Selbstverteidigung für Kinder in Ottersberg - Von Andrea Zachrau

"Ich wehre mich!“

Im Ottersberger Kindergarten lernten Fünf- bis Zwölfjährige, wie sie sich gegen Angriffe wehren können und wie sie reagieren sollen, wenn sie von Fremden angesprochen werden Foto: Zachrau
 ©Rotenburger Rundschau

Für viele Eltern ist es die Horrorvorstellung schlechthin: Ihr Kind wird von einem Fremden angesprochen, womöglich mit dem Ziel, dass es in sein Auto steigt. Wie sich die Sprösslinge in einem solchen Fall verhalten sollen und wie sie auf prügelfreudige Mitschülern reagieren können, lernten jetzt 40 Kinder im evangelischen Kindergarten Ottersberg.

Wie kann ich mich wehren, wenn mich jemand verprügeln will? Was mache ich, wenn ich von einem Fremden angesprochen werde? Wie verhalte ich mich, wenn mich ein Hund verfolgt? Mit Fragen wie diesen beschäftigte sich jüngst der Selbstbehauptungs- und -verteidigungskurs "Stopp! Ich wehre mich!“. Ideengeberin war Ute Witkowski, deren Kind ebenfalls teilnahm, gefördert wurde das Projekt von der Jugendhilfe des Landkreises Verden. "Viele Eltern wissen gar nicht, was ihre Kinder in der Schule teilweise durchmachen müssen“, erklärte Frank Henning vom Verein Sai-Fon der Kampfsystemschule Nienburg/Weser. "Nicht alle öffnen sich sofort, wenn andere zu ihnen gemein waren.“ Deswegen empfahl der Pädagoge auch: "Nehmen Sie sich jeden Tag 15 Minuten Zeit und reden Sie mit Ihrem Kind. Fragen Sie, was es heute besonders gut und besonders blöd fand und auf was es sich morgen freut oder eben auch nicht.“ Oft kämen erst dann Dinge zu Tage, die sonst womöglich nie erzählt worden wären. Damit die Eltern aber erst gar nicht einschreiten müssen und sich die Kinder im Zweifelsfall auch selbst wehren können, übte Henning mit ihnen verschiedene Abwehrtechniken. Gemeinsam trainierten sie Angriffsversuche wie das Würgen und wie man sich am schnellsten daraus befreit. Auch offene Fragen wie "Was mache ich, wenn mich jemand festhält?“, "Wie kann ich reagieren, wenn mich ein Kind kneift oder beißt?“ wurden geklärt. "Die Täter sollen sich nicht prügeln, aber auch nicht verprügeln lassen“, sagte der Trainer. "Deswegen haben wir Selbstverteidigungstechniken geübt, bei denen sich niemand verletzt.“ Ganz wichtig ist dabei nicht nur der richtige Handgriff – wird das Kind beispielsweise am Handgelenk festgehalten, kann es sich schnell mit einer Drehung des Armes im Kreis befreien – sondern auch, dass sie dem Gegenüber mutig gegenübertreten. "Das gilt ebenso für Erwachsene“, erklärte Henning. So übte er mit einem Jungen das vehemente Wegschubsen und forderte ihn immer wieder dazu auf, dabei noch lauter "Hör’ auf!“ zu rufen. Weiteres großes Thema: Wie verhalte ich mich, wenn ich von fremden Erwachsenen angesprochen werde? "Die Kinder haben gelernt, dass sie zu jedem Fremden laut ‚Lassen Sie mich in Ruhe!’ sagen“, berichtete der Pädagoge. "Wenn sie aus einem Auto angesprochen werden, sollen sie in die entgegengesetzten Richtung weglaufen.“ Auch für Eltern, die am letzten der sieben Termine zu dem Kurs dazugebeten wurden, hatte er einige Tipps parat: "Bestehen Sie darauf, dass Ihre Kinder immer pünktlich sind. Trödeln wird häufig anerzogen.“ Sei das Kind fünf Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt nicht zu Hause, sollten sich die Eltern auf die Suche machen. "Eine halbe Stunde später kann es schon zu spät sein.“ Der Trainer riet außerdem davon ab, alle Anziehsachen und Taschen der Kinder mit Namen und Anschrift zu versehen. "Ein möglicher Täter hat sofort alle Infos, weiß, wo das Kind zur Schule geht und mit welchem Namen er es ansprechen kann.“ Auch Namensschilder an Autos seien tabu: "Ganz ehrlich, wen interessiert es, dass Kevin on Tour ist?“ Er nannte auch ein Beispiel: "Der Täter geht ans Auto und kann das Kind direkt mit seinem Namen ansprechen und sagt zu ihm: ‚Du musst mit mir mitkommen, deine Mutter ist im Geschäft umgekippt.’“ Auch an einer weiteren Gefahrenquelle, nämlich dem Zusammentreffen mit fremden Hunden, wurde gearbeitet. Die Kinder lernten, dass sie vor dem Tier nicht weglaufen sollten, denn alles, was sich schnell bewegt, kann nicht nur eine Spielaufforderung sein, sondern auch als Beute betrachtet werden. "Am besten ist, Ihr bleibt stehen und verschränkt die Arme auf dem Rücken. Viele reißen nämlich die Hände hoch, weil sie Angst haben, der Hund könnte hineinbeißen, doch ein Hund der schon einmal geschlagen wurde, könnte das mit einem negativen Erlebnis in Verbindung bringen“, erklärte Henning. Er gab den Eltern einen Merkzettel mit, auf dem die Punkte notiert waren. "Wenn Sie die immer mal wieder mit den Kindern durchgehen, geraten sie nicht in Vergessenheit“, riet der Trainer.

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