„Obedience“: Hundefreunde Rotenburg-Scheeßel trainieren Zusammenarbeit - VON ANDREAS SCHULTZ

Kopf frei fürs Team

Hündin Emmy läuft um die bunten Pylonen herum. Frauchen Nicole Donhöfer hat im Hintergrund alles im Blick.
 ©Schultz

Rotenburg – „Kegel!“, ruft Nicole Donhöfner in gehobener Tonlage. Emmy, die gerade noch zu ihren Füßen ruhte, sprintet wie der Blitz los: Die neunjährige Hündin umrundet fünf farbenfrohe Pylonen und hechelt zurück zu ihrem Frauchen. Fürs Foto läuft der Mix aus Toy Australian Shepherd und Berger des Pyrénées noch einmal um die Plastikhüte – und macht dabei den Eindruck, als gäbe es für ihn nichts Schöneres auf diesem Planeten. Alles klappt reibungslos. Lautstarker Jubel der Besitzerin ist der Lohn: Emmy springt Donhöfer in die Arme, beide freuen sich zusammen.

Auf dem Platz der Hundefreunde Rotenburg-Scheeßel herrscht reger Betrieb: Zahlreiche Hindernisse dienen dem gemeinsamen Training der Sportart „Obedience“: Hunde und Besitzer treten als Team an, absolvieren verschiedene Übungen, die von beiden Konzentration erfordern, Disziplin, Geduld und von dem Tier das Abrufen gelernter Verhaltensweisen.

Vier Hunde sitzen ruhig in Reihe auf der Wiese, wenige Meter trennen die Vierbeiner. Alle starren gebannt in Richtung Vereinsheim. Wenige Minuten müssen sie still ausharren, dann lösen sich die zugehörigen vier Frauchen aus dem Schatten des Innenraums und treten auf die Übungsfläche. Erwartungsvoll blicken die Hunde in Richtung ihrer Bezugspersonen, ehe Ralf Zitterbart die Reihe abschreitet und den Besitzern als sogenannter „Steward“ das Kommando gibt: „Abrufen!“. Ein Tier nach dem anderen schreitet daraufhin auf Zuruf zum jeweiligen Frauchen.

„Obedience wird oft mit Unterordnung übersetzt. Aber das ist eigentlich ein blöder Begriff“, findet Obedience-Spartenleiterin Ursula Englert. Aus ihrer Sicht geht es eher um die enge Zusammenarbeit zwischen Hund und Besitzer. Auch deshalb sprechen die menschlichen Parts der jeweiligen Duos auch gerne von „Teams“, wenn es um die Einheit von Mensch und Hund geht. Verschiedenste Übungen verlangen den Gespannen einiges ab. Anders als bei „Agility“, wo der schnelle Abschluss von Parcours gefragt ist, stehe bei Obedience die Vielfältigkeit im Vordergrund: Mal wird der Hund zu einem bestimmten Punkt geschickt und muss auf Zuruf sofort stoppen, mal geht es ums Hören auf Kommandos wie „Platz“ auf Entfernung von 15 Metern.

Eine Vereinskollegin und ihre Fellnase trainieren auf dem Grün eine Übung, die es in sich hat: Auf Ansage springt der Hund über eine von zwei Hürden, umrundet die Kegel, nimmt einen Gegenstand auf und bringt ihn zurück. Das klappt auf Anhieb. Für das Mitmachen gibt es ein Leckerli – und auf geht es zur nächsten Übung.

„Das ist eine anspruchsvolle Übung“, kommentiert Englert. „Da muss auch der Kopf vom Hundeführer frei sein“. Was sie persönlich seit 25 Jahren an dem Sport fasziniert, ist die Vielfältigkeit. Zehn Übungen sprechen verschiedene Fähigkeiten der Hunde an. Neben dem Sitzen in der Gruppe und dem Hürdenlauf mit Apport gibt es etwa das Identifizieren eines vom Hundeführer berührten Gegenstandes unter vielen gleichartigen – und damit auch Begabungen, über die der Mensch nicht verfügt. „Da staunt man auch schon mal, man hat eine gewisse Ehrfurcht“, sagt Ralf Zitterbart, stellvertretender Vereinsvorsitzender.

Mickey schaut. Erst zu seiner Team-Partnerin Ursula Englert, dann in Richtung Wald, auf den Platz, dann zu dem bislang unbekannten Mann mit dem Notizblock. Mickey grüßt. Dem dreijährigen Border Collie entgeht nichts, er schnüffelt, späht, tapst von A nach B, richtet sich auf, schnuppert – er strahlt diese Rastlosigkeit aus, die vielen seiner schwarz-weißen Artgenossen zueigen ist. Der Hund, der gerade nicht mit einer Aufgabe betraut ist, scheint sich selbst etwas zu suchen wollen, was sich erledigen ließe – bis es dann endlich wieder mit Englert auf den Übungsplatz geht.

„Collies arbeiten gern, besonders mit dem Kopf“, sagt die Spartenleiterin. Deshalb sehe man sie auch öfter bei den Prüfungen. Manche Rassen hätten natürliche Neigungen, grundsätzlich sei das Obedience-Training mit allen Hundearten möglich, fügt Zitterbart hinzu. Bei manchen gestalte es sich jedoch leichter, dem Tier beizubringen, was gerade angesagt ist. Dem Tier zu vermitteln, dass es beispielsweise in möglichst gerade Linie vom Hundeführer entfernen soll, erfordere schon so manchen Trick, sagt Englert. Außerhalb des Turnierbetriebs helfen Spiel und Leckerli als Belohnung, erläutert Zitterbart – während der Abnahme vor dem Richter müsse es allerdings ohne gehen. Damit der Hund die Abwesenheit von Belohnung in der angespannten Turniersituation versteht – und weiß, dass es später auch wieder Zuneigung gibt – müsse auch das Teil des Trainings sein, erklärt der stellvertretende Vorsitzende.

Für Mickey ist jetzt die Fußarbeit dran: Der Dreijährige läuft eng an den Beinen von Englert, sucht den Blick Kontakt. Mal gehen beide etwas schneller, mal langsam, auch Winkel sind Teil der Route über das Gras. Auch hier funktioniert wieder alles, ein weiterer Grund zum gemeinsamen Feiern.

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