Diskussion um Umbenennung der Lent-Kaserne im Ratssaal - Von Karen Bennecke

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Nordwest-Radiomoderator Stefan Pulß (Zweiter von links) im Gespräch mit Marc Andreßen (Links), Jürgen Knab, Begründer der Initiative "Gegen falsche Glorie" und Bürgemeister Andreas Weber.
 ©Karen Bennecke

Rotenburg. Die Frage, ob die Lent-Kaserne umbenannt werden soll, beschäftigt viele Rotenburger – und auch einige Nicht-Rotenburger – seit geraumer Zeit. Die einen halten es für nicht zeitgemäß bis verwerflich, den Namen eines hochdekorierten Piloten der Luftwaffe, der von den Nazis als Held gefeiert wurde, beizubehalten. Die anderen halten dagegen, dass Lent laut Gutachten „kein Nazi im eigentlichen Sinne“ gewesen sei und der Name aufgrund der langjährigen Tradition für viele Rotenburger und Angehörige der Bundeswehr identitätsstiftend sei. Im September hatte sich der Stadtrat mit großer Mehrheit für die Beibehaltung des Namens Lent-Kaserne entschieden, doch die Diskussion geht weiter.

Nun hat auch das Nordwestradio das Thema aufgegriffen und am Mittwoch im Rahmen seiner Reihe „Nordwestradio unterwegs“ Vertreter der verschiedenen Positionen zum Gespräch im Rotenburger Ratssaal eingeladen. Der Einladung von Moderator Stefan Pulß gefolgt waren Bürgermeister Andreas Weber (SPD), Marc Andreßen (Bündnis 90/die Grünen) und Jakob Knab, Begründer der Initiative „Gegen falsche Glorie“. Der Bundestagsabgeordnete Stefan Klingbeil (SPD) war aus Berlin zugeschaltet. Abgesagt hatte die ebenfalls eingeladene Initiative für die Beibehaltung des Namens Lent-Kaserne, ebenso die Bundeswehr.

Weber und Klingbeil sprachen sich für eine Beibehaltung des Namens aus, der aufgrund der jahrzehntelangen Tradition für viele Rotenburger und Bundeswehrangehörige identitätsstiftend sei. Die neuesten Gutachten enthalten die Einschätzung, dass Lent von den Nationalsozialisten glorifiziert und für ihre Propaganda vereinnahmt wurde, selber aber eine „innere Distanz“ zu ihnen gehabt habe.

„Das Zentrum für Militärforschung ist die zuständige Behörde, und wenn das mit solch einem Gutachten kommt, gehe ich davon aus, dass die Dinge stimmen“, zeigte sich Weber überzeugt.

„Wenn wir heute eine Kaserne neu aufmachen, würden wir sie sicher nicht nach Helmut Lent benennen,“ so Klingbeil. „Bei mir sind die Fragezeichen durch die neuen Gutachten aber so gewachsen, dass ich nicht sagen könnte, wir müssen umbenennen. Deshalb würde ich es bei dem Namen belassen.“

Für Knab, der seit Jahrzehnten bundesweit für die Umbenennung von Bundeswehrkasernen kämpft, wenn die Namensgeber mit Nationalsozialismus oder Kolonialismus in Verbindung gebracht werden, ändern solche Gutachten nichts an seiner Haltung: „Auch wenn es nicht seine vorrangige Motivation und Zielsetzung war, war Lent ein funktionierendes Rad der Kriegs- und Vernichtungsmaschine.“ Damit entspräche er nicht den Traditionsrichtlinien der Bundeswehr, nach denen sich Namensgeber „durch ihr gesamtes Wirken oder eine herausragende Tat um Freiheit und Recht verdient gemacht haben“ sollten.

Andreßen, Mitbegründer der „Initiative Helmut Schmidt Kaserne“, wies darauf hin, dass es in der Bundeswehr eine „sehr gute und annehmbare Tradition“ gebe, Kasernen nach verstorbenen Verteidigungsministern zu benennen. „Ich habe den Vorschlag auch deshalb unterstützt, weil Helmut Schmidt gegenüber Helmut Lent eine Aufwertung für Rotenburg sein könnte.“ Das Argument des Stadtrates, eine Umbenennung würde „eine schwerwiegende und nicht gerechtfertigte Belastung des Ansehens von Helmut Lent“ darstellen, überzeugt ihn nicht: „Ich würde eher sagen, man nimmt die Familie etwas aus der Schusslinie, wenn man die Kaserne umbenennt. Man kann einen Soldaten auch irgendwann einmal in Ehren aus seiner Dienstzeit entlassen.“

Knab fügte hinzu, dass sich Lents Tochter „als Pazifistin geoutet“ habe. Ihr sei es egal, wie die Kaserne genannt werde. Wichtig sei ihr, dass ihr Vater nicht als Nationalsozialist bezeichnet werde. Letztendlich liegt die Entscheidung, ob die Lent-Kaserne umbenannt wird, beim Bundesverteidigungsministerium. Zum Abschluss der Diskussion zeigte sich Weber optimistisch, dass „wir eine Sinnstiftung gemeinsam mit der Bundeswehr hinkriegen.“ Ob die Debatte damit wirklich ein für allemal beendet ist, wird sich zeigen.

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