, sagt Krahn. Am bisherigen Standort hätte der Abbau nicht umgesetzt werden können: Der große Ofen, der die Fläche des 6,5 mal 4,25 Meter messenden Gebäudes zu weiten Teilen füllt, wäre zu umständlich gewesen.

So, vor dem Spieker aufgebockt und mit einem Gerüst gefüllt, lässt sich der Hammer viel leichter gegen das helle Holz schwingen, auf dem einst Dachpappe und Ziegel lagen. Von der neuen Arm- und Beinfreiheit im Innenraum machen die Helfer entsprechend Gebrauch. Wieder knallt es heftig, als eines der Werkzeuge von unten gegen auf das Holz trifft, diesmal fliegen die Splitter ein paar Meter. Ungerührt davon klopfen zwei Mitglieder der Truppe mit kleineren Hämmern auf Leisten herum. Teile des Gebäudes, die später noch gebraucht werden können, befreien sie von Nägeln. Die brauchbaren Stücke wird später der Bauhof einlagern, schließlich soll die Gemeinde das Backhaus irgendwann wieder aufstellen.

Nur wo: Das ist noch nicht klar. Sicher ist hingegen, dass es nicht zwischen Spieker und Heimathaus kommt, wie ursprünglich geplant. Vereinsmitglieder bringen die Platzfrage ins Spiel, es würde dort zu eng werden, heißt es. Eine weitere Facette stellt der Vereins-Chef in den Fokus: Für das erneute Aufstellen auf dem Gelände des Heimatvereins bräuchte es auch eine erneute Baugenehmigung. Und, diese Erfahrung hat man in den vergangenen Monaten gemacht, die ist nicht leicht zu bekommen. Denn für den Bau des Europäischen Heimat- und Kulturhauses, das an den alten Platz des Backhauses treten wird, sei das Verfahren beim Landkreis umständlich gewesen, erklärt der Sottrumer Bürgermeister und stellvertretende Landrat. Krahn: „Die Baugenehmigung dafür zu bekommen, war schon kompliziert genug. Deshalb auch die Zeitverzögerung.“ Einer der Gründe dafür dürfte das Überschwemmungsgebiet der nahegelegenen Wieste sein. So fallen die Pläne für den Wiederaufbau des Backhauses sprichwörtlich ins Wasser. Vielleicht kommt es dafür im Park am Eichkamp zum Einsatz, das kleine Wäldchen auf der anderen Seite das Rathauses, das umgangssprachlich auch als „Eichpark“ bekannt ist. Die Gemeinde plant die Umgestaltung des Areals, Krahn kann sich das Backhaus als Unterbringungsort für alle notwendigen technischen Installationen vorstellen – „und optisch passt es auch ganz gut“. Ob es tatsächlich so kommt, ist von der Entscheidung des Gemeinderates abhängig.

Ein gezielter Schlag mit dem Hammer aufs Eisen befördert den letzten Holznagel durch die Öffnung auf der anderen Seite des Balkens. Das schwarze, kantige Fachwerkholz ist mit einem Seil an einem Gabelstapler gesichert. Alle Helfer schauen dem Fahrer dabei zu, wie er das schwere Teil aus dem Gerippe löst, eine Reihe von Kommandos fällt – genauso wie wenig später die freie Seite des Balkens. Ein dumpfes Geräusch bestätigt den Aufprall auf dem grasbewachsenen Boden. Ein Rädchen greift ins andere, wenn diese Männer ein Haus zerlegen. „Ich muss schon sagen, ich bin stolz auf die Truppe. Es ist schön, als Vorsitzender so eine Mannschaft zu haben“, lobt Krahn.

Wo die Gruppe keinen Handlungsspielraum hat, zeigt sich beim Blick auf den Ofen: Den wird der Verein nicht mitnehmen können, denn er ist auf einer Betonplatte gemauert worden. Zu groß wäre der Aufwand, würde man ihn erhalten wollen, erklärt Krahn. Dafür wird das Europäische Heimat- und Kulturhaus an seiner Stelle einiges hermachen, wenn es nach dem Verein geht. „Dat ole lüttje Huus“, das sich der Verein aus Buschhausen bei Osterholz-Scharmbeck gesichert hat, soll nach Wiederaufbau neben dem Spieker circa 10,5 mal 12 Meter messen und damit ein ganzes Stück mehr Fläche als das abgebaute Backhaus einnehmen. „Wir hoffen, dass wir Mitte November damit beginnen können und dass wir Mitte nächsten Jahres fertig sind“, sagt der Heimatvereinsvorsitzende. Die Einzelteile des Zweiständerhauses von 1778 liegen bereits beim Bauhof bereit. „Wir schaffen hier einen Wert für die Allgemeinheit“, erinnert Krahn. Und während er die Hilfe der anderen Vereine und die des Sottrumer Bauhofs lobt, fährt auch schon der Wagen mit duftender Suppe für die fleißigen Handwerker vor.

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