Burvagshoff: Verantwortliche stellen Pilotprojekt für altersgerechtes Wohnen vor

Ein Quartier mit Signalwirkung

Partner auf Augenhöhe (v.l.): Rainer Bassen und Dierk Lange (beide Sparkasse Scheeßel) sowie Carina Gottschall und Norbert Behrens (PGN Rotenburg) stellen die Pläne vor.
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VON LARS WARNECKE

Fintel – Burvagshoff – dieser Flecken dürfte wohl allen Finteler Bürgern bekannt sein. Dort, auf der 1821 ins Leben gerufenen Hofanlage, hatte der verstorbene Alt-Bürgermeister Claus Riebesehl seinen Wohnsitz. Hier, mitten im Ortskern, ist fast 200 Jahre lang Landwirtschaft in Familienhand betrieben worden. Ein Flecken von historischer lokaler Bedeutung also. Und heute? Heute haben Bagger, Bauarbeiter und ein alles überragender Kran das Areal in Beschlag genommen – die ersten zwei Rohbauten in dem in der Entstehung befindlichen Quartier, das es auf eine Fläche von rund 7 700 Quadratmeter bringt, werden zur Zeit bereits hochgezogen. Ein Quartier, das für andere Ortschaften durchaus eine Signalwirkung haben kann, wie Norbert Behrens erzählt. Der Architekt arbeitet bei der Planungsgemeinschaft Nord (PGN) in Rotenburg, ist dort Teil der Geschäftsführung. Er weiß: Die Alterspyramide steht auch im Landkreis falsch herum – das bringt in den kommenden Jahren vor dem Hintergrund des demografischen Wandels noch viele Herausforderungen mit sich. „Pflegeeinrichtungen alleine funktionieren nicht mehr, weil das Personal fehlt – also muss man auch andere Konzepte in den Fokus rücken“, sagt Behrens. „Und dies gerade im dörflichen Raum, wo Menschen, die in ihrer Heimat fest verwurzelt sind, im Alter womöglich gar nicht woanders hinwollen.“

Genau solchen Menschen, ob sie heute schon von einer Pflegebedürftigkeit betroffen sind oder nicht, ob jung oder alt, ob vermögend oder weniger vermögend, soll in Fintel die Möglichkeit gegeben werden, sich in einem altersgerechten Wohnumfeld niederzulassen – eben im besagten Quartier, in den eigenen vier Wänden.

Hinter den Plänen, die in der Finteler Politik ausnahmslos auf Gegenliebe gestoßen sind, steckt aber nicht nur die PGN: Auch die Sparkasse Scheeßel beziehungsweise deren Tochtergesellschaft IDB, die Abkürzung steht für Immobilien Development und Beteiligungsgesellschaft, ist beim Projekt „Burvagshoff“ (der Name der ehemaligen Hofstelle bleibt absichtlich bestehen) mit an Bord – gemeinsam hat man das Areal käuflich erworben, die Sparkasse tritt als Vermarkter auf. „Wir haben eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, die zu gleichen Teilen involviert ist“, so Behrens. Lange, prognostiziert er, wird es nicht dauern, dass auch über Fintels Gemeindegrenze hinaus zentrumsnahe Wohnprojekte dieser Art in Angriff genommen würden – in Brockel etwa oder in Hemslingen. „Es soll eine Idee sein, die wir auf andere Ortschaften genauso gut übertragen können.“ Beteiligt in allen Fällen: die Burvagshoff-Gesellschaft. „Wir werden den Namen auch in Zukunft beibehalten“, kündigt der PGN-Architekt an.

Nun sind weitere Projekte aber noch Zukunftsmusik. Erst mal liegt das Augenmerk auf dem Quartier in Fintels Ortsmitte. In dem war Anfang Juli, nach Fertigstellung der Erschließungsarbeiten, für den Hochbau der Startschuss gefallen – mit einem rekordverdächtig schnell über die Bühne gebrachten Bauleitplanverfahren als Grundlage. „Das Ganze hat nur knapp ein Jahr gedauert, bis es durch war“, erinnert sich Behrens.

Fünf neue Häuser mit insgesamt 43 Wohneinheiten, ausnahmslos alle sind sie barrierefrei, sollen zwischen dem Burvagsweg und der Straße Op’m Block in den kommenden Monaten entstehen – die werden über die IDB an Interessierte verkauft oder vermietet. „Der überwiegende Teil geht in die Vermietung, für die zum Verkauf stehenden Wohnungen besteht bereits eine Interessentenliste – diese werden in den nächsten Tagen von uns angeschrieben“, berichtet Dierk Lange, der bei der Sparkasse Scheeßel mit dem Immobiliengeschäft betraut ist. Ein einzelner Bauherr, so Lange, errichte ein eigenes Gebäude – ansonsten sei das Ensemble gestalterisch in der Hand des Partners PGN.

Wer schon befürchtet hatte, das ortsbildprägende Bauernhaus mit seiner schmucken Fachwerkfassade könnte nun dem Erdboden gleichgemacht werden, kann übrigens aufatmen: Das reetgedeckte Gutsgebäude bleibt erhalten. „Ich glaube, Claus Riebesehl würde sich sehr darüber freuen, wenn er wüsste, dass sein Haus stehen bleibt und wir drumherum etwas Neues machen“, meint Norbert Behrens, der den langjährigen Finteler Bürgermeister zu dessen Lebzeiten schon einige Male getroffen habe. Das Gebäude selbst sei seiner Auskunft nach erst an der Reihe, wenn die übrigen Wohneinheiten fertiggestellt sind. „Es wird komplett entkernt und renoviert – im Obergeschoss entstehen ebenfalls Wohnungen, die gehen in den Verkauf; das Erdgeschoss ist derweil für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen.“

Ob in die Räumlichkeiten später eine Tagespflege einziehen wird, ein Café, ein Friseur, eine Fußpflege oder ein Arzt – wahlweise eine Physiopraxis – darüber müsse man noch konkret nachdenken, heißt es von den beiden Gesellschaftsvertretern. „Dabei ist es schon so, dass wir die Leute abholen und bei der Frage einer möglichen Nutzung, die dem altersgerechten Gedanken schon gerecht werden soll, mitnehmen möchten“, versichert Dierk Lange.

Als beinahe schon außer Konkurrenz anzusehen ist das Energiekonzept, welches im Quartier zur Umsetzung gelangen wird. „Wir haben den Fokus nicht nur auf altersgerechte Barrierefreiheit gelegt, sondern auch darauf, was den energetischen Aspekt betrifft“, berichtet der Sparkassenmitarbeiter. Was das bedeutet, erläutert Kollege Behrens: „Die Energieversorgung funktioniert unabhängig von fossilen Brennstoffen, sprich: Es wird nur mit Fotovoltaik und Wärmepumpe befeuert, nicht aber mit Erdgas, mit dem man ohnehin gar nicht in das Gebiet gekommen wäre.“

Bleibt die Frage, wann die Käufer beziehungsweise Mieter in ihre Wohnungen, die mit einer Gesamtfläche von rund 3 000 Quadratmetern aufwarten, werden einziehen können. „Bezugsfertig“, kündigt Lange an, „soll alles im dritten Quartal 2023 sein.“ Zuvor möchten die Verantwortlichen im Frühjahr die Öffentlichkeit noch zu einer Besichtigung durch das Quartier einladen. Wie teuer den Investor das Pilotprojekt am Ende zu stehen kommen wird, darüber kann dieser noch keine Auskunft geben. Zu unsicher, heißt es, seien momentan die Zeiten, was beispielsweise die Materialkosten betrifft.

Klar derweil dürfte sein: Für jene Menschen, die sich auf dem Burvagshoff niederlassen werden, wird es sich allemal auszahlen – im Alter ohnehin.

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