Grundschule: Rektor Bernd Tippel geht in den Ruhestand - Von Heidrun Meyer

Pädagogisch viel verändert

Die Umgestaltung des Schulhofes war für den scheidenden Rektor Bernd Tippel ebenfalls ein wichtiges Thema. Foto: Heidrun Meyer
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Sittensen. Er ist aus Überzeugung Lehrer geworden. „Ich liebe die deutsche Sprache und lese seit jeher mit Begeisterung.“ Darum hat Bernd Tippel Deutsch studiert. „Ein Fach wie Deutsch kann nicht nur Spaß machen, sondern muss es auch. Das muss man nur lebendig vermitteln“, sagt der Pädagoge. Das war sein Anspruch in seiner fast 40 Jahre dauernden Lehrerlaufbahn. Nun klingelt für den Rektor der Sittenser Grundschule am 27. Juni zum letzten Mal die Schulglocke. „Danach bin ich offiziell Pensionär“, lässt er wissen.

Wehmut? „Nein, ein Kapitel im Leben ist abgeschlossen.“ Traurig ist er jedoch, dass die Nachfolge nicht geregelt ist. „Die Stelle wurde zweimal ausgeschrieben.“ Das sei ein generelles Problem. „Der Schulleiterposten ist mit großem Arbeitsaufwand verbunden. Man muss sich mit Behörden, Politik und anderen Institutionen auseinandersetzen und steht immer in der Verantwortung. Auch in den Sommerferien ist zumindest die telefonische Erreichbarkeit Pflicht. Die wöchentliche Arbeitszeit summiert sich schnell mal auf 50 Stunden. Jüngere scheuen oft vor der Verantwortung zurück, außerdem ist der Posten wenig lukrativ“, weiß der 65-Jährige. Überhaupt werde der Stellenwert des Grundschullehrers unterschätzt. „Dabei legen wir das Fundament. In Skandinavien werden die besten Lehrer in die Grundschulen geschickt.“

Seine Stellvertreterin, Ilse Carstens-Rillox, übernimmt die Leitung kommissarisch. „Mit ihr habe ich eine tolle Konrektorin an meiner Seite. Wir haben ein sehr vertrauensvolles Verhältnis“, so der scheidende Rektor. Eine Schulleitung zu übernehmen, sei nicht unbedingt seine Absicht gewesen. „In dieser Position kann man aber, eingebunden in die Vorgaben, die Entwicklung einer Schule mitgestalten“, unterstreicht Tippel.

Nach seinem Studium an der Pädagogischen Hochschule in Hannover war er acht Monate als Lehrer an der Heimberufsschule „Backhausenhof“ in Burgdorf beschäftigt, danach absolvierte er einen Vorbereitungsdienst an der Hauptschule Zeven. Nach dem zweiten Staatsexamen für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen arbeitete er als Lehrer an der Haupt- und Realschule Sittensen mit Orientierungsstufe. 1983 wurde ihm die Funktion des stellvertretenden Stufenleiters an der Orientierungsstufe mit gleichzeitiger Leitung der Fachkonferenz Sprachen übertragen. 1990 folgte die Beauftragung zum Fachbereichskonferenzleiter für musisch-kulturelle Bildung. 1995 fand die Abordnung mit zehn Wochenstunden an die Sittenser Grundschule statt, 1996 die Ernennung zum Konrektor und 2007 zum Rektor.

Mit den neuen, gesellschaftlichen Anforderungen ist eine Vielzahl von pädagogischen Veränderungen einher gegangen: Die Verlängerung der Betreuungszeiten, 2002 die Einführung der verlässlichen Grundschule, 2006 das Integrationskonzept. Die Themen Integration und Inklusion liegen Tippel ohnehin am Herzen: „Jedes Kind sollte entsprechend seiner Fähigkeiten geschätzt und gefördert werden.“ So war die Sittenser Grundschule eine der ersten im Landkreis, die eine Kooperation mit einer Förderschule für Kinder mit besonderem Förderbedarf eingegangen ist, 2007 hat sie sich dem Kooperationsverbund zur Hochbegabungsförderung angeschlossen. Tippel fungierte zehn Jahre als Koordinator. Seit 2013 ist die Grundschule inklusive Schule und erhielt die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus“. Seit 2010 ist sie eine offene Ganztagsschule. Obwohl die Schülerzahlen tendenziell zurückgehen, ist die Teilnahme am Ganztag gestiegen. „Jeden Tag essen zwischen 100 und 120 Kinder bei uns Mittag. Damit ist die Kapazitätsgrenze unserer Mensa erreicht“, sagt Tippel. „Wir sind hervorragend aufgestellt und halten eine Frühbetreuung und ein hortähnliches Angebot vor.“ Einzig die jahrgangsgemischte Eingangsstufe, die sechs Jahre erfolgreich gewesen sei, steht vor dem Aus. Das Kollegium könne auf Dauer die Anforderungen nicht mehr leisten und fühle sich vom Kultusministerium nicht ausreichend durch zusätzliche Stunden unterstützt.

Nach wie vor wünscht sich Tippel eine Schule, „in der jedes Kind seinen eigenen Weg gehen und sich nach seinen Fähigkeiten entwickeln kann.“ Das brauche gutes und ausreichendes Personal. Die Zensuren würde er am liebsten abschaffen. „Die werden aber von den Eltern gefordert. Sie haben zum Teil noch ein veraltetes Schulbild vor Augen. Nach dem Motto: Alle Kinder machen alles gemeinsam. In Zeiten von Integration und Inklusion klappt das nicht. Zudem geht die Leistungsschere immer weiter auseinander. Man kann auch mit einem Hauptschulabschluss Karriere machen. Nicht jedes Kind muss Abitur machen, auch wenn es sich die Eltern wünschen“, betont Tippel.

Nun freut er sich auf die freie Zeit, auch für seine zwei und vier Jahre alten Enkeltöchter. In der ersten Ferienwoche geht es erstmal nach Griechenland, sein bevorzugtes Reiseziel im Sommer. Auch die Gartenarbeit weiß er inzwischen zu schätzen. Dann ist da noch sein großes Steckenpferd: die Musik. Sein Wunsch ist es, ein Jazz-Trio zu gründen, schon früher war er Mitglied einer Band. Auch Lesungen kann er sich vorstellen. Sein Lieblingsautor ist Kurt Tucholsky. „Ich liebe seine Art des Schreibens und den besonderen Humor.“ Tippel hat seine Leidenschaft für das Lesen und Vorlesen nicht nur an seine Kinder weitergegeben, sondern auch an der Schule integriert. Eine eigene Schulbücherei ist maßgeblich ihm zu verdanken. „Das Vorlesen abends am Bett prägt Kinder ungemein“, bekräftigt Tippel. Eins weiß er genau: „Langeweile kommt in meinem Ruhestand nicht vor.“

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