Botheler Arbeitsgruppe behandelt komplexes Thema - VON JENS WIETERS

Fotovoltaik: Wohin damit?

Fotovoltaik-Freiflächenanlagen sollen zur Energiewende beitragen. Aber wo stellt man sie auf, um Gerechtigkeit und Naturschutz zu wahren?
 ©Wieters

Bothel – Unabhängig sein vom russischen Gas und Energie am besten selber und ökologisch sauber produzieren, das ist aktuell die Maxime. Für jeden Privathaushalt, für viele Kommunen. Letztere sehen sich aktuell einer Flut von Anträgen für den Bau von Fotovoltaik-Freiflächenanlagen gegenüber. Auch auf dem Schreibtisch von Bothels Samtgemeindebürgermeister Dirk Eberle stapeln sich die Anfragen von Investoren, die großflächig Strom durch Sonnenlicht erzeugen wollen.

Zwei Mitgliedsgemeinden, Kirchwalsede und Hemslingen, haben dabei die Gespräche und Planungen mit Fotovoltaikunternehmen bereits sehr weit vorangetrieben. „Doch so einfach geht es nicht. Ganz abgesehen davon, dass die Samtgemeinde für die Änderungen von Flächennutzungsplänen zuständig ist, müssen schon Kriterien erarbeitet werden, wo und in welchem Umfang diese Anlagen gebaut werden sollen. Völlig unabhängig von den Eigentumsverhältnissen“, so Eberle. Darum hat die Samtgemeinde jetzt eine Arbeitsgruppe Fotovoltaik ins Leben gerufen, die nach den Ferien ihre Arbeit aufnimmt und zunächst einmal Vorranggebiete für solche Anlagen auf der gesamten Fläche der Samtgemeinde vorschlagen soll. „Wir haben das Glück, dass die Bürgermeister aller Mitgliedsgemeinden im Rat sitzen und somit auch im 13-köpfigen Arbeitskreis vertreten sind“, betont der Bürgermeister.

Prioritär müssten zunächst einmal die Forderungen des Landes berücksichtigt werden. Und das bedeute 0,5 Prozent der Gesamtfläche für solche Anlagen zur Verfügung zu stellen. Das seien für die Samtgemeinde 75 Hektar. „Das Land fordert auch sogenannte Agri-Anlagen. Das heißt: Unten soll eine Fläche landwirtschaftlich genutzt werden und oben drüber sollen Fotovoltaikanlagen Strom produzieren. Das klappt nie und nimmer“, so Eberle. Denn die Erntemaschinen seien teilweise bis zu sechs Meter hoch, die Ladewagen würden parallel fahren, Stützen würden beschädigt und Glasflächen verschmutzt. Zudem würde das Landschaftsbild deutlich beeinträchtigt und die Pflanzen darunter bekämen kaum Licht. „Wer solche Forderungen aufstellt, hat keine Ahnung von Landwirtschaft.“ Lediglich in Einzelfällen beim Obst- und Gemüseanbau könne das interessant sein. Ein weiteres Problem seien die enorm steigenden Pachtpreise für die nutzbaren Flächen: „Fotovoltaik-Betreiber können je nach Standort bis zu 72 000 Euro pro Hektar verdienen. Dafür zahlen sie dann bis zu 4 000 Euro Pacht pro Hektar. Für normales Grünland bekommt der Eigentümer nur einige hundert Euro.“ Da vom Land nur Forderungen und Anreize kämen, aber keine verbindlichen Rechtsgrundlagen und keine Raumordnung, sei es an den Kommunen, über die Bauleitplanung die Aufgabe zu erfüllen, Landwirtschaft, Naturschutz, Landschaftsschutz, Energie- und Klimawende unter einen Hut bekommen.

Unter anderem stellten sich der neuen Arbeitsgruppe, die nur Vorschläge erarbeite und keine verbindlichen Beschlüsse verabschiede, darum die zentralen Fragen: Wohin und wie viele Anlagen? „Aus der Politik kamen kaum zu glaubende Forderungen nach 500 Hektar. Das entspricht 700 Fußballfeldern auf unserem Samtgemeindegebiet.“

Eberle: Wenn der Flächennutzungsplan geändert werde, müssten die Kriterien für alle beantragten Flächen angewandt werden. „Wir können also nicht in Hemslingen Fotovoltaik in einem Umkreis von 100 Metern um den Ort verbieten, aber in Westerwalsede ziehen wir die Grenze bei 1 000 Meter. Antragsteller könnten auf Gleichbehandlung klagen und jede lokale Ausnahmeregelung samtgemeindeweit zur Anwendung erzwingen.“

Also müssten die zu erarbeitenden Kriterien für alle gleich gelten. Und dabei gebe es einige Flächen, die komplett ausgeschlossen seien wie zum Beispiel entlang der Suedlink-Trasse, aber auch die Abstände zur Wohnbebauung, zu Einspeisepunkten und zu Schutzgebieten sowie die Qualität der landwirtschaftlichen Nutzflächen, die Vorbelastung der Areale durch zum Beispiel Bahn oder Stromleitungen müssten ebenfalls berücksichtigt werden. „Nicht zuletzt müssen wir auch die Frage klären, was ist, wenn eine Gemeinde aufgrund vieler Baumöglichkeiten überproportional mehr Geld einnimmt als eine Gemeinde, die die Möglichkeiten nicht hat. Müssen wir die Samtgemeindeumlage dann neu ordnen?“, beschreibt der Bürgermeister die Komplexität.

Jetzt werde zunächst ein erfahrener Fachplaner beauftragt, der die Arbeitsgruppe begleite. Die wiederum informiere sich in der Energiewirtschaft, bei Landwirtschaft- und Naturschutzverbänden. „Am Ende macht sie Vorschläge für die angestrebte Gesamtfläche, begleitet den Entwurf des Kriterienkatalogs, entwickelt Vorschläge für städtebauliche Verträge für die Mitgliedsgemeinden und für Beteiligung der Kommunen an den Betreibergesellschaften.“ Ziel sei es, zu gemeinsamen Vorschlägen für die Ausschüsse und den Rat zu kommen, so Dirk Eberle.

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