Vier Judoka berichten über ihre Eindrücke von der Matte und dass Judo dort nicht aufhört

Ein Sport fürs Leben

Rotenburger Rundschau
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Von Stephan Klimmeck

Landkreise. Judo hat in Deutschland mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Während der Sport in den benachbarten Niederlanden bereits im Schulsport Anwendung findet, kämpfen die Vereine hierzulande mehr um Mitglieder als miteinander auf der Matte. Dabei bietet der aus Japan stammende Kampfsport viele Vorteile, die weit über die Steigerung der körperlichen Fitness hinausgehen.

Während vor allem von besorgten Eltern gegenüber jeglichen Kampfsportarten eine generelle Ablehnungshaltung erfolgt, geht hauptsächlich von Halbwissen eine gewisse Gefährdung für die Popularität des Sports aus. Andererseits wird Judo oft auch als Kinder- oder Kuschelsport abgefrühstückt. Fakt ist, dass beim Judo nur ein sehr geringes Verletzungsrisiko existiert. Aufgrund dessen, und zusätzlichen wertvollen pädagogischen Faktoren, wie das Erlernen von Respekt und Disziplin, machen Judo vor allem für Kinder attraktiv. Doch ein reiner Kindersport würde nicht bereits seit 1964 als olympische Disziplin gelten und weltweit in über 150 Ländern ausgeübt werden. Judo ist damit die am weitesten verbreitete Kampfsportart der Welt.

Die geringe Wahrscheinlichkeit, Verletzungen davonzutragen, rührt auch daher, dass bei der Begründung des Sports 1882 durch Jigoro Kano viele Techniken aus dem traditionellen Jiu-Jitsu entnommen und entsprechend angepasst wurden. So achtete Kano darauf, dass Körper und Geist mit den auszuführenden Bewegungen harmonierten und bestimmten Prinzipien folgten. Im Laufe der Zeit fielen aufgrund der zunehmenden Ausrichtung auf den Wettkampf auch die Schlag- und Tritttechniken weg, was Judo zu einer sehr nahkampforientierten und trotzdem verletzungsarmen Sportart macht. In den Vereinen wird Judo auf unterschiedliche Art und Weise gelehrt. Jede Unterrichtseinheit kann verschiedene Schwerpunkte haben. Neben dem klassischen Training, bei dem die Schüler Würfe, Haltegriffe am Boden, Armhebel oder Würgetechniken für ihre nächst höhere Gürtelfarbe erlernen, gibt es auch das Wettkampftraining, um die erlernten Techniken in der Praxis anwenden zu können. Darüber hinaus muss jeder Judoka auch irgendwann eine Kata erlernen, wenn er weiterkommen möchte. Eine Kata ist ein fest vorgeschriebener Bewegungsablauf, der ganz bestimmte Würfe oder Haltegriffe enthält. Einige Vereine haben sich sogar auf die Kata-Lehre spezialisiert. Die Judo-Selbstverteidigung zählt zu einem weiteren Trainingsschwerpunkt, der aber noch relativ selten praktiziert wird. Dennoch wird es gegenwärtig immer mehr, seit sich Prüflinge zum Schwarzgurt (Dan) anstatt einer Spezialtechnik für die Selbstverteidigung entscheiden dürfen. Judo ist aber mehr als eine Aneinanderreihung von Würfen und Haltegriffen, es ist eine Lebensphilosophie. Es beschreibt eine bestimmte Art und Weise zu leben. Der auf der Judomatte erlernte Respekt gegenüber anderen Mitmenschen wird mit in die „echte Welt“ genommen, genauso wie der Stolz eines Judoka. Durch die Steigerung des Selbstvertrauens geht ein Judoka anders durch das Leben als jemand, der sich nie mit dem „sanften Weg“ beschäftigt hat. Stolz und Ehre sowie eine verbesserte Ruhe und Ausgeglichenheit sind das Ergebnis vieler Trainingsstunden auf der Matte. Der „sanfte Weg“ oder auch „Grundsatz des Nachgebens“ sind zwei mögliche freie Übersetzungen des Wortes „Judo“ aus dem Japanischen ins Deutsche. Es wird sich für den beiderseitigen Fortschritt und das Wohlergehen gegenseitig geholfen, was für einen guten Judoka essentiell ist. Obwohl bei einem Kampf nur zwei Personen gegeneinander antreten, kann der Weg eines erfolgreichen Judoka nur mit anderen Sportlern gemeinsam bestritten werden. Zusammenhalt und Freundschaft in der Gruppe sind zwei der wichtigsten Elemente für eine erfolgreiche Judo-Laufbahn. Traditionell lernen die Schüler und Lehrer viel über das Ursprungsland von Judo. So wird die japanische Sprache nicht nur für einfache Befehle eingesetzt, auch jede Bewegung und jede Technik hat eine weltweit übereinstimmende Bezeichnung. So sind selbst Begriffe wie „Hajime“, „Mate“, „O-soto-gari“, „Kesa-gatame“, „Mokuso“ oder „Ashi“ für einen sechsjährigen Judo-Anfänger keine Fremdwörter, sondern geläufige Begriffe, die ab der ersten Trainingseinheit wie selbstverständlich eingesetzt werden. Judo ist kein einfacher Sport. Wettkämpfe sind stets eine Herausforderung, Prüfungen lassen den Puls nach oben schnellen und jede Trainingseinheit benötigt höchste Disziplin und Aufmerksamkeit. Doch dafür ist Judo für jeden geeignet, da auf die Schüler immer individuell eingegangen werden kann. Es gibt immer unterschiedliche Möglichkeiten, die Techniken auszuführen, weswegen Größe, Gewicht und Geschlecht keine Rolle spielen. Sogar das Einstiegsalter in den Judosport spielt nur eine untergeordnete Rolle. • Autor Stephan Klimmeck übt seit 1995 in seinem Oytener Heimatverein TSV Bassen Judo aus und ist dort seit 1999 als Übungsleiter aktiv. Ab 2005 gesellte sich Ju-Jutsu hinzu, mit Schwerpunkt Selbstverteidigung. Seit 2011 ist Klimmeck Träger des 1. Dan (Schwarzgurt) im Judo. Seit 2014 ist er Mitglied im Vorstand des TSV Bassen.

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