Massendefekt erlebt seine Hurricane-Premiere – und Frontmann Sebastian Beyer berichtet über straffe Zeitpläne und das neue Album – Von Janila Dierks

Gut leben in Düsseldorf

Die Band Massendefekt feierte ihr Hurricane-Debüt.
 ©Rotenburger Rundschau

Die Premiere läuft gut: Massendefekt sind zum ersten Mal beim Hurricane dabei, aber der erste Ring ist voll, die Fans textsicher und bereit sind zum Abgehen. Natürlich wird es zu Beginn des Konzert regnen, natürlich wird gegen Ende die Sonne scheinen. Doch vor dem Auftritt berichtet Sänger Sebastian Beyer im Backstagebereich bei Kaffee und Zigarette über straffe Zeitpläne, ein großes Heimspiel und natürlich das neue Album.

Habt ihr den Soundcheck schon durch?

Sebastian: Ne, es gibt auch nur einen Line-Check. Kurz mal gucken, ob alles da ist und dann geht’s los. Einmal ins Mikro sprechen, einmal die Gitarre anspielen und der Rest wird dann während der Show gemischt. So ist das ja bei Festivals immer, weil die Zeit halt fehlt.

Ihr habt ein neues Album dabei, mit dem ihr jetzt auch schon zwei Monate auf Tour ward?

Sebastian: Ja, seit Februar. Wir haben die erste Hälfte der Tour erfolgreich hinter uns gebracht. Im Herbst geht es weiter.

Wo geht es im Herbst noch hin?

Sebastian: Im Herbst haben wir uns B-Städte ausgesucht, das heißt kleinere Orte, wo wir noch nicht so oft waren. A-Städte sind halt die großen Hauptstädte wie Berlin oder Hamburg und so. Der zweite Teil wird jetzt ein bisschen kleiner. Cottbus, Bremen, Bielefeld, Wolfsburg.

Das große Abschlusskonzert kommt dann im Dezember?

Sebastian: Das ist das große Weihnachts-Heimspiel, das wir alle zwei Jahre veranstalten. Das hat sich seit ein paar Jahren etabliert. Wir ziehen das alle zwei Jahre durch. In den letzten zwei Jahren haben wir das im Stahlwerk gemacht, da passen immer knapp über 2.000 Leute rein und es war die letzten zwei Male ausverkauft. Wir wollten halt im nächsten Schritt ein bisschen größer werden und aber in Düsseldorf bleiben. Die nächste Möglichkeit ist dann nur die Philips Halle. Dazwischen ist nichts mehr. Also war es der logische Schritt und wir versuchen das jetzt einfach mal.

Wie ist das Gefühl: Klappt’s oder klappt es nicht?

Sebastian: Ausverkauft werden wir das Ding nicht kriegen, da passen, glaube ich, so 8.000 Leute rein. Das werden wir nicht schaffen. Der Vorverkauf ist ganz cool, also wir hätten jetzt das Stahlwerk schon voll und es ist ja noch ein bisschen hin bis Dezember. Also ich denke, wenn wir noch mal so 1.000, vielleicht bis 2.000 Gäste mehr kriegen, dann ist schon alles gut. Ich bin auch mit .3000, also einem kleinen Schritt mehr zufrieden.

Bei eurem Abschlusskonzert ist auch Alex Mofa Gang dabei. Seid ihr befreundet?

Sebastian: Ja, Freunde aus Berlin. Wir haben die Jungs vor zwei Jahren mit auf Tour genommen. Da haben sie uns die komplette Tour supportet und da ist eine richtig dicke Freundschaft entstanden, die immer noch anhält.

Ihr macht bei jedem neuen Album so ein spezielles Release-Konzert. Wie war das beim neuen Album?

Sebastian: Wir haben in Düsseldorf so eine Partybahn, die man mieten kann. Wir haben Akku-Verstärker besorgt und sind damit dann in der Straßenbahn durch Düsseldorf gefahren und haben da Konzerte gespielt. Die letzten zwei Alben haben wir auf einem Schiff gefeiert. Die Leute konnten Tickets gewinnen. 200 Leute auf einem Schiff, frei trinken, frei essen und ein bisschen Live-Musik und danach noch in die Stadt ziehen mit allen dann gemeinsam und ein bisschen feiern. Das macht Spaß.

Und ein Schiff passt ja auch gut zu Pazifik, also dem neuen Album. Liest du dir die Kritiken dazu durch?

Sebastian: Ja. Ich kann damit sehr gut umgehen, wenn die Kritiken konstruktiv geschrieben sind. Ansonsten würde ich lügen, wenn ich sagen würde, es würde mich nicht berühren, wenn einer unser Album scheiße findet. Aber eigentlich ist das neue Album durchweg positiv angekommen.

In/die Hölle nimmt die Indie-Szene auf’s Korn. Gibt es dazu eine Geschichte?

Sebastian: Ja, war klar. Unser Live-Mischer Tim hatte noch den Song als Songfetzen bei sich rumfliegen. Wir waren im Studio, haben das gehört und fanden den Groove ganz geil und haben uns gedacht, lass den Song doch nehmen. Dann haben wir den noch ein bisschen verwurschtelt und dann ist der entstanden. Und textlich ist das eigentlich innerhalb von, weiß ich nicht, drei Stunden guter Laune, Spaß im Studio entstanden und wir hatten einfach ein Lauf und haben halt gut gelacht, was man machen kann. Einfach nur eine Spaßnummer, die gerade gepasst hat. Es richtet sich nicht gegen Kraftklub oder irgendwas. Es ist sehr selbstironisch.

Ihr singt im Text „Nie wieder Punkrock, ich geh jetzt nach Berlin“. Ist das etwas, worüber ihr als Düsseldorfer Band mal nachgedacht habt, ihr müsst mal raus, vielleicht nach Berlin?

Sebastian: Bei mir war das nie so, ich bin super gerne da. Ich persönlich wohne ja in Meerbusch, bin in Düsseldorf geboren, aber Meerbusch ist fünf Minuten von Düsseldorf weg. Wir sind halt alles Düsseldorfer. Die Stadt ist super, wir fühlen uns alle sehr wohl. Ich glaube nicht, dass jemand den Drang verspürt, er muss jetzt hier raus. Man kann schon gut leben in Düsseldorf. Eine tolle Stadt.

Euch gibt es jetzt seit 17 Jahren. Das ist schon krass oder?

Sebastian: Ja, die Zeit rennt. Es kommt einem nicht so lange vor.

Aber erst die vergangenen Jahre kam es, dass die Alben in den Charts gewesen sind. Ist das etwas Überraschendes nach so vielen Jahren oder habt ihr darauf hingearbeitet?

Sebastian: Die letzten drei Alben waren auf jeden Fall in den Charts. Dass es sich immer wieder steigert, das ist das, worüber wir uns freuen und was uns auch wundert. Das zeigt einem dann doch irgendwie, am Ball bleiben und dran glauben und weitermachen und fleißig sein wird irgendwie belohnt. In Form von Chartplatzierungen, was uns eigentlich gar nicht so wichtig ist. Aber schon irgendwie das Live-Spielen, dass man mehr Leute erreicht, dass man vielleicht größere Festivals spielt. Und das zeigt dann schon, dass es irgendwie Anklang findet und dann auch wieder für das Neue motiviert.

Massendefekt spielt sich vor allem durch Live-Konzerte und ohne echten Karriere-Plan nach vorne“, habe ich über euch gelesen. Ist das wahr?

Sebastian: Einen Karriereplan? Ne, einen festen Plan haben wir nicht, wir spielen gerne live, wir sind eine Live-Band und versuchen halt durch Live-Konzerte und gute Alben irgendwie Leute zu erreichen und dadurch immer wieder den nächsten Schritt zu gehen. Wenn es dann halt leerer wird bei Konzerten, dann ist das halt so, dann sind wir jetzt auch nicht traurig oder so. Wer uns sehen möchte, soll vorbeikommen und uns feiern. Momentan funktioniert das noch so.

Wenn ihr merkt, da sind nun mehr Leute, die euch zu hören, ändert es dann etwas an dem, was ihr macht?

Sebastian: Ich weiß nicht, also bei uns glaube ich nicht. Ich glaube, das ist so ein Schritt. Jede Band fängt ja irgendwie zum Spaß an und irgendwann wird es ernster. Dann kommt auf einmal ein Tourbus dazu, wenn es erfolgreicher wird. Alles steigert sich so, man wird professioneller und man lernt das Geschäft auch besser kennen. Und dann steigert man sich irgendwie zusammen mit den ganzen anderen Bands, Veranstaltern, Festivalsund wird etwas größer, aber verändern tut’s einen eigentlich nicht. Ich glaube, wir sind da relativ auf dem Boden geblieben.

Ihr habt schon einen straffen Zeitplan: Alle zwei Jahre ein neues Album.

Sebastian: Den brechen wir jetzt zum ersten Mal. Wir machen nicht in zwei Jahren, sondern in zweieinhalb Jahren das nächste Album. Da werden wir richtig rebellisch. Wir haben sonst eigentlich immer unseren Zwei-Jahres-Plan: Dann nehmen wir unser Album auf, wir spielen eine Tour, wir machen ein bisschen Urlaub. Dann kommen die Festivals, dann geht’s langsam an‘s Songwriting und dann nehmen wir eine neue Platte auf. Dieser Ablauf hat sich irgendwie eingebürgert.

Warum nehmt ihr euch jetzt länger Zeit für das nächste Album?

Sebastian: Naja, das ist Stress. Irgendwann ist man auch durch. Wahrscheinlich werden es auch eher drei Jahre bis zum nächsten Album. Man hat nicht mal Zeit zur Ruhe zu kommen. Man hat gerade die Tour gespielt und dann muss man schon wieder Songs schreiben. Dann hat man einen Abgabetermin, wann das Album fertig sein muss, damit das mit dem Presswerk noch funktioniert und das Album auch zum richtigen Zeitpunkt rauskommen kann. Wenn du dann irgendwann mal so ein kleines Tief hast, wo du dann nicht weißt, was du schreiben sollst oder dir einfach die Ideen ausgehen und du keine Ahnung mehr hast, was du tun sollst, dann ist das schon scheiße. Das stresst einen. Dann ist man auch irgendwann leer. Ein bisschen Luft braucht man, damit man sich wieder so ein bisschen sammeln kann. Einfach mal raus. Jetzt machen wir mal ein bisschen Pause und dann fangen wir wieder an. Das Songwriting der letzten beiden Alben war da schon sehr anstrengend und man steht schon unter Zeitdruck und Stress. Es ist immer noch gut geworden und fertig geworden und so, aber es war gegen Ende kein entspanntes Arbeiten mehr, sondern es war einfach Zeitdruck. Da fühlen wir uns alle nicht wohl mit. Aber andererseits können wir dann auch gar nicht anders, als unter Druck zu arbeiten.

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