Doping, Alkohol, Drogen: Jan Ullrich erlebte einen tiefen Absturz. Der Tour-de-France-Sieger gibt Einblicke über seine Eskapaden und Skandale.
Frankfurt – Er war einer von Deutschlands großen Sport-Helden: Jan Ullrich stand einst in einer Reihe mit Ikonen wie Michael Schumacher oder Boris Becker. 1997 gewann der ehemalige Radsport-Star die Tour de France, 2000 wurde er Olympiasieger in Sidney. Dann folgte der Absturz. Doping-Skandal und Eskapaden im Privatleben zerstörten Ruf und Karriere. Jetzt gewährt Ullrich beklemmende Einblicke in seine mittlerweile überstandene Lebenskrise mit Alkoholsucht und Drogenkonsum und spricht erstmals über Doping im Team Telekom.
Jan Ullrich | |
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Geboren: | 2. Dezember 1973 (Alter 49 Jahre), Rostock |
Tour de France-Sieg: | Tour de France 1997 |
Medaille: | Olympische Sommerspiele 2000/Radsport – Straßenrennen |
Ulrichs Absturz beginnt auf Mallorca – „so tief, tiefer ging es nicht“
„Ich war nicht weit weg vom Tod“, sagte Ullrich im Interview mit dem Stern in Bezug auf seine Alkoholsucht sowie der Eskapaden auf Mallorca. Ullrich war 2018 schwer abgestürzt und hatte unter anderem mit seinem Drogenkonsum für Negativschlagzeilen gesorgt.
Drei Jahre zuvor war er mit seiner Ehefrau Sara und den drei Kindern nach Mallorca gezogen. Es sei „zuallererst eine Flucht vor dem trüben deutschen Winterwetter“ gewesen, erzählte Ullrich: „Am Ende folgte der Absturz – so tief, tiefer ging es nicht.“
Alkoholsucht und Doping: Jan Ullrich gibt beklemmende Einblicke
Als Ehefrau Sara aber damit drohte, dass er seine Kinder nicht mehr sehen dürfe, lenkte Ullrich ein. Das sei „der einzige Grund“ gewesen, „mich in ärztliche Behandlung zu begeben“, sagte er: „Ich wusste: Ich musste etwas tun, wenn ich sie überhaupt nur wiedersehen wollte.“
Ullrich machte die Einsamkeit zu schaffen, als ihn seine Familie verlassen hatte. Der heute 49-Jährige begann zu trinken. „Aus Wein wurde Whiskey. Erst eine Flasche am Tag, später bis zu zwei. Es war ein einziges Betäuben“, sagte der gebürtige Rostocker. Seine Finca entwickelte sich fortan zum „Party-Place“, „irgendwann brachte einer Kokain mit“ und das „macht dich innerhalb kürzester Zeit vom Menschen zum Monster“, gab Ullrich zu. Auch zum Thema Doping äußerte sich der Tour-de-France-Sieger.
Jan Ulrich spricht erstmals offen über Doping-Vergangenheit im Team Telekom
Explizit gesteht Ullrich, über dessen Leben in der kommenden Woche eine Dokumentation bei Amazon Prime erscheint, eigenes Doping nicht. „Ohne nachzuhelfen, so war damals die weitverbreitete Wahrnehmung, wäre das so, als würdest du nur mit einem Messer bewaffnet zu einer Schießerei gehen“, sagte der gebürtige Rostocker.
Ullrich wurde 2006 von seinem Team wegen Verbindungen zum spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes suspendiert und 2012 vom Internationalen Sportgerichtshof Cas für zwei Jahre gesperrt. Dass er weder 2006 noch ein Jahr später, als eine Reihe anderer Telekom-Fahrer Doping einräumte, über Doping redete, hatte vor allem juristische Gründe. 2006 habe er „kein Verräter sein“ wollen, 2007 lief gegen Ullrich ein Strafverfahren. „Meine Anwälte haben mir empfohlen zu schweigen. Ein Rat, den ich befolgt habe, an dessen Folgen ich aber lange gelitten habe.“ Diese Entscheidung bereut er nun.
Jan Ulreich bereut Schweigen im Doping-Skandal
„Aus heutiger Sicht hätte ich reden sollen. Es wäre für einen kurzen Moment sehr hart geworden, aber danach wäre das Leben leichter gewesen“, sagte Ullrich und erklärte: „Es war bisher ein Leben in Extremen. Ich war im Himmel, und ich war in der Hölle. Jetzt bin ich zurück auf der Erde, auf dem Weg in die Mitte.“ Jetzt sei er wieder „hungrig aufs Leben“. Hilfe in der schweren Zeit bekam Ullrich von seinem früheren Rivalen Lance Armstrong, mit dem er heute befreundet ist. (ck/sid/dpa)