Botheler Politik diskutiert streitbereit über die Potenzialflächen

Mehrheit für Photovoltaik-Standorte

Im Windpark in Brockel behält Windstrom Priorität. Freiflächen Photovoltaik soll aber auch möglich sein. Foto: kreib
 ©Rotenburger Rundschau

Windpark oder Photovoltaik? Samtgemeinde Bothel diskutiert.

Am Ende stand im Botheler Samtgemeinderat die klare Mehrheit für die Änderung des Flächennutzungsplans (F-Plan), der die Gebiete für Freiflächenphotovoltaik festlegen soll. Mit den Stimmen von CDU und SPD wurde beschlossen, die Planung in die Beteiligungs- und Auslegephase zu geben. Das Thema Freiflächen-PV ist seit Monaten in der Samtgemeinde umstritten. Das wurde im Rat und zuvor im Klimaschutzausschuss deutlich. Gabriele Hornhardt (Grüne/BLM/FDP): „Das Ergebnis ist für Kirchwalsede nicht befriedigend.“ Dort sind zwei PV-Großprojekte in Planung, die in der Flächenfestlegung auf Samtgemeinde-Ebene gar nicht vorkommen. Von „Verhinderungs-Planung“ sprach daher die Kirchwalseder Gruppe in Rat und Ausschuss. Ein Vorwurf, den Samtgemeindebürgermeister Dirk Eberle energisch zurückwies.
Neu ist das gesamte Thema nicht. Die Änderung des F-Plans wurde bereits 2022 auf den Weg gebracht. Grundlage für die Flächenfestlegungen war ein Kriterienkatalog, der wie ein Suchraster auf jeden in Frage kommenden Acker, auf jede Wiese, angewendet wurde. Neben der Politik saß eine Arbeitsgemeinschaft mit im Boot. Was am Mittwochabend verhandelt wurde, ist das Ergebnis der frühzeitigen Beteiligungsphase mit den eingegangenen Stellungnahmen gewesen. Es waren 19 Stellungnahmen von öffentlichen Trägern wie dem Landkreis und zwölf von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen. Heiko Richter, externer Planer des Büros Cappel und Kranzhoff, stellte die Einwendungen und deren Auswirkungen vor. „Im Prinzip hat sich wenig geändert“, sagte er zu Beginn der Samtgemeinderatssitzung.
13 Flächen in der Samtgemeinde
Die Potenzialflächen, die laut dem fortzuschreibenden F-Plan für PV in der Fläche geeignet sind, sind von ursprünglich 230 auf jetzt 202 Hektar gesunken. Das liegt noch weit über dem, was die Samtgemeinde laut landespolitischen Zielen erreichen muss. Das wären nämlich nur 96 Hektar. „Als ländliche Kommune sehe ich uns in der Verpflichtung, mehr auszuweisen“, betonte der Verwaltungschef. Die Änderung der Größe sei unter anderem darauf zurückzuführen, das sich gesetzliche Rahmenbedingungen, etwa Abstände zum Wald, geändert haben, so der Planer. Insgesamt verteilen sich 13 PV-Freiflächen-Areale auf die ganze Samtgemeinde. Die Größe der möglichen Standorte reicht dabei von rund drei bis hin zu 30 Hektar. „Das ist alles tragfähig begründet“, sagte Richter. Überwiegend handele es sich dabei im Acker und Wiesen.
Richter ging vor allem auf die Einwendungen ein, die mehrfach abgegeben wurden oder die aber von besonderer Bedeutung waren. So lautete ein Kritikpunkt an der Planung, dass sie nicht tatsächliche Flächenzuschnitte genau erfasse. „Ein F-Plan ist nicht parzellenscharf“, so Richter. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Vorfestlegung im F-Plan sei eine vorgezogene Abwägung. Im Umkehrschluss: Dadurch, dass es Potenzialflächen gibt, werden viele andere Standorte ausgeschlossen – etwa die in Kirchwalsede. Ein Argument, das von Gabriele Hornhardt in der anschließenden Diskussion erneut geäußert wurde. Planer Richter sagte dagegen: „Wir befinden uns jetzt in der Abwägung.“ Es habe keinen Vorgriff auf irgendetwas gegeben.
Ein Thema hatte der Landkreis in die Diskussion eingebracht. Dort, wo es bereits Vorranggebiete für Windkraft gebe, müssen die Windparks Priorität haben. Das betrifft in der Samtgemeinde Bothel vor allem eine 30-Hektar-Fläche in Brockel. Im Text des F-Plans wurde eine Kompromissformel gefunden: Die Windkraft habe Vorrang, doch Freiflächen-PV werde dort nicht ausgeschlossen. Zudem wurde kritisiert, dass die Flächen, die theoretisch für PV auf dem Acker reserviert werden sollen, nicht zwangsläufig auch zur Verfügung stehen.
PV und Windparks gehen zusammen
Das ist etwa bei den beiden PV-Vorhaben in Kirchwalsede, die nicht im F-Plan auftauchen, anders. Dort sind die Eigentümer diejenigen, die auf ihren Äckern Strom produzieren wollen. Laut Planer Richter seien solche Fragen aber nicht Gegenstand der Fortschreibung des F-Plans. „Hierbei geht es um städtebauliche Dinge und nicht um wirtschaftliche Interessen.“ In der Diskussion der F-Planänderung im Samtgemeinderat spielte auch diese Frage eine Rolle. „Die Landwirte müssen die Autonomie haben, selbst zu entscheiden“, sagte Hornhardt. Einer der Kirchwalseder Landwirte, der ein Projekt realisieren will, warf Politik und Verwaltung vor, „den Willen der Bürger bewusst zu ignorieren“. In der Diskussion, sowohl im Rat als auch im Ausschuss, ging es zudem einmal mehr um die Frage, wer was plant. Der Verwaltungschef betonte, dass die Samtgemeinde für den F-Plan und die Gemeinden für die jeweiligen B-Pläne zuständig seien. Das betreffe auch die Freiflächen-Photovoltaik. Für jedes einzelne Vorhaben müsse die Gemeinde einen B-Plan aufstellen. Kirchwalsedes Bürgermeister Friedrich Lüning (Gruppe Grüne/BLM/FDP) kritisierte dennoch, dass die Einwendungen aus den Gemeinden zu wenig berücksichtigt wurden.
Hans Jürgen Dahlmann (Gruppe Grüne/BLM/FDP) lehnt die F-Planänderung ebenfalls ab und hält sich für grundverkehrt. „Für die teilweise kleinen Flächen wird sich kein Projektierer finden lassen“, sagte er. Zudem bringe es nichts, wenn es einen Plan gibt, die Eigentümer die Flächen für PV aber nicht zur Verfügung stellen wollen. „Das alles ist so in der Praxis nicht umsetzbar“, lautete seine Grundsatzkritik. In diesem Zusammenhang erwiderte Dirk Eberle, dass die F-Planänderung den Ist-Zustand spiegele und nicht für 20 Jahre gemacht werde. Wenn es mehr Flächenbedarf gebe oder zu wenige Äcker und Wiesen tatsächlich zur Verfügung stehen, „dann werden wir das hinterfragen und reagieren“.
Geschäftsordnung stoppt lange Debatte
Etwas deftiger wurde die Debatte, als es um Geschäftsordnungsfragen ging. Ursula Hoppe (CDU) hatte gleich zu Beginn der Aussprache beantragt, dass die Verwaltungsvorlage zur Abstimmung kommen solle. „Die CDU trägt das so mit.“ Das wiederum hat zur Folge, dass die Zahl der noch möglichen Wortmeldungen begrenzt wird. Lüning monierte etwa, dass es noch vier Fragen stellen wollte und Hornhardt schimpfte „das nennt sich hier Demokratie“. Diese Kritik nannte Michael Meyer-Diercks (CDU) „eine Unverschämtheit“.
Am Ende stand im Klima- und Planungsausschuss und im Samtgemeinderat aber die breite Mehrheit für die Änderung des F-Plans für die Vorranggebiete für Freiflächen-PV. Es wird aber nicht die letzte Debatte zum Thema sein. Die Planungsunterlagen gehen jetzt in die Auslegung, Einwände und Stellungnahmen können wie bei der frühzeitigen Beteiligung abgegeben werden. Darüber wird erneut im Ausschuss und im Rat diskutiert werden. Und das in Kirchwalsede die Pläne für zwei große Vorhaben stillschweigend in der Schublade verschwinden, ist nicht zu erwarten.

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