Dea erklärt sich / „No Moor Gas“ macht Druck / Zuschauer empört - Von Elke Keppler-Rosenau

„Wir tun nichts Ungesetzliches“

Besorgte Mienen soweit das Auge reicht: Besucher der "No Moor Gas"-Infoveranstaltung in der Waldorfschule. Foto: Elke Keppler-Rosenau
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Ottersberg. Der Festsaal der Ottersberger Waldorfschule ist riesig, dennoch reichten die Kapazitäten nicht aus, um alle Gegner der seismischen Messungen und späterer Erdgasförderung des Dea-Konzerns aufzunehmen. Die Leute wichen auf Stehplätze, sogar im Forum aus. Alle waren dem Ruf der Ottersberger Bürgerinitiative „No Moor Gas“ gefolgt, um sich an diesem Abend einerseits zu informieren, andererseits aber auch, um Dampf abzulassen.

Malte von Monkiewitsch, Sprecher der Initiative, konnte auf dem Podium Alexander Prexl von der Dea-Abteilung Seismik und Olaf Mager, im Konzern zuständig für Kommunikation, Axel Miesner (MdL CDU), Helge Limberg (MdL Grüne) Dörthe Liebetruth (MdL SPD) Sonja Sievi (Bürgerinitiative No Moor Gas), Andreas Rathjens (Landwirt aus Groß Meckelsen) und Renate Maaß (Geologin und Aktivistin der Initiative „Kein Fracking in der Heide“) begrüßen. Neben den Bürgermeistern Manfred Cordes (Oyten) und Horst Hofmann (Ottersberg) sowie zahlreichen Medienvertretern war auch das ZDF mit einem ganzen Team an die Wümme gereist, um über den Widerstand der Bürger aus den Landkreisen Rotenburg, Verden und Osterholz-Scharmbeck zu berichten.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Meike Ackermann, die allen auf der Bühne zunächst die Möglichkeit gab, sich vorzustellen. Von Monkiewitsch wies darauf hin, was für eine enorme Dynamik bei den Bürgern freigesetzt worden war, verwies auf die zweifelsfrei festgestellten Erdbeben, die Schäden an den Häusern, die ungeklärte Häufung von Krebsfällen, die nachhaltigen Schäden in der Natur und die fehlende Kommunikation zwischen Bürger und Dea. Man müsse nur auf die roten Xe schauen, die beinahe vor allen Häusern in den Landkreisen, sogar auf Wiesen und Feldern als Zeichen des aktiven Widerstandes gegen Fracking aufgestellt wurden, um die Stimmung in der Bevölkerung nachzuempfinden. Dabei würden unglaubliche Kräfte freigesetzt. Oytens Bürgermeister Cordes gab sogleich ein unmissverständliches Statement ab: „Ich will kein Fracking. Nicht für mich, nicht für meine Kinder und Enkel.“ Rathjens, schon viele Jahre in der Bewegung unterwegs und inzwischen Experte, was nachhaltige Schäden in der Natur betrifft, pflichtete der Grasbergerin Sievi bei, die monierte, dass sie von den Dea-Plänen aus der Zeitung erfahren habe. Der Landwirt und zahlreiche Bürger forderten, Einwilligungserklärungen zurückzugeben, zumal sie auf unbefristete Zeit ausgestellt wurden. Diese seien quasi ein Blankoscheck für die Dea, deren Mitarbeiter Prexl sich beharrlich weigerte, Zahlen von Zustimmungen für Bohrungen zu nennen. Die Politiker, allen voran der Landtagsabgeordnete Miesner, entwickelten ungeahnte rednerische Leidenschaft, als sie versprachen, sich für die Belange der Bürger einzusetzen und sich für den Trinkwasserschutz stark zu machen. Insbesondere Erdgasförderung in Wasserschutzgebieten sei ein Unding, kritisierte Landtagsabgeordnete Liebetruth die Vertreter der Dea. Im Gegensatz zu ihrer bisherigen Vorgehensweise zeigten sich diese zugänglicher, was die Bürgerproteste betraf. So lobte Mager das Heimatinteresse der Bürger und zeigte sich beeindruckt von deren Engagement, erntete aber ungläubige Lacher aus dem Publikum für dieses Lippenbekenntnis. Er verkündete den Rückzug vom Antrag auf Messungsgenehmigungen, stellte aber den politischen Willen in den Raum. Immerhin habe das Land Niedersachsen die Lizenzen dafür ausgegeben. „Wir tun nichts Ungesetzliches“, so Prexl, der zusehends schmallippiger wurde und auf die Einnahmen des Förderzins in Millionenhöhe für das Land verwies. Liebetruth stellte die Frage in den Raum, was die Dea nach dem Ausstieg aus der Kohleförderung vorhabe, immerhin sei der Konzern weltweit der größte Gasförderer überhaupt und die riesige Menge an Gas in der Region sei ein Schatz, den es doch sicherlich zu heben gelte. Dann wurden Stimmen laut, dass es keinen unversehrten oder regenerierten Bohrgrund nach der Abernte gäbe. Der Bohrgrund ginge wieder zurück an den ursprünglichen Nutzer, der auf den Altlasten sitzen bliebe, es sei aber kein gesunder Boden mehr und würde es auch nie wieder werden. Miesner stellte engagiert eine Resolution des Landkreises Osterholz in Aussicht, die Seismik parteiübergreifen untersagen würde, denn Grundwasserschutz ginge vor Bodenschätzeabbau. Geologin Maaß zeichnete mit Karten und Bildern ein beängstigendes Szenario von den Bodenbeschaffenheiten bei Förderungen und dem, was mit allen zu erwartenden Konsequenzen mit dem Lebensraum der Menschen passieren würde. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover hat inzwischen schriftlich mitgeteilt, dass Dea den Antrag für die ursprünglich geplanten seismischen Messungen in den Landkreisen Verden/Aller, Diepholz, Osterholz und Rotenburg/Wümme zurückgezogen hat. Damit liege kein aktueller Antrag mehr vor. 
„Sollte sich das Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, doch noch seismische Messungen in dem Gebiet vornehmen zu wollen, müsste Dea einen neuen Antrag einreichen“, teilt LBEG in einer Pressemeldung mit.
Diesen Antrag würde das LBEG, nach eigener Aussage, dann erneut nach den fachlichen und rechtlichen Vorgaben prüfen. Dabei müsste die Landesbehörde auch die betroffenen Landkreise und Gemeinden einbinden.

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