Unesco ernennt Handwerk zum Immateriellen Weltkulturerbe - Von Nina Baucke

Blaues Wunder

Das Scheeßeler Blaudruckteam und die Näherinnen des Quilts freuen sich über die Auszeichnung der Unesco. Das Kunstwerk selbst soll voraussichtlich im kommenden Jahr im Rahmen einer Ausstellung in Paris zu sehen sein. Fotos: Nina Baucke
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Scheeßel. Was haben Blaudruck und Reggae gemeinsam? Nicht viel, könnte man meinen. Bis auf eines: Beides gehört seit einem entsprechenden Beschluss am Mittwochabend zum Immateriellen Kulturerbe der Unesco. Und dabei, zumindest für den Blaudruck, spielte der Scheeßeler Heimatverein Niedersachsen eine entscheidende Rolle, so dass bei einer spontanen, kleinen Feierstunde am Donnerstagabend im Kunstgewerbehaus auf dem Meyerhof vor Freude die Hände in die Luft fliegen.

„Ein Weltereignis findet statt – und Scheeßel ist dabei“, jubelt Uwe Wahlers, Vorsitzender des Heimatvereins. „Denn was wir hier erreicht haben, erreicht man nicht jeden Tag, und schon gar nichts, was weltweit Aufmerksamkeit erregt.“

Im März 2017 war der Stein ins Rollen gekommen, durch eine gemeinsame Bewerbung Deutschlands mit Österreich, der Tschechischen Republik, Slowakei und Ungarn – alles Länder, in denen es noch Blaudruckwerkstätten gibt. Zwölf davon in Deutschland, und alleine in Niedersachsen drei: neben Scheeßel auch in Einbeck und Jever.

Das Besondere: Während alle Werkstätten in Deutschland gewerblich arbeiten, pflegen in Scheeßel acht Blaudrucker seit 1975 ehrenamtlich diese alte Handwerkskunst. „Insofern ist diese Auszeichnung auch eine Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit“, betont Nils Meyer, Leiter des Heimatmuseums. Und auch die Taktgeberin der Bewerbung ist aus der Runde der Scheeßeler: Annerose Rathjen.

„Annerose hat da sehr viel Energie hineingesteckt“, lobt Wahlers. „Immerhin braucht die Kommission Informationen und Futter, um auf so etwas aufmerksam zu werden, und das ist nicht mal eben so gemacht.“ Die stoffgewordene Würdigung für Rathjens Arbeit, aber auch für das Engagement des ganzen Blaudruck-Teams, hängt seit Donnerstag an der Wand des Kunstgewerbehauses: ein imposanter Quilt aus Blaudruck. Franziska Berger, Anita Vahjen und Karin Wahlers haben in hunderten Arbeitsstunden aus etlichen kleinen Stoffquadraten mit sechseinhalb Zentimetern Kantenlänge ein blau-weißes Kunstwerk geschaffen. „Das ist ein großes Dankeschön und mit Geld nicht zu bezahlen“, freut sich Rathjen. Auf der einen Seite des Quilts haben sich nicht nur die drei Näherinnen verewigt, sondern dort wollen sie auch noch die Namen des Blaudruck-Teams einsticken.

Meyer ist zuversichtlich, dass durch die Unesco-Würdigung das Interesse am Scheeßeler Heimatmuseum wächst – und auch mehr Gäste von weiter her an die Beeke lockt. „Wir sind da auch bereits in Gesprächen mit der Gemeinde, wie sich der Blaudruck marketingtechnisch einbinden lässt“, so Meyer. „Denn so etwas Prägnantes gibt es in dieser Region nicht oft. Und nicht zuletzt haben wir durch die Anerkennung hoffentlich die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung aus ganz anderen Fördertöpfen zu bekommen.“

Für nächstes Jahr plant der Verein noch einmal eine offizielle Feier, und dann laufen auch schon erste Überlegungen für Ausstellungen. Eine davon, organisiert von der Unesco, soll in Paris zu sehen sein – und aus Scheeßel reist dann der prächtige Quilt an die Seine.

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