Parlamentarischer Staatssekretär Florian Pronold besuchte Rotenburg

Kritische Töne zum Fracking-Gesetz

Der parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold (links) zusammen mit Lars Klingbeil im Rotenburger Ratssaal Foto: Voigt
 ©Rotenburger Rundschau

(sv). Die Sorge, dass es zu wenig Fragen gebe, müsse man sich beim Thema der Erdgasförderung nicht machen, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil. Er hatte den parlamentarischen Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Florian Pronold, ins Rotenburger Rathaus eingeladen.

Der Gast hatte zunächst Lob für die Region übrig und sagte, viele Bundestagsabgeordnete würden Klingbeil sicher für seinen schönen Wahlkreis beneiden: „Die Schönheit wird aber durch die aktuellen Debatten getrübt – auch wegen den Vorfällen rund ums Fracking.“ Die Bundesregierung wolle nun aber in Europa und sogar in der ganzen Welt die härtesten Regeln für Fracking aufstellen. Was dies bedeutet, erklärte Pronold im Rotenburger Ratssaal ausführlich. So soll Fracking in unkonventionellen Lagerstätten in weniger als 3.000 Metern Tiefe auf unbefristete Zeit verboten werden – mit der Einschränkung dass Probebohrungen „unter strengen wissenschaftlichen Gesichtspunkten“ für Forschungszwecke erlaubt sein sollen. Der Bundestag solle dann bis 2021 einen Bericht bekommen und könne dann das Verbot beibehalten oder aufheben. Fracking insgesamt – auch konventionelles – soll in diversen Schutzgebieten wie Natura-2.000-Flächen, Heilquellen, Naturschutz- und Wasserschutzgebieten verboten werden. „Ein Verbot in Trinkwassergewinnungsgebieten ist Ländersache. Die Bundesländer können auch weitere Bereiche über die Raumordnungsprogramme vom Fracking ausnehmen“, so Pronold. Zudem sei eine Beweislastumkehr bei Schäden beispielsweise an Häusern geplant, eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle zwingend festgeschrieben werden und bei der Verpressung von Lagerstättenwasser werde der neueste Stand der Technik vorgeschrieben. „Wir wissen, dass eine Verpressung in Gegenden stattfindet, die nicht sicher genug sind. Auch die Reinigungsmöglichkeiten des Lagerstättenwassers werden nicht überall in Anspruch genommen“, so Pronold, der hinzufügte, dass auch die Frackfluide künftig lediglich schwach wassergefährdend sein sollen dürfen. Während der Staatssekretär sagte, dass diese Eckpunkte auf viel Zustimmung stoßen, gab Klingbeil zu bedenken, dass auch dafür das Strucksche Gesetz gelte, dass nichts so aus dem Bundestag herauskomme, wie es hineingelangt ist. Soll heißen: Änderungen werden nach den Debatten im Parlament noch vorgenommen werden. Daraufhin konnten die Anwesenden – meist Vertreter von Gemeinden, Parteien und Bürgerinitiativen – Fragen stellen und Anmerkungen machen. Manfred Radtke, Grünen-Politiker und örtlicher BUND-Vorsitzender, zeigte sich skeptisch: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Länder künftig Bundesgesetze erweitern können. Und die 3.000-Meter-Grenze zwischen konventionellen und unkonventionellen Lagerstätten ist vollkommen willkürlich gewählt. Ich finde das alles zu schwammig und unbefriedigend.“ Auch der künftige Rotenburger Bürgermeister Andreas Weber (SPD) hatte Kritik: „Ich freue mich, dass sich die Große Koalition der Sache annimmt, bitte aber um Verständnis, dass uns das nicht reicht. Mich ärgert, dass das Land Niedersachsen weiterhin Fracking will.“ Weber forderte, dass die Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht von den Energieunternehmen selbst durchgeführt werden, dass jede einzelne Bohrstelle beim Abfackeln kontrolliert wird und dass die Landkreise mehr in die Verantwortung genommen werden müssen: „Die Landkreise dürfen in Sachen Gefahrenabwehr nicht mehr nur aufs Landesbergamt verweisen.“ Bürgerinitiativen-Mitglied Wilfried Wildeboer forderte erneut, wie schon im Kreis-Umweltausschuss, dass nicht nur das Bohren und Fracken in den Vorranggebieten für die Wassergewinnung verboten wird, sondern auch, dass zusätzlich ein Abstand von 1.000 Metern zu diesen Gebieten eingehalten werden soll. Und Hassendorfs Bürgermeister Klaus Dreyer machte darauf aufmerksam, dass vor Ort Lagerstättenwasser in lediglich 700 bis 900 Metern Tiefe verpresst werde. Bothels Samtgemeindebürgermeister Rüdiger Woltmann erklärte mit Blick auf die nun bekanntgewordene erhöhte Krebsrate bei Männern in Bothel, er habe sich seine letzten Wochen im Amt ruhiger gewünscht: „Seit 40 Jahren wird in Hemslingen Gas gefördert. Dass erst seit drei, vier Jahren darüber diskutiert wird, ist fahrlässig.“ Woltmann wiederholte seine Forderung, die er schon gegenüber der Rundschau kundgetan hatte, alle Gebiete, in denen Gas gefördert wird, müssten nun in Bezug auf auftretende Krebsfälle untersucht werden. Und noch etwas forderte er: „Das Landesbergamt muss personell so ausgestattet werden, dass es die Bohrstellen auch wirklich überprüfen kann.“

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