Landkreis ruft auf, weitere Bohrschlammgruben zu benennen

Zeitzeugen werden gesucht

In einem Bericht des NDR-Magazins Markt wurde gezeigt, dass im Erdboden vor allem bei Stemmen Kontaminationen vorliegen, weil sich dort Bohrschlammgruben befinden Foto: Archiv
 ©Rotenburger Rundschau

(sv). Der NDR-Bericht über die Bohrschlammgruben im Landkreis Rotenburg und die damit verbundene Kontamination des Erdbodens sorgte für viel Wirbel. Nun nimmt die Kreisverwaltung ausführlich Stellung und bittet Bürger um Mithilfe bei der Aufarbeitung.

Bereits im vergangenen Jahr wurde mit der Erfassung der Bohrschlammgruben im Kreisgebiet begonnen. Das Problem: Bei einigen Anlagen dieser Art fehlen der Verwaltung grundlegende Daten und Unterlagen. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass es weitere Gruben gibt, die bislang unbekannt sind. Daher sucht die Verwaltung Zeitzeugen, die Licht in das Dunkel bringen können. Wie kann es denn sein, dass derartige Unterlagen und Daten einfach fehlen? Dazu äußert sich die Sprecherin der Kreisverwaltung, Christine Huchzermeier, auf Rundschau-Nachfrage: „Das Landesbergamt sagt, es habe uns im erforderlichen Maße beteiligt – was auch immer das heißt. Das war damals auch eine Ermessenssache der Mitarbeiter.“ Zudem sei ein Punkt, dass die Vorgänge bereits 30 bis 40 Jahre zurückliegen. „Die Akten müssen nur 30 Jahre aufbewahrt werden, dennoch haben wir nichts weggeschmissen“, so Huchzermeier. Allerdings gestalte sich die Suche nach so langer Zeit schwierig, so Huchzermeier. Daher der Aufruf, dass sich Zeitzeugen melden sollen. Wer seine Mithilfe anbieten oder Hinweise geben kann, der wendet sich an wasserwirtschaft@lk-row.de oder ruft an unter Telefon 04261/9832750 oder Telefon 04261/9832751. Zudem nimmt die Verwaltung nun ausführlich zu dem Bericht des NDR-Magazins Markt Stellung, in dem es um eine hohe Belastung des Bodens durch die ehemaligen Bohrschlammgruben mit Mineralkohlenwasserstoffen ging („Giftige Hinterlassenschaften“, www.rotenburger-rundschau.de). So sei auch der Standort Kallmoor Z1 nicht bekannt gewesen, bis der NDR über eine dortige Kontamination des Bodens berichtet hatte. Kallmoor sei aber, berichtet der Landkreis nun, im September besichtigt worden, nachdem Bürger auf austretendes Öl hingewiesen hatten. „Austretendes Öl konnte hingegen nicht gefunden werden. Auch der NDR hat kein austretendes Öl gefunden, sondern an verschiedenen Stellen gegraben, von denen letztendlich eine öligen Schlamm aufwies. Bei der Ortsbesichtigung durch den Landkreis wurden hingegen die angrenzenden trockenen Gräben kontrolliert, da sich ausgehend von den mitgeteilten Informationen dort das Öl hätte bemerkbar machen müssen. In den Gräben wurde jedoch kein Ölaustritt festgestellt und auch sonst kein visuell oder organoleptisch auffälliges Bodenmaterial gefunden. Trotzdem wurde für alle Fälle eine Rückstellprobe entnommen“, teilt die Verwaltung nun mit. Um weitere Informationen zu erhalten, hat der Landkreis in einem weiteren Schritt zunächst Zeitzeugen befragt. Nach deren Angaben liege der Bohrschlamm in zwei schwimmbeckenähnlichen Wannen von je circa zwei Meter Tiefe, wovon mindestens eine aus Beton sei. Dies würde erklären, warum außerhalb der Becken kein ölhaltiges Material gefunden wurde. Da die Dichtheit der Becken jedoch nicht bekannt ist, werde der Landkreis weitere Untersuchungen durch einen Fachgutachter veranlassen. Zur im NDR ebenfalls genannten Bohrschlammdeponie Boitzen heißt es von der Kreisverwaltung, dort seien entsprechende Messstationen aufgrund stetig fallender Schadstoffwerte 2004 abgebaut worden. „Eine Bitte auf Überlassung der vollständigen Untersuchungsergebnisse hat der NDR abgelehnt“, moniert die Kreisverwaltung. _________________________________ Hintergrund zu Bohrschlammgruben Im Landkreis Rotenburg wurden seit vielen Jahrzehnten mehr als 1.000 Bohrungen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdöl oder Erdgas durchgeführt. Dabei fiel Bohrschlamm an, der je nach Zusammensetzung des Untergrundes sowie zugesetzter Stoffe sehr unterschiedlich beschaffen sein kann. In den ersten Jahrzehnten wurde der Schlamm in der Regel in Gruben nahe der jeweiligen Bohrung eingebracht, später in größere zentrale Bohrschlammdeponien, von denen es eine einzige im Landkreis bei Boitzen gibt. Heute wird Bohrschlamm von spezialisierten Fachunternehmen entsorgt. Die Verantwortung für Bohrplätze, Bohrschlammgruben und Bohrschlammdeponien geht erst dann vom Landesbergamt (LBEG) auf die jeweiligen Landkreise über, wenn von den bergbaulichen Anlagen keine Gefahr für die Gesundheit Dritter mehr ausgeht. „Dies ist sicherlich vor einem halben Jahrhundert noch nach anderen Maßstäben als den heutigen beurteilt worden“, heißt es von der Kreisverwaltung, die angibt, eine „unbekannte Anzahl“ Bohrschlammgruben überantwortet bekommen zu haben. „Da nur als ungefährlich eingestufte Anlagen aus der Bergaufsicht zu entlassen sind, sah auch der Landkreis in der Vergangenheit keine Veranlassung, diese Gruben weiter zu überwachen, sofern sie ihm im Einzelfall überhaupt bekannt waren“, teilt die Kreisverwaltung mit. Bereits im vergangenen Jahr habe der Landkreis jedoch damit begonnen, sich des Themas Bohrschlammgruben anzunehmen und zunächst beim LBEG Informationen über Anzahl, Lage und weitere Betriebsdaten angefordert. Das LBEG konnte dem Landkreis daraufhin aufgrund alter Akten zunächst sieben und später zwei weitere Bohrschlammgruben mitteilen. Darüber hinaus wurden dem Landkreis zwei weitere Gruben von Zeitzeugen gemeldet, sodass elf Bohrschlammgruben neben der Deponie Boitzen im Kreisgebiet bekannt sind. Zu einigen Gruben fehlen allerdings nach wie vor grundlegende Daten und Unterlagen. Außerdem könnte es nicht erfasste Gruben geben, so die Verwaltung.

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