Einige Gastronomen sind Vorreiter / Noch ist Nachfrage gering - VON JUDITH TAUSENDFREUND

Mehrweg statt Einweg

Jason Rach und Chiara Landsiedel zeigen ihre Mehrwegverpackungen.
 ©Tausendfreund

Rotenburg – Mit dem Spruch „Werden Sie Meldeheld:in“ wirbt Greenpeace seit Kurzem für mehr Druck in Sachen Mehrweg-Alternativen. Die Idee ist neu. Hintergrund des Online-Portals, welches von der Non-Profit-Organisation vor wenigen Tagen geschaltet wurde, ist ein Gesetz, welches schon seit Beginn des Jahres greift. Demnach sind Restaurants, Bistros, Cafés, aber auch Imbissbetriebe und Caterer sowie Lieferdienste verpflichtet, neben den üblichen Plastikverpackungen auch eine Mehrwegalternative anzubieten, um so das Essen oder auch die Getränke mitzunehmen.

Der Sinn des Gesetzes ist selbsterklärend: Es geht um die Vermeidung von Plastik im Alltag. Dabei gibt es Ausnahmen: Kleine Betriebe, die mit maximal fünf Beschäftigten arbeiten und eine Verkaufsfläche von weniger als 80 Quadratmetern ihr Eigen nennen, sind von der gesetzlichen Pflicht ausgenommen.

Laut Greenpeace beteiligen sich bisher deutlich zu wenig Anbieter an der Idee, Mehrweg-Alternativen anzubieten – doch wie sieht das konkret in Rotenburg aus?

Beispielsweise das Café-Restaurant Hollmann in der Rotenburger Innenstadt hat „to-go-Boxen“ und auch Kaffeebecher, die gegen die Zahlung einer Pfandgebühr ausgeliehen und sauber gespült wieder zurückgegeben werden können. „Es fragen zwar nicht viele Gäste konkret nach, aber aktuell sind alle unsere Boxen unterwegs“, weiß Chiara Landsiedel, die bei Hollmann arbeitet.

Direkt nebenan befindet sich die Fleischerei Hollmann. Hier wurde schon vor der Einführung des Gesetzes das Thema Mehrweg ernst genommen. „Unsere ,Hollmann Leckerbox‘ haben wir noch vor der Corona-Pandemie eingeführt, also vor mehr als drei Jahren“, erklärt Inhaberin Heike Hollmann. Die Box kann ebenfalls gegen die Zahlung von fünf Euro Pfand ausgeliehen werden. Einige Kunden bringen auch ihre eigene Verpackungen mit, bestätigen die beiden Verkäuferinnen, die heute an der Theke stehen.

„In der Corona-Zeit ist das Ganze allerdings etwas eingeschlafen“, so Hollmann weiter. Aktuell sei die Nachfrage nach Mehrweg-Verpackungen sehr gering. „Aber ich denke, im Sommer, wenn mehr gegrillt wird, steigt die Nachfrage wieder“, spekuliert sie. Grundsätzlich, so Hollmann, seien sie und ihr Team offen für die neuen Ideen. „Wir benutzen auch nur noch Papiertüten, es geht ja um die Vermeidung von Plastikmüll. Wenn jeder mitmacht, können wir etwas erreichen“, sagt die Geschäftsfrau.

Anders sieht es bei Güven Kaya aus. Er steht im Kebabimbiss an der Ecke Große Straße/Am Wasser am Tresen und zuckt auf die Frage nach Mehrweg-Verpackungen mit den Schultern. Zögerlich gibt er an: „Im Moment nutzen wir noch die Plastikverpackungen, aber wir werden uns erkundigen, welche Alternativen es gibt“.

Im Kaya Grillhaus am Neuen Markt ist die Nachfrage nach Mehrweg aktuell noch gering. „Ich schätze, es sind etwa zwei Prozent der Kunden, die sich danach erkundigen“, sagt Geschäftsführer Umut Kaya. Allerdings gibt es in seinem Haus bereits jetzt eine Mehrwegverpackung, die als Standard genutzt wird. Die harten Plastikschalen, in denen das Essen verpackt wird, sind durchaus zu spülen und eben mehrfach zu verwenden. „Das machen auch einige“, ergänzt Hazar Kaya. Dennoch wollen sich die beiden – jetzt, nachdem sie von der Sache mit dem Meldeportal gehört haben – noch einmal über weitere mögliche Verpackungsalternativen informieren.

Auch McDonalds gehört zu den klassischen to-go-Anbieter. Franchise-Nehmer Uwe Breitkopf hat dort ein System entsprechend den gesetzlichen Vorlagen eingeführt und ist zufrieden. „Das läuft bei uns reibungslos, wir hatten uns die ganze Sache zunächst komplizierter vorgestellt.“ Der Kunde muss in seiner Bestellung aktiv wählen, ob das Essen oder Getränk in einem Mehrweg- oder Einweg-Material verpackt werden soll. Für die Mehrwegvariante fällt ein Pfandgeld an. „Die Behälter sind gebrandet und können deutschlandweit zurückgegeben werden“, berichtet er. Mehrere Hundert Becher gehen bei ihm pro Monat über die Theke. Der Rücklauf sei allerdings noch überschaubar. „Die Becher sind hochwertig, offensichtlich erfreuen sie sich großer Beliebtheit“, sagt er. Breitkopf geht davon aus, dass sich dieser Hype bald legt und das Mehrweggeschirr dann, wie gewünscht, wieder den Weg zurückfindet. Gut findet er, dass der Kunde bei jeder Bestellung aktiv auswählen muss, welche Verpackung er auswählt. „Somit liegt die Entscheidung eben nicht mehr bei uns“, so der Geschäftsführer.

Es gibt noch viele weitere Adressen, die Essen to go anbieten. Die größeren Anbieter, etwa der Rewe Markt an der Großen Straße, verweisen auf die Pressestellen in ihren Zentralen. Hier wird bundesweit einheitlich auf die Einhaltung des Gesetzes geachtet. Die kleineren Gastronomiebetriebe punkten in Rotenburg schon jetzt mit individuellen Ideen wie zum Beispiel die Boxen. Allerdings scheint die Nachfrage nach Mehrweg statt Einweg noch bescheiden zu sein. Unabhängig von dieser, für den Umweltschutz eher bedauerlichen Feststellung, ist in Rotenburg für den Vollzug und die Überwachung nach der Verpackungsverordnung nicht das Ordnungsamt zuständig.

Ansprechpartner ist die untere Abfallbehörde, also der Landkreis. Der gibt über seine Pressestelle bekannt, dass bisher kein Betrieb kontrolliert wurde, eine solche Kontrolle jedoch „Anlass gegeben vorgesehen“ ist – agieren kann das Amt also. Sollte ein solcher Anlass einmal anstehen, wird es für die betroffenen Gastronomen richtig teuer: Denn Verstöße gegen das Verpackungsgesetz können mit bis zu 10 000 Euro Bußgeld belegt werden.

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